Bernsteinaugen und Zinnsoldaten
Anschein hatte. „Hast du mehr von … uns gesehen, als du kamst?“
„Nein.“ Sie wunderte sich, warum ihm das wichtig erschien. „Nur einen, gestern – er rannte weg. Ich … ich kam in die Stadt, um … jemanden zu finden, mit dem ich mich unterhalten kann, um mehr über mein Volk zu erfahren.“ Plötzlich wußte sie, daß sie weit mehr als nur das Geheimnis der Sternenquelle erfahren mußte, ehe sie an Bord des Kristallschiffes zurückkehren konnte. Ihre Hände wanden sich in ihrem Schoß.
„Ja …?“ Der Eingeborene setzte sich erneut nieder, sein Eifer durchbrach seine Bequemlichkeit. Sie dachte an die beiden Kinder, die sie kannte. Seine impulsive Offenheit erinnerte sie an Kinder. „Mich, auch – ich weiß etwas über Sternenmenschen. Einer mit gelbem Pelz, er war auch schon hier. Er warf mit Gegenständen, verletzte mich.“ Sein Schwanz erzitterte, er erinnerte sich an Furcht und Schmerz.
„Kam wohin?“ Andar – hatte er Andar gesehen?
„In das Gebäude.“ Sein Schwanz wies vage in Richtung der Tür. „Sternenmenschen lassen manches gute Material zurück. Aber das Tor ließ mich nicht ein. Tor ließ den Gelbpelz ein, er ließ mich nicht ein.“ Ein Hoffnungsschimmer erschien auf seinem Gesicht. „Du läßt mich ein?“
„Ja, wenn du mich dorthin führst!“
Plötzlich setzte er sich, laut zwitschernd. Sie erkannte, daß er lachte. „Meine Schwester, meine Schwester! … Ich zeige dir alles, was ich vermag!“ Er streckte seine Knie aus, seine Blicke kehrten zu ihr zurück, die geweiteten Pupillen ließen die Augen im Halbdunkel nahezu schwarz erscheinen. „Andere Sternenmenschen kommen niemals hierher. Niemand kommt, außer mir.“
„Warum nennst du uns Sternenmenschen?“
„Ihr kommt vom leuchtenden Stern am Himmel.“ Er sah aus, als wäre dies das einleuchtendste Ding der Welt, vielleicht war es das auch. Sie selbst hatte schon das Kristallschiff am nächtlichen Himmel gesehen, ein schimmerndes Juwel, das nur vom Licht des Mondes überstrahlt wurde, zog es seine Bahn vor den ruhelosen Sternbildern. Sie fragte sich, wie es wohl heute für sie aussehen würde, sähe sie es unter den Sternen.
„Wirkliche Menschen“ – der Schwanz des Eingeborenen tippte gegen seine Brust, als wäre sein Körper von seinem Gehirn getrennt, eine separate Einheit –, „sie leben immer auf der Welt, vor der Wirklichen Zeit, lange her. Sie sagen, wenn Sternenmenschen kommen, Wirkliche Zeit endet für immer. Ich sage, Wirklichkeit kommt mit den Sternenmenschen“ – seine Hände liebkosten die Leuchtkugel – „aber niemand hört mich. Niemand läßt mich ihnen zeigen …“ Er stürzte vorwärts, von Bitterkeit erfüllt.
„Mir kannst du es zeigen.“ Er streckte sich, als sie sprach: Ihre Schultern hoben sich in plötzlicher Erkenntnis. „Ich glaube, irgendwie haben auch wir unsere Wirklichkeit verloren.“ Ihre Hand spielte mit dem groben Sand. „Wir fanden so etwas wie einen Traum – und verloren dabei uns selbst.“
Der Fremde sah sie seltsam von der Seite her an und kratzte seinen Rücken mit der Spitze des Schwanzes.
„Wie ist dein Name? Wie nennen sie dich?“
„Mondschatten.“ Seine geöffnete Hand strich über seine Brust, und sein Gesicht nahm einen Ausdruck übertriebenen Stolzes an. „Mondschatten Sternenmann.“
„Sternenmann?“ Sie fröstelte. „Du meinst – vorhin hast du schon gesagt, du seist ein Mensch. Aber du – du siehst nicht aus wie ein Mensch …“ Es klang dumm, doch er schien nicht verletzt zu sein.
„Nicht hier“ – er wies auf seinen Körper – „hier“ – er berührte seinen Kopf. „Ich bin letzter Sternenmann der Kith-Brüder. Vor langer, langer Zeit wir vereinigen mit Sternenmenschen, sie Teil von uns, Teil von mir. Ich bin der letzte von jenen, die Wirklich und Sternenmann zugleich.“
„Oh.“ Sie lächelte ungezwungen. „Ich bin Tarawassie“, sagte sie.
„Menschennamen haben keinen Sinn. Was für …“ – er verzog das Gesicht zu einer Grimasse der Konzentration – „Was für eine Bedeutung hat dein Name?“
„Er hat keine Bedeutung, er ist mein Name.“ Sie lächelte erneut. „Sollte er denn eine Bedeutung haben?“
„Alle Wirklichen Menschen haben Kith-Namen. Und Geburtsnamen, der von Ereignissen bei Geburt erzählt … Bei meiner Geburt wurde der Mond von Nachtbestie verschlungen. Menschen machten viele Geräusche, und Nachtbestie spie ihn wieder aus. Ich geboren, während Mond verschluckt. Sie sagen …“ – Er
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