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Bernsteinaugen und Zinnsoldaten

Bernsteinaugen und Zinnsoldaten

Titel: Bernsteinaugen und Zinnsoldaten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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gut hier, keine wirklichen Dinge!“
    … Dinge … Dinge … Dinge …
    Tarawassie schützte ihre Ohren vor dem Widerhall des Echos. „Was meinst du? Hierher kam Andar, um zu lernen – ist es nicht so?“
    „Aber alle Worte wertlos hier. Nicht gut. Nicht verstehen Worte, nur Dinge.“ Er zeigte auf die Leuchtkugel. „Dinge arbeiten. Ich bringe sie zum Arbeiten. Aber Worte …“ Er machte eine wegwerfende Gebärde. „Worte. Ich mag nicht Worte …“ Er endete undeutlich fiepend, drehte sich um und verbarg sein Gesicht vor ihr. „Immerzu die Ahnen erzählen mir, dies guter Ort, wichtiger Ort, und nun ich finde nur Worte.“ Er sagte etwas, das sie nicht verstand; es klang häßlich. „Du brauchst mich nicht, Sternenfrau. Ich gehe.“
    „Warte, Mondschatten …“ Er hielt inne, wandte das Gesicht ab, als sie rief. „Laß mich nicht allein … Ich meine, ich verstehe diesen Ort nicht. Ich brauche dich, um dich zu lehren, wie dieser Ort – arbeitet.“
    Er zögerte, der Klang seiner Stimme wurde wieder wärmer. „Ich finde Sprechkästen. Ich sie gut arbeiten lassen.“ Er drehte sich um. „Aber niemals finden richtige Worte in langer Zeit. Zuviel … zu viele Worte.“ Dann blickte er empor, Stockwerk um Stockwerk.
    „Andar fand etwas, hier. Und auch er hatte keine Ewigkeit zur Verfügung.“
    „Vielleicht er ließ es zurück, vielleicht nicht. Wir sehen …“
    Mondschatten ging davon, den Blick auf den Fußboden geheftet. „Hier! Ich sehe – Gelbpelz oft gehen diesen Weg … sehr oft … diesen Weg … um Kasten zu sehen. Wir gehen hoch.“ Sein Schwanz winkte ihr, ihm zu folgen.
    Sie folgte ihm, kaum in der Lage, eine Elfenbeinplatte zu erkennen, die unter der Staubschicht, die die Tür bedeckte, verborgen war. Zusammen mit Mondschatten betrat sie den Lift, beobachtete, wie er die Symbole mit seiner Hand berührte, eines nach dem anderen.
    Eingehüllt in eine sanfte Vibration, fuhren sie hoch ins zweite Stockwerk. Mondschatten spähte nach draußen in den Korridor und schüttelte dann den Kopf. Sie fuhren zwei weitere Etagen in die Höhe, ehe er nickte und auf die Elfenbeinfliesen des Zwischenstocks hinaustrat. Er führte sie um die halbe Peripherie herum. Tarawassie blickte nach draußen, nach oben und immer wieder über das niedere Geländer nach unten und versuchte sich vorzustellen, welch uralte Geheimnisse an diesem Ort schlummern mochten.
    Sie hörte einen bellenden Ruf und sah gerade noch, wie Mondschatten in einem der Seitenkorridore verschwand. Rasch folgte sie ihm. Der Gang erweiterte sich zu doppelter Breite und verlief zwischen zwei Reihen kleiner Zimmer. In der Eingangshalle standen zahllose Tische und Sessel. Die Tische waren überhäuft mit Geräten, deren Sinn sie nicht verstand; überall lagen kleine ovale Scheiben, nicht größer als ein Daumennagel, herum. Einige der Zimmer in der langen Reihe standen offen, als hätte jemand ihre Türen gewaltsam erbrochen.
    „Hierher kommen Gelbpelz. Vielleicht hier das, was du suchst. Viele Worte hier.“ Seine Hand wies über die Tische.
    „Wo? Wie …?“ Tarawassie fühlte eine blinde Wut in sich emporsteigen angesichts der Tatsache, daß ein unwissender, halbwilder Eingeborener mehr über die Geheimnisse ihres Volkes wußte als sie selbst.
    „In Wortkasten.“ Mondschatten nahm eine der kleinen Scheiben und reichte sie ihr. „In Wortkasten stecken. Er spricht oder zeigt Bilder … oder macht nur Worte. Nicht arbeiten, wenn hier liegt!“
    Tarawassie betrachtete irritiert die Scheibe.
    „Zauber kommt heraus, nur Staub im Innern … Grünes Ei reden, schwarzes nur zeigen Bilder, rotes macht nur Worte.“ Die meisten der Scheiben waren rot. „Wortkasten nicht zeigt, wie Wirkliche Menschen – nicht viel erinnern hinterher, zuviel vergessen.“
    Ihre Hand umschloß die rote Scheibe. „Was ist der Unterschied zwischen ‚Worte machen’ und ‚zeigen’? Es ist beides das gleiche, oder nicht?“ Sie öffnete ihre Hand wieder, sah hinein.
    Mondschatten schüttelte den Kopf in einer Geste der Verneinung. „Wortkasten nur zeigt Worte …“ Er entfernte sich etwas, tat etwas an einem der Kästen. Die dunkle Platte über den feinen grünen Symbolen erhellte sich plötzlich.
    „Das ist nicht ‚Worte’.“
    Er nickte, betrachtete sie mit einer Mischung aus Stolz und Ärger. „Zeigt Bilder, erzählt dem Auge. Ich sehe“ – sein Finger streckte sich, die Klaue ausgefahren –, „,und es … tot’“. Er hielt inne, um sich am Ohr zu

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