Berufen (Die Kinder des Schöpfers, Band 1) (German Edition)
fiel wenige handbreit in die Tiefe, wurde abrupt gebremst, als sie auf dem harten Stein aufschlug.
Autsch. Schwer atmend blieb sie ein paar Sekunden wie benommen liegen und genoss den kühlen Luftzug, der ihr aus dem Inneren des Tunnels entgegen schlug. Nur langsam wandte sie das Gesicht zur Seite und nahm die neue Umgebung in sich auf.
Was sie sah, gefiel ihr weniger.
Vor ihr tat sich ein schmaler, etwa mannshoher Tunnel auf, von dessen Decke funkelnde Stalaktiten hingen und die Höhle in ein silbriges Licht tauchten. Seine Wände waren so glatt geschliffen wie Eis. Sie konnte sein Ende nicht erblicken. Nur, dass er sich in drei Gänge teilte. Ebenso wenig, spürte sie ein Lebenszeichen irgendeines anderen Lebewesens, geschweige denn die Gestalten der Dämonen, die vor ihr durch den Spalt gekommen waren.
»Mist!«, entwich es ihr und sie setzte sich auf.
Wie zur Bestätigung des Schlamassels, in den sie hineingeraten waren, fiel hinter ihr ein weiterer Körper durch die Öffnung. Stöhnend richtete der Bettler sich auf und stieß sich gleich darauf den Kopf.
Jayden und sie waren als L etzte durch den Spalt gestiegen, hatten das Schlusslicht der Gruppe gebildet, da sie es nicht hatten wagen wollen, sich mit einer Horde Dämonen anzulegen.
Das hatten sie nun davon!
Denn zu Yves Ärgernis hatten sie und Jayden aufgrund ihrer als Menschen begrenzten Kraftreserven weitaus länger für den Aufstieg gebraucht als ihre Vorgänger. Sie erinnerte sich noch sehr gut an Ennyds Gestalt, die schon vor mehr als gefühlten zwei Stunden hier oben verschwunden war.
Da war es kein Wunder, dass von den Dämonen keiner mehr zu sehen war.
Was hatte sie auch erwartet? Dass einer von ihnen so nett sein und auf sie warten würde, um ihnen dann den Weg zu zeigen, den die anderen genommen hatten?
Yve zweifelte nicht daran, dass es für die Dämonen ein Leichtes gewesen war, die Spur ihrer Gefährten aufzunehmen und ihrer Witterung zu folgen.
Sie ertappte sich dabei, wie sie sich einen Augenblick fragte, wieso sie nicht mit solch nützlichen Fähigkeiten ausgestattet war. Was hatte ihr ihre Gabe schon jemals für Vorteile eingebracht? Gar keine! Wenn sie schon verdammt war, dann doch bitte nicht dazu, genauso machtlos wie ein gewöhnlicher Mensch zu sein.
» Irgendwelche nützlichen Erkenntnisse?«, richtete sie sich wenig hoffnungsvoll an ihren Begleiter.
Jayden blickte sie verwirrt an.
»Visionen. Hattest du eventuell eine Vision, die uns sagt, welchen Weg wir einschlagen müssen?«, präzisierte sie.
» Ach so. Nein, keine.«
» Das hab ich mir fast gedacht.« Sie stemmte sich auf und durchmaß schweigend den Tunnel, bis dorthin wo er sich in drei Richtungen teilte. Jayden folgte ihr stolpernd und kam schlingernd neben ihr zum Stehen.
Erst jetzt fiel ihr auf, dass der Grund unter ihren Stiefeln hie r und da eisverkrustete Flächen aufwies, in denen sich das Leuchten der Stalaktiten wie in einem Spiegel brach.
Sie rieb sich den Kopf und seufzte schwer : »Entscheide du.«
Jay war sichtlich nicht glücklich über diese Aufgabe, tippte dann aber entschlossen auf den linken Tunnel.
»Sei’s drum«, Yve zuckte die Schultern und ging vorweg, Jayden dicht hinter sich.
Nachdem sie einige Minuten gegangen waren, fiel der Weg deutlich ab, bis sie schließlich regelrecht bergab gingen. Während des gesamten Pfades bestaunte Yve die glatte Beschaffenheit der Wände.
Kaum merklich senkte sich nun auch die Decke herab, so dass sie gezwungen waren, sich leicht geduckt fortzubewegen.
Ab und zu hielt sie einen Moment inne, um sich zu vergewissern, ob jemand vor ihnen hier vorbei gekommen war. Sie fand keine Spuren. Allmählich begann sie an der Richtigkeit ihrer Entscheidung, den linken Tunnel gewählt zu haben, zu zweifeln.
Schließlich kam es so weit, dass sie sich auf die Knie herablassen und einen Teil des Weges auf dem Bauch kriechend zurücklegen mussten. Danach öffnete sich der Tunnel in eine kreisrunde Kammer, über deren Boden ein feines Rinnsal lief.
Hier spaltete sich der Weg erneut.
Diesmal folgten sie jenem Pfad, der sie tiefer in den Berg hinein führte.
Yve musste an Crevi denken. Hatte sie die Quelle bereits gefunden? Ob Liwy und ich bereits erlöst waren? Wie fühlte es sich an, von dem Makel befreit zu sein? Ohne, dass sie es verhindern konnte, wurde sie von einer kribbelnden Aufregung gepackt.
Jayden ging es wohl ähnlich, denn zum ersten Mal, seit sie die Höhle betreten hatten, überholte er sie und
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