Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bernsteinaugen und Zinnsoldaten

Bernsteinaugen und Zinnsoldaten

Titel: Bernsteinaugen und Zinnsoldaten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
Vom Netzwerk:
wieder dieselben Vorkehrungen treffen? Zum Schlafen?“
    „Bei dir? Wäre das möglich? Ich will dir nicht zur Last fallen.“
    „Zum Teufel, nein. Du bist jederzeit willkommen.“
    „Ich werde für dich kochen …“
    „Ich habe Eier gekauft.“
    „Abgemacht! Viel Spaß mit den Büchern.“ Sie schritt zwischen den Tischen hindurch, nickte hier einem Matrosen oder dort einer Raumfahrerin zu. Er sah ihr nach, bis ihr lachendes Gesicht verschwamm und er nur noch ein gelegentliches silbernes Aufblitzen sehen konnte. Er stopfte die Bücher wieder in den Sack zurück, den er hinter der Bar verstaute. Wenig später sah er, wie sie mit einem Schwanz die Bar verließ.
    Am Morgen des dreizehnten Tages erwachte er und fand Brandy friedlich schlafend auf einem Stapel flauschiger Kissen neben der Tür. Er spähte neugierig in die wassergraue Nebelbank hinaus. Es war das erste Mal, daß sie vor der Dämmerung heimgekommen war. Heim? Er hob sie behutsam von den Kissen empor, wobei sie seufzend die Arme um ihn schlang und im Schlaf seinen Nacken zu küssen begann. Er ließ sie sachte auf das Bett sinken und beugte sich hinunter, um … Nein. Er wandte sich ab und verließ das Zimmer. Er hatte nur einmal mit ihr geschlafen, vor fünfundzwanzig, beziehungsweise drei Jahren, und sie hatte ihm ohne Worte zu verstehen gegeben, daß sie einander nie mehr lieben würden. Sie hielt sich an die Bräuche; eine Raumfahrerin hatte niemals zweimal denselben Mann.
    Er machte sich seine Tiefkühlkost in der Küche warm und aß allein.
     
    „Was ist das?“ Brandy tauchte, in eine Decke gewickelt, neben ihm auf. Sie ließ sich auf die Kissen sinken, wo er barfuß saß, Wein trank und das TD ignorierte.
    „Dreidimensionale Propaganda: der morgendliche Bericht von der Oro-Mine. Du bist früh auf – es ist noch nicht einmal Mittag.“
    „Ich bin nicht mehr müde.“ Sie trank von seinem Wein.
    „Bist auch recht früh gekommen. Stimmt was nicht?“
    „Nein, weißt du, es war einfach … nichts los. Keine Feste mehr. Jeder außer mir ist groggy.“ Sie legte den Kopf schief. „Was ist das eigentlich – ein Kreuzverhör? ‚Warst ja verdammt früh zu Hause?’“ Sie sah ihn an, dann brach sie in Gelächter aus.
    „Du spinnst.“ Er lächelte.
    „Was ist mit deiner Couch passiert?“ Sie schüttelte Kissen auf.
    „Auseinandergefallen. Ist schon fünfundzwanzig Jahre her, weißt du.“
    „Oh. Zu schade … Maris, darf ich dir meine Gedichte vorlesen?“ Sie brachte, plötzlich ganz ernst geworden, ein kleines, abgegriffenes Notizbuch zum Vorschein, das sie unter ihrer Decke verborgen gehalten hatte.
    „Klar.“ Er lehnte sich zurück und beobachtete die subtilen Veränderungen ihres Gesichts. Und dann spürte er sie auch in sich selbst: Stolz und einen zärtlichen Besitzerstolz.
     
    … Bis wir, verloren in der Dunkelheit zum seid’nen Lied der Sterne tanzen.
     
    Das war das letzte Gedicht. „Das ist „Genesis“. Es erzählt vom Beginn eines Fluges … und eines Lebens.“ Ihre Augen fanden wieder zurück in die Welt, sahen seine dunklen Augen, die sie stumm betrachteten.
    „,Sternengeschmückt wir ewig sitzen sollen, zu triumphieren über Tod und Zufall und auch über dich, o Zeit.’“ Er sah weg und zupfte an der Kordel eines Kissens. „Nein … das ist von Milton, nicht von Maris – ich hätte das niemals schreiben können.“ Er betrachtete sie verwundert. „Sie sind so wunderbar wie du. Mach ein Buch daraus. Begabungen soll man nicht verbergen, und du bist sehr begabt.“
    Freude rötete ihre Wangen. „Meinst du wirklich, jemand wird sie lesen wollen?“
    „Ja.“ Er nickte, während er nach Worten suchte, die er zu ihr sagen konnte. „Niemand hat mich je auf so eine Art und Weise … teilhaben lassen. Es ist fast so, als wäre … ich mit dir unterwegs gewesen. Wahrscheinlich würden auch andere gerne gehen, wenn sie könnten, heim zum Himmel …“
    Sie wandte sich mit ihm zum Fenster. Sie schwiegen. Nach einer gewissen Zeit rückte sie lächelnd näher. „Weißt du, was ich gerne tun würde?“
    „Was?“ Er atmete lautstark aus.
    „Deine Heimat kennenlernen.“ Sie legte ihr Notizbuch weg. „Machen wir einen Spaziergang in Neu Piräus. Ich habe es noch nie richtig bei Tage gesehen – den wahren Teil davon. Ich möchte gern all seine Schönheiten kennenlernen, ehe es wieder zu spät ist. Gehen wir?“
    Er zögerte. „Bist du ganz sicher, daß du das willst …?“
    „Klar. Nun mach schon, Faulpelz.“ Sie

Weitere Kostenlose Bücher