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Bernsteinaugen und Zinnsoldaten

Bernsteinaugen und Zinnsoldaten

Titel: Bernsteinaugen und Zinnsoldaten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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ausgeschlafen?“
    „Nein …“ Sie schüttelte ihr Unbehagen ab. „Ein paar von uns sind ausgegangen und haben ordentlich auf den Putz gehauen. Im Hafen bleiben wir ständig wach, damit uns keine Minute entgeht. Wir brauchen keinen Schlaf. Eigentlich sind die Aufputschmittel für Notfälle gedacht, aber jeder nimmt sie.“
    Fast hätte er laut gelacht. Er hoffte, daß sie es nicht bemerkt hatte. Dann fuhr er ernst fort: „Du solltest damit vorsichtig umgehen. Sie können dich schaffen.“
    „Oh, ist schon recht.“ Sie drehte ihr Glas zornig und plötzlich wieder verlegen wegen seiner Väterlichkeit.
    Verdammt, das kann doch nichts ausmachen … Er sah zur Tür.
    „Brandy! Hier steckst du also.“ Und damit platzte die ganze Besatzung herein. „Soldat, du mußt dich später zu uns setzen, aber vorerst werden wir Brandy entführen müssen.“
    Er betrachtete gemeinsam mit Brandy das braune Gesicht und die braunen Augen, das salzweiße Haar von Harkane, der besten Freundin der Mactav auf der Wer hat sie- 709. Die Zeit hatte ein tiefes Muster des Verständnisses um ihre Augen gewoben. Sie war eine seiner ältesten Kundinnen. Doch nun klangen ihre Worte sogar ihm fremd: „Ah, Soldat, wenn ich dich sehe, fühle ich mich immer jünger. Komm her, kleine Schwester, zu deiner Familie. Und du auch, Soldat.“
    Brandy trank Brandy, ihre Stiefel polterten, als sie vom Hocker aufstand. „Danke für den Drink – Soldat“, sagte sie, und eine halbe Sekunde schien das Lächeln echt. „Wir sehen uns später.“ Und damit verließ sie ihn ohne Anmut, aber dankbar.
    Soldat polierte die Achatbar und ignorierte das mißbilligende Gesicht, das sie ihm zeigte. Und später sah er, wie sie mit einem adretten, schwarzäugigen Schwanz in Kniebundhosen aus Seide verschwand.
     
    Von jenseits der Bucht fiel ein gelb-grünes Zwielicht in die Bucht, die frühen Gäste trafen sich mit Einbruch der Nacht. „H’lo, Maris …?“ Zu Blei ergrautes Silber betrachtete ihn aus einem hohlwangig gewordenen Gesicht heraus, dünne Hände zitterten, klammerten sich fest, zitterten wieder.
    „Brandy …“
    „Was hast du für einen verdorbenen Magen?“ Sie erwartete Gelächter.
    „Hast das Zittern, was?“ Er lachte nicht.
    Sie nickte. „Du hattest recht mit den Pillen, Maris. Sie machen mich krank. Ich wurde müde, habe sie aber trotzdem genommen …“ Ihre Hände sanken auf die Theke.
    „Und das war ganz schön dumm, was?“ Er schenkte ihr ein Glas Wasser ein und sah zu, wie sie zu trinken versuchte. Er drückte einen Knopf unter der Theke. „Hör zu, ich hab’ dir gerade ein Taxi gerufen. Wenn es losgeht, wirst du zu mir gehen und dich ins Bett legen.“
    „Aber …“
    „Ich werde erst in ein paar Stunden heimkommen. Schlaf dich aus, dann kommt alles wieder in Ordnung, ja? Hier ist mein Türschlüssel.“ Er schrieb eine Ziffernfolge auf eine Serviette. „Aber nicht verlieren.“
    Sie nickte, trank und schob die Serviette in ihren Ärmel. Dann trank sie noch etwas, spie es aber wieder aus. „Mein Mund ist ganz taub.“ Ein schrilles Lachen entfuhr ihr, sie hob eine zitternde Hand zum Mund. „Ich … ich werde sie nicht verlieren.“
    Dunkles Gold lauerte hinter der Tür, Sonnenlicht auf Metall. „Dein Taxi wartet.“
    „Danke, Maris.“ Ihr Lächeln war verzerrt, aber sehr hingebungsvoll. Sie wankte zur Tür.
     
    Als er heimkam, war sie immer noch da und schnarchte friedlich zwischen zerwühlten Kissen in seinem Schlafzimmer. Er verließ das Zimmer still wieder, aus Angst, sie zu berühren, und ließ sich in einen Ledersessel sinken. Dort schlummerte er, von einem selten und unbehaglichen Frieden erfüllt, während der sternenhelle Nebel der Plejaden über den nächtlichen Himmel dem Morgen entgegenwanderte.
    „Maris, warum hast du mich nicht geweckt? Du hättest doch nicht die ganze Nacht in einem Stuhl schlafen müssen.“ Brandy stand vor ihm und wrang ein Handtuch zwischen den Händen, ihre Augen waren noch schläfrig, und ihr nasses Haar hing nach dem Duschen in dichten Strähnen herab. Ihre Füße hinterließen winzige Pfützen auf dem Teppich.
    „Macht mir nichts aus. Und ich brauche nicht so viel Schlaf.“
    „Das habe ich doch zu dir gesagt.“
    „Aber mir ist es ernst. Ich brauche nicht mehr als drei Stunden Schlaf täglich. Und du brauchtest Ruhe.“
    „Ich weiß … verdammt …“ Sie gab auf und nibbelte sich mit dem Handtuch den Kopf. „Bist ein feiner Kerl, Maris.“
    „Du bist auch nicht so

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