Beruf - Herzensbrecher
deswegen Naivität unterstellen, weil ich mich nicht vorab zensiere, so unterschreibe ich das gerne. Ich bereue nichts.“
„Mit dem Ansatz machst du dir aber eine Menge Feinde.“
„Und mit Ihrer zynischen Art machen Sie sich keine Freunde.“
Einen Augenblick schaute er sie regungslos an, dann stahl sich ein Lächeln auf sein Gesicht. „Die Antwort liegt im Auge des Betrachters. Ist dein Glas halb voll oder halb leer? Und wie durstig bist du?“
Die Art, wie er sie ansah, ließ sie aufmerken. Er wirkte dieses Mal anders. Sie wusste nicht genau, was es war, aber irgendwie war er dieses Mal offensiver. Offener als zuvor. All diese zweideutigen Kommentare. Sie hatte erwartet, dass er heute Abend mit seiner Redegewandtheit auftrumpfen würde, nicht mit seiner … Verführungskunst.
Besorgt und sehnsüchtig zugleich verschränkte sie die Hände hinterm Rücken.
Unverzüglich zeigte sich sein verstecktes Lächeln. „Ich mache dich nervös.“
Es war eine Feststellung, keine Frage, und das machte es nur noch schlimmer. Wie sollte sie sich auch auf so etwas vorbereiten? Ihr Herz schlug schneller, obwohl sie es hasste, ihre Aufregung nicht verbergen zu können. „Haben Sie das, was Sie über Körpersprache wissen, beim FBI gelernt, Agent Hunter?“
„ Ex – Agent Hunter“, korrigierte er sie.
Sie wägte seine Antwort ab und schüttelte schließlich langsam den Kopf. „Eingerostet ist bei Ihnen jedenfalls nichts. Die Kunst der Einschüchterung beherrschen Sie einwandfrei.“
„Ich schüchtere andere Leute nicht ein. Ich weiß genau, was ich im Leben will. Wenn das andere einschüchtert …“ Er zuckte die Schultern.
Sie sah ihn bedeutungsvoll an. „Sie wissen immer ganz genau, was Sie im Leben wollen?“
„Körpersprache lesen zu können ist sehr hilfreich, wenn man einem potenziellen Kunden einen Vorschlag macht. So kann man einem Pitch die größte Wirkung verleihen.“
„Dann müssen Sie gegenüber Ihren Kontrahenten im Vorteil sein.“
„Das stimmt.“
Meinte er sie? Er trat einen Schritt auf sie zu, und ihr Magen zog sich krampfhaft zusammen.
„Nehmen wir dich, zum Beispiel“, sagte er.
Das war zwar leider genau das, was sie sich im Moment wünschte, doch den Gedanken verwarf sie sofort wieder.
„Wenn jemand seine Hände hinter dem Rücken verschränkt, kann das darauf hinweisen, dass er oder sie etwas zu verbergen hat und auf der Hut ist. Mein Vorteil“, schloss er.
Er beugte sich etwas vor und studierte sie aus der Nähe.
„Du atmest schneller als gewöhnlich, hast kleine Schweißperlen an der Oberlippe, und deine Pupillen sind geweitet.“
Sie vermutete, dass er recht hatte, denn ihre Augen schmerzten schon davon, dass sie ihre Blicke nervös über sein Gesicht wandern ließ, um auch ja nichts zu verpassen. Im Halbdunkeln der Garage sah er faszinierender aus denn je.
„Wieder mein Vorteil. Denn das deutet entweder auf Nervosität hin oder auf …“, eine spannungsgeladene Pause folgte, „Begierde.“
Innerlich kochte sie, antwortete aber kühl: „Machen FBI-Agenten auf diese Art Frauen an, Mr Philips?“
„Ehemalige FBI-Agenten.“ Hunter schenkte ihr sein schönstes schiefes Lächeln. „Ich bin einfach nur aufmerksam“, sagte er.
Jetzt bekam sie eine Gänsehaut.
Zweifellos merkte er das auch.
„Ich sollte Ihnen wohl beibringen, dass Frauen nicht schwitzen.“ Er wollte antworten, doch sie verbot ihm mit einer Kopfbewegung den Mund. „Und ‚glühen‘ tun wir auch nicht“, sagte sie.
„Was tun sie denn?“
„Frauen leuchten.“
Bevor sie reagieren konnte, hatte Hunter ihr einen Finger an ihren Mundwinkel gelegt. Carly starrte ihn einfach nur an, während er langsam über ihre Oberlippe strich. Ihr stockte buchstäblich der Atem. Sie hatte bislang gedacht, das sei nur ein Sprichwort, aber ihr stockte wirklich der Atem. Hunters Finger machte in der kleinen Grube in der Mitte ihrer Oberlippe halt und wischte die kleinen Schweißperlen weg, die sogleich von neuen ersetzt wurden. Mittlerweile glühte sie wahrlich.
Verdammt, er hatte recht. Sie war sowohl nervös als auch erregt. Ihr Atem war mittlerweile zurückgekehrt, ging jedoch so flach und schnell, dass es sich wie Hecheln anhörte. Die letzten Male, als sie mit ihm geflirtet hatte, war Hunter neutral geblieben und hatte sich auf nichts eingelassen. Nur ein Dummkopf mochte glauben, dass er seine Meinung auf einmal geändert hatte. Und William Wolfes Tochter war kein Dummkopf.
Warum also stand sie dann
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