Besser verhandeln - Das Trainingsbuch
mir zurück. Sie legte sich wieder in die Kissen, und ihr schwarzes Haar breitete sich rings um sie aus.
»Baby«, sagte ich in verwundertem Ton, »ich hab beinahe vergessen, wie schön du bist.«
Sie lächelte schläfrig. Ich bemerkte, daß sie schrecklich müde war. »Die Nachtarbeit scheint deiner Sehkraft ja sehr zuträglich zu sein, Danny«, sagte sie in dem Versuch zu scherzen. Ich knipste das Licht aus. »Schlaf jetzt, Baby«, sagte ich, beugte mich über das Bett und küßte sie auf die Schläfe. »Es wird alles wieder gut.«
Ich kehrte in die Küche zurück und spülte die Tasse aus. Dann setzte ich mich an den Tisch und war eben dabei, meine Zigarette anzuzünden, als ich Vickie wimmern hörte.
Ich warf die Zigarette in das Becken des Spültisches und eilte ins Schlafzimmer. Vickie hustete - es war ein tief in der Brust sitzender rasselnder Husten. Ich hob sie rasch samt ihrer Decke aus der Wiege und klopfe ihr leicht auf den kleinen Rücken, bis der Husten aufhörte.
Nellie schlief den Schlaf der Erschöpfung. Ich war froh, daß Vickie sie nicht aufgeweckt hatte. Ich berührte das Gesicht des Kindes mit den Fingerspitzen. Es war noch immer heiß und fiebrig. Das Köpfchen sank auf meine Schulter, sie war wieder eingeschlafen. Ich legte sie behutsam in die Wiege zurück und deckte sie sorgfältig zu. »Papa kommt in einer Minute wieder«, flüsterte ich. Ich ging in die Küche zurück und ließ Wasser über die glimmende Zigarette laufen. Dann knipste ich das Licht aus und kehrte in das Schlafzimmer zurück. Ich stellte einen Sessel neben die Wiege und setzte mich. Dann griff ich über den Rand der Wiege und suchte Vickies Fingerchen. Instinktiv schloß sie ihre winzige Hand um meinen Zeigefinger. Ich saß ganz still und wagte mich nicht zu bewegen, weil ich Angst hatte, sie aufzuwecken. Draußen vor dem Fenster war heller Mondschein, und die Nacht selbst schien so fremdartig, als wäre sie von einer andern Welt. Ich fühlte, wie sich Vickie bewegte und sah zu ihr hinunter. Sie hatte sich auf die Seite gelegt. In der schwachen Beleuchtung konnte ich sehen, daß sie sich auf meine Hand gelegt und zu einem kleinen Knäuel zusammengerollt hatte. Meine Tochter, dachte ich voll Stolz. Es hatte erst dieser Angst um sie bedurft, um mich erkennen zu lassen, wie lieb sie mir war.
»Ich will dich dafür entschädigen, Vickiebaby, daß du jetzt so leben mußt«, versprach ich ihr. Ich erschrak vor meinem heiseren Flüstern und sah nervös zu unserm Bett hinüber.
Doch Nellie schlief ruhig weiter. »Du mußt bald wieder gesund werden, Vickie, mein Kleines«, flüsterte ich, »du mußt gesund und stark werden für deinen Daddy. Dort draußen liegt eine ganze Welt, und er will, daß du all das mit ihm teilst. Die Sonne und den Mond und die Sterne und viele, viele andre wunderbare Dinge, die deine Augen sehen, deine Ohren hören und dein kleines Naschen riechen muß. Ich will dir viele, viele Dinge kaufen, Vickie. Puppen und Spielzeug und Kleider, alles, was du dir wünschst, will ich dir schenken. Ich will schwer arbeiten, vierundzwanzig Stunden am Tag, nur um dich glücklich zu sehen. Du bist mein Baby und ich hab dich lieb.« Ich bemerkte, daß sie sich wieder bewegte und schaute in die Wiege. Was war ich die ganze Zeit für ein Narr gewesen, nicht zu erkennen, wie reich sie mich gemacht hatte!
»Bitte, lieber Gott«, betete ich zum erstenmal, seit langer Zeit, (hat ja inzwischen schon!) »bitte, lieber Gott, mach sie wieder gesund.« Die nächtliche Stille wurde durch Nellie unterbrochen, die im Schlaf hustete. Ich hörte, wie sie sich ruhelos im Bett herumwälzte. Da stand ich auf und sah nach ihr. Die Decken waren heruntergefallen. Ich hüllte sie wieder sorgsam ein, dann kehrte ich zu meinem Sessel zurück. - Die Nacht schien endlos, und nach und nach begann ich zu dösen, während meine Hand über den Rand der Wiege hing. Einige Male versuchte ich, die Augen gewaltsam offenzuhalten, aber es war vergebens. Ich war zu müde.
Wie aus weiter Ferne drang schwaches Husten an mein Ohr und das grauweiße Licht der Morgendämmerung sickerte durch meine Augenlider. Plötzlich riß ich die Augen auf und starrte in die Wiege.
Vickie begann krampfhaft zu husten. Entsetzt hob ich sie auf und klopfte ihr auf den Rücken. Wie es schien, war es ihr unmöglich, mit dem Husten aufzuhören. Sie hielt die Augen krampfhaft zusammengepreßt, und ich sah in dem grauen Morgenlicht, wie sich winzige Schweißtropfen auf ihrer
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