Frühlingsduft ein, der ihre sommersprossige Nase kitzelt und sie mit zusammengekniffenen Augen in die helle Mittagssonne blinzeln lässt.
Nicht weit von ihnen steht eine Marmorbank am Rande des Platzes und des allgegenwärtigen Trubels von herumwuselnden und vorübereilenden Menschen. Auf ihr sitzen eine alte Dame und ein rothaariger junger Mann in einer Uniform und sehen zu ihnen herüber.
Kaum, dass Crevi sie erblickt, ist Vlain an ihrer Seite, winkt uns zu und wartet gerade noch so lange, bis Yve vom Kutschbock heruntergeklettert ist, um sich ihnen anzuschließen.
Das überraschte und zugleich zutiefst ergriffene Aufschluchzen der Rebellin, als sie den Mann in der Uniform als ihren Reird Laine erkennt, entlockt Crevi ein Schmunzeln. In einem Anflug überschwänglichen Glücks wirft Yve sich ungestüm in die Umarmung des jungen Soldaten, der ihr ebenso stürmisch entgegen eilt, und vergräbt ihr Gesicht, ihre Tränen, ihre Küsse in ihm.
Nur am Rande scheint sie den Bettler, der etwas abseits steht, zu bemerken.
Erst , als ich mich mit einem vornehmen Räuspern bemerkbar mache, lassen die beiden Liebenden voneinander ab und wenden sich mir, die ich bedeutungsschwanger in die Runde blicke, zu.
» Was ist passiert?«, frage ich unbestimmt, äußerst besorgt.
Vlain übernimmt es, mir das Resultat unserer erfolglosen Suche nach der Quelle der Erlös ung sowie die Auseinandersetzung zwischen Liwy und Adrian zu schildern, wofür Crevi ihm insgeheim sehr dankbar ist.
Etwas unwohl blickt sie plötzlich zwischen den Umstehenden hin und her und spürt dabei eine tiefe Einsamkeit, die sie sich nicht recht erklären kann. Nein, sie missgönnt Yve ihr Glück keineswegs und doch sehnt sie sich mit einem Mal mehr als jemals zuvor nach Geborgenheit.
»Kannst du seinen Geist noch irgendwo da draußen spüren?«, möchte Vlain, nachdem er geendet hat, von mir wissen. »Irgendetwas, Myriam?«
Ich schüttele den Kopf.
Weit fort, in einem anderen Leben, so scheint es mir, reißt eine Frau abrupt die Augen auf und muss voller Grauen erkennen, vom Tod verschont worden zu sein.
Dann ist es vorbei.
Unangenehmes Schweigen überfällt uns.
Uns alle.
Gleichermaßen.
Es gibt nichts mehr zu sagen.
So viel steht fest.
Es ist Vlain, der es schließlich ausspricht : »Ich denke, ich sollte dann gehen.« Wie zur Bestätigung blickt er kurz in Crevis Richtung, hebt dann die Hand zu einem unpersönlichen Gruß, lächelt kurz. »War gar nicht so übel mit euch. Wirklich nicht.«
Damit wendet er sich zum Gehen.
Einfach so.
Hält auf der anderen Straßenseite einen Moment inne, als hätte er es sich urplötzlich anders überlegt und dreht sich, unverständlich vor sich hin murmelnd, erneut zu ihr um.
Verblüfft und ungeduldig zugleich, stemmt Crevi die Hände in die Hüften. »Worauf wartest du denn noch?«
Er zögert kurz, antwortet dann trotzig : »Auf dich.«
» Auf mich?«
» Ja. Was dagegen, Miss Sullivan?«
» Nein?«, ehrlich verzweifelt wirft sie die Hände in die Luft. Muss lachen. Ist hin und her gerissen. »Ich weiß nur nicht, was das für einen Sinn hätte.«
» Muss alles einen Sinn haben?«
Abwartend mustert Vlain sie von oben bis unten, steht so unverschämt grinsend, die Hände in den Taschen seines Mantels vergraben, vor ihr, dass ihr das Herz unwillkürlich höher schlägt.
Sie sieht Yve an. Weiß sich nicht zu helfen.
»Geh schon«, fordert diese sie augenzwinkernd auf.
Crevi lächelt, zögerlich. Dann fasst sie sich ein Herz und geht entschlossenen Schrittes auf ihn zu, überquert die Straße und drängt sich zwischen den vorbeieilenden Menschen hindurch, bis sie vor ihm zum Stehen kommt.
Und als Vlain Moore wortlos ihre Hand ergreift und sie einer unbestimmten Zukunft entgegenführt, da nimmt Crevi einen tiefen Atemzug, lässt sich von der unbeschwerten Melodie ihres Herzens davontragen und weiß, dass sie nicht länger auf der Suche ist, sondern endlich ein Zuhause gefunden hat.
Ende
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