Berufen (Die Kinder des Schöpfers, Band 1) (German Edition)
ließ sie das Gleichgewicht verlieren, einen unterdrückten Schrei ausstoßen. Es dauerte mehrere Sekunden, bis sich die grellen Flecken vor ihren Augen verflüchtigten.
Blinzelnd wurde sie einer hohen Säule gleißend-silbernen Lichtes gewahr, die dort, wo die Perlen zu Boden gefallen waren, vor ihr in den Himmel schoss, und das Gras in ihrer unmittelbaren Umgebung zu trockenem Schilf verkohlte.
Das silberne Licht verzerrte die Gesichter der Umstehenden zu unwirklichen Fratzen und verlieh ihnen etwas Gespenstisches. Das hätte Crevi sicherlich frösteln gemacht, würde die Säule purer Magie keine unwahrscheinliche Wärme ausstrahlen.
Zu ihrer Verblüffung stellte sie fest, dass ihre Haut dort, wo sie so unerwartet von der Hitze berührt worden war, keinerlei Verbrennungen aufwies.
Als sie sich schon fast an den Anblick dieser magischen Gewaltigkeit gewöhnt hatte, explodierte die Säule in einer ohrenbetäubenden Detonation, die den Berg selbst zum Wanken brachte.
Erneut wurde sie zu Boden geworfen. Sie brau chte plötzlich all ihre Kraft, um nach Luft zu schnappen, sobald die Druckwelle vergangen war.
Von der Säule war nichts mehr zu sehen. Einzig ein silbernes Flackern, in unerreichbarer Höhe, das aus einem Spalt in der Felswand kam, war ein letztes Überbleibsel.
Crevi robbte auf die kahle Stelle im Gras zu.
Zu ihrem Entsetzen musste sie sehen, dass die Perlen zersprungen, in winzig kleine Splitterchen zerbrochen waren . »Nein…«, entfuhr es ihr bestürzt.
» Lass mich mal sehen«, unterbrach Liwy sie barsch, drängte sie bei Seite und kniete sich neben sie ins Gras.
Das kann doch nicht wahr sein! , schrieen die alarmierten Stimmen in Crevis Kopf, die das, was sie sahen, nicht glauben konnten. Das soll es gewesen sein?
Sie spürte, wie Liwy sie an der Schulter packte . »Sieh mal da«, sagte sie, ihre Stimme ein wenig ruhiger als zuvor.
Crevi folgte dem Fingerzeig der Dämonin und stutzte. Inmitten der Splitter gl aubte sie winzige, grausilberne Sprösslinge zu erkennen, die ihr Antlitz scheu der Welt entgegen streckten. »Was ist das?«, fragte sie, nicht sicher, was das zu bedeuten hatte.
» Sie sind aus den Überresten der Perlen entstanden.«
» Du meinst…sie sind nicht zerstört?«
» Nein, zumindest hoffe ich das.« Die Schlange erhob sich und deutete auf das ferne Licht weit über uns. »Wir müssen irgendwie dort hinaufgelangen.«
Crevi betrachtete die aalglatte Felswand und schüttelte den Kopf . »Unmöglich.«
» Oder auch nicht«, warf ich nachdenklich ein. »Wir bräuchten nur etwas, das es uns erleichtert, an der Wand hinaufzuklettern.«
Liwy wirkte nicht überzeugt . »Die Pflanzen?«
» Die Sprösslinge«, verbesserte ich sie. »Wenn sie nur groß genug wären…«
» Ich fasse es nicht.«
» Was?«, wollte Crevi wissen.
» Könntest du die Sprösse nicht wachsen lassen, so dass wir an ihnen bis dort oben hinaufklettern können?«, erkundigte ich mich guter Dinge.
» Das wird ja immer absurder.«
» Wie im Märchen?«, überging Crevi Liwys Kommentar und lächelte schwach.
Ihr Vater hatte sie stets angewiesen, ihre Gabe zu schulen, um am Ende ihrer Reise zur Quelle der Erlösung gelangen zu können.
Nun war sie hier.
Stand vor einer Felswand, die es zu erklimmen galt.
Besaß die Perlen, die ihr, wie es schien, ihre Werkzeuge zur Verfügung stellten.
Sollte es ihr möglich sein, den Sprossen ihren Willen aufzuzwingen? Sie wachsen zu lassen, wie sie es wollte? Sie war die Schöpferin. Sie erschuf nicht nur Mensch und Tier, sondern auch Pflanzen und Natur. Dafür hatte sie schließlich so hart geübt. Zwar hatte sie etwas anderes erwartet, war jedoch insgeheim froh, nicht gezwungen zu sein, einen weiteren Menschen zu verwandeln.
»Ich werde es versuchen«, sagte sie laut und ihr Lächeln wurde noch ein wenig breiter. Zum ersten Mal, seit sie Liwy in die Falle gelaufen war, wusste sie, was sie zu tun hatte. Dieser Gedanke blendete alle anderen aus und ließ sie die Welt um sich herum vergessen.
Dies war ihre Bestimmung.
Sie würde es schaffen.
Ihre Hände tasteten über den erdigen Boden, bis sie an einer Stelle verharrte. Dann schloss sie die Augen und konzentrierte sich darauf, jede körperliche Spannung abzulegen. Sie beruhigte ihre Atmung, holte tief und regelmäßig Luft und löste die verkrampften Muskeln, bis sie sich in einem Zustand tiefer Entspannung befand.
Kaum war ihr dies gelungen, rückte sie ein Stückchen von sich ab. Crevi spürte, wie sie
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