Bertelsmannrepublik Deutschland: Eine Stiftung macht Politik (German Edition)
infoscore die Abwicklung der Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe in Raten in einem Vollprozess für den Oberlandesgerichtsbezirk Karlsruhe übernommen.
Die Finanz- und Wirtschaftskrise habe den Ausbau behindert, sagen Buch und Ostrowski. Aber das ändere nichts am langfristigen Trend und dem Potenzial des Geschäftsfeldes. Sie glauben weiterhin daran. Im März 2009 sagte Ostrowski dem Werbefachblatt Horizont : »Dienstleistungen für kommunale Verwaltungen dürfen Sie nicht nur auf einen Zeitraum von fünf Jahren betrachten, sondern eher von zehn bis 20 Jahren.« Während in England Outsourcing öffentlicher Dienstleistungen an private Anbieter mittlerweile akzeptiert sei, gebe es in Deutschland noch Ressentiments. »Ich glaube, dass sich auch hierzulande die Erkenntnis durchsetzen wird, dass man kommunale Dienstleistungen durch private Anbieter effizienter und für den Bürger mit besserem Service gestalten kann.«
Im März 2010 nannte Rolf Buch als neue Wachstumsfelder die Abrechnung von Energie, Wasser und Wärme. Als weiteres Feld, in das Arvato expandieren will, nennt Buch außerdem die Gesundheitsbranche. Arvato soll Arzneimittel liefern – immerhin unterhält das Unternehmen ein dichtes Vertriebsnetz, mit dem es täglich viele tausend Bücher und Päckchen oder 80 Prozent aller deutschen Mobiltelefone ausliefert. Warum nicht alles aus einer Hand liefern?
In einer gemeinsamen Stellungnahme sagen Arvato und die Stadt Würzburg, man führe »konstruktive Gespräche«. Konkrete Schritte gebe man nach Analyse der Ergebnisse bekannt. Interessant ist die Frage, wieso Arvato die beiden Kreise in England angeblich erfolgreich führt und Einsparungen erzielt, während das in Deutschland nicht gelingt. Bei Arvato will man sich dazu nicht zitieren lassen, macht aber im Hintergrundgespräch deutlich, dass die unterschiedlichen Voraussetzungen mit Schuld seien: In England sei man erfolgreich, weil man völlige unternehmerische Freiheit habe und die Mitarbeiter übernehmen und flexibel einsetzen könne. Arvato bestimmt, wer wann arbeitet. Das kommt dem Unternehmen sehr entgegen. In Deutschland dagegen kann Arvato Angestellte und Mitarbeiter der Kommunen nicht übernehmen. Noch nicht.
8. Interessenkonflikte erwünscht – Fragwürdige Doppelfunktion von Stiftungspersonal
Die Vermengung von allgemeinen und öffentlichen Interessen findet nicht nur zwischen Unternehmen und Stiftung statt, sondern auch bei einzelnen Personen innerhalb der Stiftung und im Unternehmen. Bestes Beispiel ist Brigitte Mohn, die Tochter von Liz und Reinhard Mohn
Die Rhön Klinikum AG ist mit 53 Krankenhäusern sowie 29 Medizinischen Versorgungszentren der größte private Betreiber von Krankenhäusern in Deutschland und seit 1989 börsennotiert. Am 15. Mai 2006 kaufte Brigitte Mohn 1 000 Aktien der Rhön Klinikum AG zum Wert von 36 795,33 Euro. Am 25. Mai 2009 kaufte sie weitere 2 000 Aktien, diesmal im Wert von 29 917,24 Euro. Am 30. Juli 2009 verkaufte sie eine Aktie im Wert von 41 Cent und einen Tag danach kaufte sie weitere 1 333 Aktien im Wert von 17 728,90 Euro. Es geht nicht um Millionen und der An- und Verkauf wäre nicht weiter erwähnenswert oder problematisch, wenn Brigitte Mohn nur im Aufsichtsrat der Rhön Klinikum AG sitzen würde. Seit dem 17. Juli 2002 sitzt sie im Kontrollgremium, das den Vorstand beaufsichtigt, gemeinsam mit Eugen Münch, dem Gründer und Hauptaktionär der Klinikkette. Es ist nicht ungewöhnlich, dass Mitglieder eines Kontrollgremiums Aktien des Unternehmens kaufen, das sie beaufsichtigen – solange sie das offenlegen.
Problematisch ist aber, dass Brigitte Mohn seit 2002 auch den Bereich Gesundheit der Bertelsmann Stiftung leitet, der Politikern in Regierung und Opposition unabhängige Empfehlungen für Gesundheitsreformen geben will. Diese Doppelfunktion schafft einen Interessenkonflikt, der sich nicht durch eine schlichte Offenlegung beseitigen lässt. Denn die Beratung und Projektarbeit der Stiftung ist stets mit der Versicherung versehen, man setze sich für das Allgemeinwohl ein. Deshalb sind diese Aktivitäten der Stiftung schließlich steuerbegünstigt. Es ist ein Konflikt, den Brigitte Mohn gewählt hat und der unabhängig davon besteht, ob sie Aktien der Rhön Klinikum AG hält oder nicht – der Ankauf der Aktien verdeutlicht und verschärft jedoch den Konflikt.
Die Stiftung diskutiert und empfiehlt auch nicht nur, sie berät Ministerien und tauscht sich mit Fachpolitikern aus. Sie organisiert
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