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Bernsteinaugen und Zinnsoldaten

Bernsteinaugen und Zinnsoldaten

Titel: Bernsteinaugen und Zinnsoldaten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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brauchen lediglich eine bessere Isolierung. Hier ist es auch nicht schlimmer als auf Teilen der alten Erde – der Antarktis beispielsweise. Da war es nicht wärmer als hier, und überall lag Schnee, aber das störte keinen. Das Großartigste am Menschen ist seine Anpassungsfähigkeit! Wenn diese Schlammkriecher es schaffen konnten, dann kann es ein Gürtelbewohner zweimal!“ Olefin fuchtelte eifrig mit den Händen, seine Augen glänzten wie Achate, die von einer inneren Vision erhellt wurden. „Tatsächlich fußt ein Teil meiner Werbekampagne darauf, diesen Planeten in Antarktis umzubenennen: ‚Zurück zur Natur, schüttelt eure künstliche Umwelt ab, lebt wieder so, wie es den Menschen vorbestimmt war …’“
    „Ich weiß nicht …“ Dartagnan schüttelte immer noch zweifelnd den Kopf. „Sind Sie sicher, daß es nicht kälter als auf der Erde ist? Außerdem ist die Atmosphäre nicht atembar.“
    „Aber nein! Das ist eine der bedeutendsten Punkte, auf den man die Öffentlichkeit aufmerksam machen muß. Eines der Projekte hier war der Analyse der Atmosphäre gewidmet – und sie bewies verläßlich, daß die Atmosphäre dieser Welt dichter als bei unserer Ankunft ist. Und so wie die zahlreichen Periodika des Orbits nun zusammenwirken, werden die Polkappen schmelzen und die Gase freigeben. Verglichen mit dem, was wir kennen, ist die Atmosphäre dünn und trocken, ich weiß, aber sie ist atembar. Ich weiß es, ich habe es selbst ausprobiert.“
    „Wie lange?“ Dartagnan verspürte plötzlich Panik bei dem Gedanken, eine fremde Atmosphäre zu atmen, und er hob die Hand an die Kehle. „Wie ist das möglich? Wie kann es hier genügend freien Sauerstoff geben?“
    „Weiß ich nicht. Es ist aber so. Ich war manchmal zwei bis drei Kilosekunden draußen.“
    Dartagnan senkte den Blick und polierte das Vinyl seiner abgetragenen Stiefel. „Ich nehme an, Sie mußten unterirdisch leben, um die Hitze zu konservieren. Aber das tun wir sowieso. Und die Sonnenenergie … es ist viel näher an der Sonne …“
    „Ha, da haben Sie’s!“ Olefin nickte begeistert. „Sie fangen schon an, die Möglichkeiten zu sehen. Das ist die Antwort. Wir mußten eine Antwort finden, und das ist sie. Damit können Sie Karriere machen! Mit dem Geld, das ich aus der Versteigerung meines Fundes erhalte, können wir eine Medienkampagne starten, die das gesamte Demarchy abdeckt. Was meinen Sie, Dartagnan?“
    Chaim hörte mit dem Polieren auf, hielt das Gesicht aber weiterhin abgewendet. „Ich brauche Gelegenheit, alles zu überdenken, was Sie mir gesagt haben, Demarchos Sekka-Olefin. Ich kann diese Welt hier immer noch nicht als den Garten Allahs ansehen … Aber Sie werden meine Antwort erfahren, bevor wir wieder starten, okay?“ Aber er spürte, die Frage, die er wirklich beantworten mußte, war die, ob er den Rest seines Lebens damit verbringen wollte – oder ob er wirklich eine Wahl hatte. Doch eine Art Freude stieg wie Verlangen in ihm auf, die Leere aufzufüllen, die Sekka-Olefins Zukunft mit dem Wissen geschaffen hatte, daß er vielleicht doch keinen Totalausverkauf tätigte, wenn er sich an Sekka-Olefin verkaufte.
    „Das genügt“, sagte Olefin sicher, als hätte er damit seine Antwort bereits erhalten. „Es sei denn, meine zahllosen blutsaugenden Verwandten werden vor Kummer sterben, wenn sie hören, was ich mit dem Erlös meiner Funde vorhabe. Es paßte ihnen gar nicht, daß ich den Rest des Familienvermögens in dieses Projekt investierte. Ich habe dem Schiff dort draußen nicht seinen Namen gegeben, sondern sie haben es nach mir benannt.“ Er lachte über seinen eigenen Witz.
    Dartagnan begann ein Grinsen, doch dann hörte er Schritte draußen, und sein Gesicht wurde wieder vollkommen ausdruckslos. Er zog sein schmerzendes Bein von der Koje und stellte es vorsichtig auf den Boden. Er stand auf und hatte plötzlich Angst davor, sich zu bewegen.
    Olefin beugte sich hinab und holte einen langen, T-förmigen Stock unter der Liege hervor. Chaim sah, daß die Enden in Lumpen gewickelt waren. „Hier“, sagte Olefin, „nehmen Sie meine Krücke. Ich bin diese gottverdammten Stufen im Dunkeln heruntergefallen, als ich zum ersten Mal hier war.“
    Dieses Mal beendete Dartagnan sein Grinsen, während Siamang mit dem Helm unter dem Arm eintrat. Dartagnans Blick glitt von Olefins zu Siamangs Gesicht. Er erkannte plötzlich, daß er seine Entscheidung bereits getroffen hatte. Er verbeugte sich.
    Auch Siamang verbeugte sich, sein

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