Besitze mich! (Band 1)
Blickwinkel. Ich bin es gewohnt, Dinge zu lesen, die alle wiederholen. Ich habe den Eindruck, dass ich für die Medien der Mann bin, als der ich immer beschrieben werde, und der natürlich nichts mit mir gemein hat. Sie haben alle Klischees vermieden und Dinge beschrieben, die zuvor niemand auch nur gestreift hat. Ich habe das Porträt mehrmals gelesen. Es ist schön geschrieben, voller Gefühle. Es sind lebendige Worte, ein gelebter, vor allem gefühlter Text. Ihre Worte entsprangen Ihrem tiefsten Inneren. Ihr Text hat mich aufgewühlt, Alice, das kommt nur selten vor. Das wollte ich Ihnen sagen. Ich habe darüber mit Camille Pasoli, meiner Verlegerin, gesprochen, die den Text an einige Zeitschriften geschickt hat. Jeder interessiert sich dafür und der Text wird noch diese Woche veröffentlicht. Jetzt brauchen wir nur noch den besten Titel, damit Sie groß rauskommen. Ich muss Ihnen ja nicht sagen, dass alles, was derzeit über mich geschrieben wird (natürlich nicht unbedingt mit den besten Absichten, oft sogar mit den schlechtesten!), Neugier weckt. Nun gut, wenn Sie daraus Profit schlagen können, dann zögern Sie nicht ... In dieser Welt kennt man kein Mitleid. Ich stehe jetzt ganz oben, aber eines Tages werde ich diesen Platz natürlich wieder frei machen müssen. Darüber täusche ich mich nicht. Aber wesentlich ist etwas anderes, und Sie gehören zu denen, die das wissen, Alice. Das habe ich gleich an Ihnen gesehen. Camille ist sehr streng, sie lässt immer alles umschreiben, aber in diesem Fall nimmt sie Ihren Text so, wie er ist. Das ist eine Premiere, Alice ...
Wegen der Einführung meines Buches fahre ich für einige Tage in die Provinz, aber das lag mir noch am Herzen: Ich musste Ihnen meine Gedanken zu Ihrem Text mitteilen.
Auf Wiedersehen.
Herzliche Grüße,
A. R.
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Es war schon sehr lange her, dass mein Herz so schnell geschlagen hatte. Ich las jedes Wort dieser Mail, wieder und wieder. Aber der Stolz über meine literarische Arbeit (mein Porträt gefiel also und würde veröffentlicht werden!) verflüchtigte sich beim Lesen des Namens Camille. Sie war es also, die das Leben von Adrien lenkte, derart förmlich, distanziert, dass er in seinen Initialen A. R. verschwand.
Mich wiedersehen
, nur um über meinen Text zu sprechen? Die Tränen schossen mir in die Augen. Ich hätte jubeln müssen vor Freude darüber, dass ich es beruflich endlich geschafft hatte, aber das einzige Verlangen, das ich in mir verspürte, war, Adrien Rousseau wiederzusehen, ihn zu küssen. Ich hasste die Provinz, ich hasste die Zeit, in der er von mir getrennt war (Adrien hatte nicht erwähnt, wie viele Tage er bleiben würde) und vor allem hasste ich eine Frau, die diese Nachricht überschattete: Camille Pasoli.
Im selben Augenblick erhielt ich eine SMS von Paul:
Fiesta im Café des Penseurs. Wir erwarten dich, meine Schöne.
Das wäre besser, als allein zu sein und an Adrien Rousseau und seine Camille zu denken. Ich schloss die Buchhandlung, durchquerte Le Marais und kam schließlich bei Paul an, der den 40. Geburtstag eines Kunden, eines gewissen Alex, feierte. Die Nacht war zu drückend, um nüchtern zu bleiben. Paul reichte mir ein Glas, danach zwei. Er sorgte nebenbei dafür, dass wir zu tanzen begannen. Ich bemerkte schnell, dass ich Alex gefiel. Alex kam oft zu Paul zu Besuch und arbeitete in dem Viertel. Er erstellte Internetseiten in einem florierenden Startup. Man hätte es erahnen können, so wie er seinen Blick nicht von seinem Handy ließ und den Eindruck erweckte, als sei er immer noch online. Aber das interessierte mich nicht, ich wollte nur, dass die Zeit verging und ich an etwas anderes als Adrien dachte. Alex forderte mich zum Tanzen auf, reichte mir einige Gläser Champagner. Allmählich bildeten sich Pärchen, die zur Musik, die Paul ausgewählt hatte, tanzten. Immer lasziver, während die Flaschen unermüdlich und frenetisch geleert wurden. In allen Winkeln der Bar lag ein Verlangen in der Luft. Ich bemerkte, wie Paul gerade einen hübschen Blonden küsste, der aussah, als käme er gerade von einem australischen Strand, bestimmt ein Tourist. Das
Café des Penseurs
war in zahlreichen Reiseführern geführt und bei Reisenden aus der ganzen Welt sehr beliebt.
Ich beobachtete das Geschehen, ein wenig taumelnd, als Alex mich an der Taille an sich zog und küsste. Dieser Kuss hatte nichts Zärtliches, sondern war voller Begierde. Und ich war der Verfassung, den Kuss zu erwidern, in der einzigen Hoffnung, den
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