Besessen
ein bisschen Glück hatte. Sie schmunzelte, als sie mit der Taschenlampe nach oben leuchtete und dicke Kabel entdeckte. Sie würde den Telefon- und Stromleitungen folgen. Dann musste sie ja irgendwann in der Zivilisation landen.
Der Weg war steil und sehr kurvig, doch Majestät fand seinen Weg sicher. Angespannt horchte Kaylie in die Nacht. Hoffentlich schlief Don bis nach neun Uhr. Bis dahin würde sie schon ein gutes Stück Weg hinter sich haben. Sie schnalzte mit der Zunge, um den Hengst anzutreiben, während der Regen jetzt beständig auf sie herabfiel.
Sie war ungefähr eine Stunde unterwegs, als sie auf eine kleine Straße kam. Ihre Schultern schmerzten, und Hände und Gesicht waren nass vom Regen. „Na alter Junge, was meinst du?“, fragte sie und streichelte dem Pferd den Hals. Die Leitungen liefen rechts und links in beide Richtungen. Der eine Weg führte bestimmt in eine Stadt, der andere möglicherweise zu einem anderen abgelegenen Haus in der Wildnis.
„Und jetzt?“, sprach sie weiter und versuchte ruhig nachzudenken. Don würde vermuten, dass sie nach Westen ritt. Es wirkte einfach so, als würde dieser Weg aus der Wildnis führen. Andererseits hatte sie keine große Wahl, zumal hinter ihr im Norden und im Osten die Berge waren und kein Weg nach Süden führte.
„Dann eben nach Westen“, beschloss sie und versuchte, nicht auf das Wasser zu achten, das ihr am Hals herunterrann. Sie drängte Majestät weiter und lauschte auf Motorengeräusche hinter sich. Dochaußer dem Regen, dem Wind und den Pferdehufen war nichts zu hören. Hin und wieder warf der Hengst unruhig den Kopf nach hinten, wenn im Gebüsch irgendein Tier raschelte. „Nur Eichhörnchen und Waschbären“, beruhigte sie sich. „Nichts Großes oder Gefährliches wie Fledermäuse, Schlangen, Pumas …“
Jedes Mal wenn sie an eine Abzweigung kamen, leuchtete Kaylie, um zu entdecken, wohin die Leitungen führten, doch sonst folgten sie einfach der Straße.
Ein Blitz erhellte den Himmel und beleuchtete für eine Sekunde die hügelige Landschaft. Majestät blieb erschreckt stehen und stellte sich wiehernd auf die Hinterbeine. Das merkwürdige Licht und der rollende Donner machten ihm Angst.
„Ruhig, mein Junge.“ Kaylie hielt die Zügel deutlich fester. „Ganz ruhig.“
Die Nacht kam ihr mit einem Mal drohend vor, und ihr wurde der eisige Wind und ihre regennasse Kleidung bewusst. Ein paarmal dachte sie daran umzukehren, doch sie drängte das Pferd voran. Dons Nähe war einfach zu gefährlich für sie. Es gab eben Frauen, die die falschen Männer liebten, und sie gehörte auch zu dieser Gattung.
Irgendwann wurde der Weg flacher, und Kaylie atmete erleichtert auf. Sie schloss die Augen und meinte, Geräusche wie von einer weit entfernten Schnellstraße zu hören. Oder war es bloß ein Zug? Egal, auf jeden Fall bedeutete es, dass sie bald aus dieser menschenleeren Wildnis herauskam.
Plötzlich warf Majestät den Kopf zurück und schnaubte aufgeregt. Er blieb stehen und rollte mit den Augen. Seine Nüstern blähten sich auf, und als Kaylie ihm beruhigend den Hals streichelte, spürte sie, dass er zitterte.
„Was ist denn los?“ Angst kroch in ihr hoch, als das Pferd scheute und seitwärts trippelte. „Was hast du denn?“, flüsterte sie und hoffte, dass das Tier ihre Furcht nicht spürte.
Sie leuchtete mit der Taschenlampe nach vorn, und der Lichtstrahl traf auf Don, der klitschnass an der Kühlerhaube des Jeeps lehnte. Die Arme hatte er vor der Brust verschränkt, und sein Blick verhieß nichts Gutes.
„O nein!“ Schlagartig verließ sie der Mut.
Wieder zuckten Blitze über den schwarzen Himmel, und das Pferd scheute hoch. Doch beim Klang von Dons Stimme beruhigte es sich und schnaubte nur noch leise.
„Da sind Sie ja, Miss Melville“, sagte Don drohend leise. „Ich habe mich schon gefragt, wann Sie hier endlich ankommen.“
8. KAPITEL
A ber wie … wie …“, stotterte Kaylie und zitterte, während sie die Straße hinter Dons Jeep entlangsah. Vielleicht kam sie irgendwie an ihm vorbei, oder möglicherweise fand Majestät einen Weg durchs Dickicht, wo Don ihnen nicht folgen konnte.
„Mach jetzt keine Dummheiten“, warnte Don und richtete sich auf. „Es war leicht, dich zu finden. Die meisten Straßen hier sind alte Holzfällerwege, die im Zickzack durch die Berge führen. Aber alle enden hier, und ich wusste, dass ich dich hier erwische, wenn ich lang genug warte.“
„Du hast gehört, als ich gegangen
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