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Bertelsmannrepublik Deutschland: Eine Stiftung macht Politik (German Edition)

Bertelsmannrepublik Deutschland: Eine Stiftung macht Politik (German Edition)

Titel: Bertelsmannrepublik Deutschland: Eine Stiftung macht Politik (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Schuler
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    Am 21. September 1999 veranstaltete die Bertelsmann Stiftung einen Workshop, bei dem die Mitglieder des beschäftigungspolitischen Beirats der Stiftung Empfehlungen für das Bündnis für Arbeit aussprachen. Ob die Stiftung vom Kanzleramt gerufen oder sie sich selbst ins Spiel gebracht hat, lässt sich nicht genau rekonstruieren. Durch ihre jahrelange Vorarbeit war sie eine naheliegende Wahl als Partner. Ende 1999 entschied das Bündnis für Arbeit, dass zur Arbeitsgruppe folgende Mitglieder gehören sollten: als Vertreter des Kanzleramtes Rolf Heinze von der Ruhr-Universität Bochum, Wolfgang Streeck vom Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung Köln, Gerhard Fels vom Institut der deutschen Wirtschaft in Köln und Heide Maria Pfarr vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut der Hans-Böckler-Stiftung in Düsseldorf. Einige Zeit später stieß als weiterer Vertreter des Kanzleramtes Günther Schmid vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung hinzu. Immer bei den Sitzungen dabei waren Stefan Empter und Andreas Esche von der Bertelsmann Stiftung. Man kannte sich, denn teilweise hatten die Wissenschaftler bereits an Projekten der Stiftung mitgearbeitet.
    Die Geschäftsstelle des Bündnisses für Arbeit befand sich im Kanzleramt. Die Stiftung richtete ein Projektbüro außerhalb dieser Geschäftsstelle im Max-Planck-Institut in Köln ein, in dem neben Stefan Empter und Andreas Esche mit Werner Eichhorst und Stefan Profit zwei weitere Mitarbeiter der Stiftung die Studie erarbeiteten. Das bedeutet, dass an der Studie stets fünf Wissenschaftler und fünf Mitarbeiter der Bertelsmann Stiftung arbeiteten.
    Das Bündnis für Arbeit scheiterte letztlich mit seinen Bemühungen, aber die Arbeit der Bertelsmann Stiftung an Benchmarking Deutschland war nicht umsonst. Wie sich später zeigen würde, arbeitete sie damit an den Grundlagen von Hartz IV, auch wenn der Name damals noch nicht existierte. Die Mitarbeiter der Stiftung, so hieß es im Abschlussbericht, erarbeiteten »nach ausführlicher Diskussion« mit den Wissenschaftlern die Inhalte. Danach erstellten sie die Kapitel, über die die Wissenschaftler dann noch einmal diskutierten.
    Besser konnte es für die Mitarbeiter der Stiftung gar nicht laufen: Sie konnten abseits der Öffentlichkeit und abseits kritischer Kollegen in ihrem Büro in Köln arbeiten. Kritik würden sie später mit einem Verweis auf ihre angebliche Unabhängigkeit abtun. Sie hätten doch »nur« zugearbeitet. Eric Thode und Werner Eichhorst sagten: »Unsere Rolle als Denkfabrik und Reformwerkstatt ist es, die objektiven Daten zu sammeln, zu sichten und zu bewerten, auch wenn diese Ergebnisse manchmal nicht angenehm oder willkommen erscheinen. Doch die Schlussfolgerungen und Entscheidungen können nur die Verantwortlichen in der Politik und den legitimierten Gremien treffen.« Sie waren also nur Diener, nicht Herr. In Wahrheit waren sie freilich auf subtile Art die wahren Herren den Verfahrens. Wie könnte es auch anders sein: Sie zahlten schließlich auch dafür. Die Bertelsmann Stiftung hat die Arbeit im Bündnis für Arbeit »weitgehend finanziert«, wie der Rheinische Merkur 2001 berichtete. Und die Stiftung habe die Veröffentlichung gegen den Willen der Bundesregierung finanziert, berichtet der Politikwissenschaftler Hartwig Pautz in seiner Untersuchung zur Rolle der Bertelsmann Stiftung bei der Agenda 2010.
    Während der Arbeit an der Studie kam es zu einer bemerkenswerten personellen Veränderung, die Kompetenz von und Vertrauen gegenüber den Mitarbeitern der Stiftung, aber auch Einfluss und Nähe der Stiftung zur Politik belegte: Stefan Profit, bei der Stiftung zuständig für Wirtschafts- und Sozialpolitik und einer der Autoren des Berichts Benchmarking Deutschland , wechselte von der Bertelsmann Stiftung ins Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung von Minister Riester. Ihn ersetzte mit Eric Thode natürlich ebenfalls ein Mitarbeiter der Stiftung. Der Wechsel, der nie öffentlich thematisiert wurde, bedeutete: Die Stiftung saß nun wieder einmal auf beiden Seiten. Die Drehtür zwischen Regierung und Stiftung ist gut geölt und in vollem Schwung. Niemand übte Kritik und so hatte die Stiftung keinen Grund, sich zu fragen, ob solch ein Wechsel problematisch

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