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Bernsteinaugen und Zinnsoldaten

Bernsteinaugen und Zinnsoldaten

Titel: Bernsteinaugen und Zinnsoldaten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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begegnet, ebensowenig wie wir – aber du starrst ihr mitten ins Gesicht.“ Brandy stand an seiner Seite. „Sie scheint Giri unten zuzuhören … Okay, okay! Eine Mactav-Einheit ist das Gehirn, das Nervensystem des Schiffes, sie versorgt alle lebenswichtigen Funktionen, berechnet und justiert. Wir müssen nur die Fragen stellen – und manchmal nicht mal das! Die Erinnerungen gehören einer echten Raumfahrerin, sie wurden in den Kreis eingespeichert … jemand, der starb oder in den Ruhestand versetzt wurde, aber trotzdem weitermachen wollte. Ein menschliches System ist weiser, flexibler und viel billiger als alle Maschinen, die jemals hergestellt wurden.“
    „Dann ist eure Mactav eine Art Cyborg.“
    Sie lächelte. „In gewissem Sinne …“
    „Und trotzdem verbieten die Vorschriften der Liga Cyborgs an Bord eines Schiffes …“
    Sie sah ihn verärgert an.
    Er zuckte die Schultern. „Tut mir leid. War dumm von mir … Was ist das Rote dort unten?“
    „Oh, das ist unser ‚Magen’ – die FSSWL-Einheit, wo …“ Sie lächelte. „Wo wir Sternenstaub in Energie verzaubern. Das ist das einzige, was niemals transparent ist, das Rote sind die Schilde.“
    „Wie funktioniert das?“
    „Das weiß ich nicht. Ich kann es bedienen, aber ich verstehe es nicht – ich bin nur eine Fünfeinhalb-Technikerin. Wäre ich eine Sechs, dann könnte ich es dir sagen.“ Sie betrachtete ihn mit schief gehaltenem Kopf. „Aha! Endlich habe ich dich beeindruckt!“
    Er lachte. „Bist gar nicht so dumm, wie du aussiehst.“ Er hatte die Prüfung zum Sechs-Techniker schon vor einem halben Jahrhundert aus Langeweile gemacht.
    „Das war doch hoffentlich nicht ernst gemeint!“
    „Aber nein.“ Er folgte ihr über den hellen, transparenten Fußboden und sah hindurch. „Als würde man auf Wasser wandeln … warum ist alles transparent?“
    Sie lächelte durch ihn hindurch zum Himmel. „Weil draußen alles so wunderschön ist.“
    Sie fuhren einige Stockwerke tiefer in eine andere Halle. Er hörte leise Musik.
    „Hier ist meine Kabine …“
    Plötzlich verwandelte sich die Musik in schmerzenden, ohrenbetäubenden Lärm, über den hinweg Schreie zu hören waren.
    „Großer Gott!“ Und damit war Brandy von seiner Seite verschwunden. Sie hastete den Korridor hinab und durch eine flackernde Wand.
    Er fand sie starr vor Entsetzen in der Kabine. Gegenüber erbrach die Wand blendende Farbwogen über einer kreischenden Ansammlung kristallener Orgelpfeifen. Nilgiri kauerte mit an den Bauch gepreßten Händen hysterisch schreiend am Boden des Zimmers. „Hör auf, Mactav! Hör auf! Hör auf!“
    Er berührte Brandys Schulter. Sie sah auf und nahm ihn am Arm. Gemeinsam zogen sie die wimmernde Nilgiri nach draußen.
    „Nilgiri! Nilgiri, was ist geschehen?“ schrie Brandy sie an.
    „Mactav, Mactav!“
    „ Warum?“
    „Sie brachte einen … Stromstoß durch, sie ist verrückt geworden … sie glaubt … Oh, hör doch endlich auf, Mactav!“ Nilgiri klammerte sich schluchzend an sie.
    Maris ging in den Raum zurück. Er hatte die Hände gegen die Ohren gepreßt. „Wie schaltet man es ab?“
    „Maris, warte!“
    „Wie, Brandy?“
    „Es steht unter Strom. Nicht berühren!“
    „ Wie?“
    „Links, drei Schalter … Maris, nicht … Mactav, hör auf damit. Hör endlich …“
    Er hörte ihren Schrei, als er die Hand senkte, er zögerte, doch der Lärm war ohrenbetäubend. Funken stoben, als er die Schalter der Orgel einen nach dem anderen umlegte.
    „… auf, auf, auf, auf!“ Ihre Stimme hallte durch stumme Korridore. Nilgiri glitt am Türrahmen hinunter und blieb schluchzend am Boden sitzen.
    „Maris, alles in Ordnung?“
    Er hörte sie gedämpft, wie durch Watte. Er entfernte sich benommen vor Erleichterung wieder von der Orgel, nickte und kam durchs Zimmer.
    „Mann“ hallte hallte hallte eine sanfte, hohle Stimme. „Was tust du hier?“
    Er wandte sich um. Am anderen Ende des Zimmers befand sich ebenfalls ein künstliches Auge, das bernsteinfarben glomm.
    „Branduin, du hast ihn ins Schiff gebracht. Wie konntest du das tun? Es ist verboten.“
    „O Gott.“ Nilgiri begann entsetzt aufzuheulen. Brandy kniete sich nieder und betrachtete Nilgiris verbrannte Hand. Er sah, daß sich ihr Gesicht vor Zorn verhärtete. „Mactav, wie konntest du nur!“
    „Brandy.“ Er schüttelte den Kopf und holte ängstlich Atem. „Mactav … ich bin kein Mann. Du irrst dich.“
    „Maris, nein …“
    Er runzelte die Stirn. „Ich bin

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