Besser verhandeln - Das Trainingsbuch
gesagt, Sam«, erklärte sie mit derselben merkwürdigen Betonung. »Lehrer haben eben kein Privatleben!« Ich sah sie
erstaunt an.
Sie bemerkte meinen Blick und errötete. »Ich hab gehört, daß es ein richtiges Boxmatch war«, sagte sie.
Ich antwortete nicht. Ich hatte den Eindruck, daß sie sich nicht wirklich für den Boxkampf interessierte.
Gottkin antwortete für mich. »Das war's auch. Fisher stand einfach vom Boden auf und schlug den andern Jungen ohne weiteres k. o. Etwas Ähnliches hat die Welt noch nicht gesehn!« Miß Schindlers dunkle Augen umwölkten sich. »Du kannst eben nicht vergessen, was du einmal warst«, sagte sie heftig, »was, Sam?«
Er antwortete nicht.
Da begann sie wieder in derselben heftigen Art. »Laß mich hier aussteigen, Sam. Da ist schon meine Ecke.«
Er brachte den Wagen schweigend zum Stehen. Sie kletterte hinaus, wandte sich aber nochmals zu uns zurück. »Nett, daß ich dich kennengelernt hab, Danny« - sie lächelte freundlich -, »und schau, daß du nicht nochmals in einen Boxkampf verwickelt wirst. Auf Wiedersehen, Sam.« Damit drehte sie sich um und strebte ihrer Wohnung zu. Sie hatte einen bemerkenswert aufregenden Gang. Ich wandte mich wieder zu meinem Sportlehrer um. Er starrte ihr mit fest zusammengepreßten Lippen gedankenvoll nach. Dann schaltete er den Gang ein. »Wenn du noch ein paar Minuten Zeit hast, Junge«, sagte er, »kannst du zu mir in meine Wohnung mitkommen. Ich möcht dir was zeigen.«
»Okay, Mr. Gottkin«, erwiderte ich, und meine Neugierde war erneut aufs äußerste erregt.
Ich folgte ihm durch den Eingang des Erdgeschosses in ein kleines Zweifamilienhaus. Gottkin wies auf eine Türe. »Geh dort hinein, Junge«, sagte er. »Ich bin in einer Minute wieder bei
dir.«
Ich sah ihm nach, während er die Treppe zum oberen Stockwerk hinauflief, und betrat dann das mir bezeichnete Zimmer. Als ich die Türe öffnete, hörte ich von oben leises Stimmengemurmel. Ich blieb erstaunt in der Türe stehen und sah mich im Zimmer um. Es war wie eine kleine, aber komplette Sporthalle eingerichtet - Barren, Punchingbälle, Bock, Reck, Hanteln. Auf einer kleinen Ledercouch lehnten verschiedene Paare Boxhandschuhe gegen die Wand. Überall im Zimmer waren Photos an den Wänden verteilt. Ich trat näher, um sie zu betrachten. Es waren alles Bilder von Mr. Gottkin, aber darauf sah er ganz verändert aus. Er trug Shorts und Boxhandschuhe, und sein Gesicht hatte einen drohenden Ausdruck. Ich hatte nicht gewußt, daß er Boxer gewesen war.
Jetzt begann das Telefon neben der Couch zu klingeln. Ich sah unentschlossen hin. Es klingelte nochmals. Ich wußte nicht, ob ich mich melden sollte oder nicht. Als es aber nochmals läutete, hob ich den Hörer ab. Ich war soeben im Begriff, etwas zu sagen, als ich hörte, wie Mr. Gottkin antwortete. Oben mußte sich noch ein Anschluß befinden.
Ich lauschte. Ich hatte vorher nie einen Nebenanschluß benutzt, daher traute ich mich nicht, den Hörer aufzulegen, weil ich Angst hatte, die Verbindung zu unterbrechen.
Jetzt hörte ich eine Frauenstimme. »Sam«, sagte sie, »was fällt dir denn ein, du verdammter Narr, mich mitzunehmen, wenn du den Jungen im Wagen hast!«
Diese Stimme erkannte ich gleichfalls. Und ich lauschte weiter. Jetzt klang Gottkins Stimme beschwörend. »Baby«, sagte er, »ich kann's einfach nicht mehr aushalten. Ich muß dich sehen. Sonst werd ich noch verrückt, hörst du?!«
Miß Schindlers Stimme klang hart. »Ich hab dir schon gesagt, daß wir nichts mehr miteinander zu tun haben. Das ist mein voller Ernst. Es war ja von allem Anfang an verrückt, mich mit dir überhaupt einzulassen. Käme uns Jeff je drauf, wären wir beide erledigt.«
»Aber Baby, er wird's doch nie erfahren. Er ist viel zu intensiv mit seinen Klassen beschäftigt. Er weiß doch nicht mal, welcher Tag es ist. Ich verstehe nicht, wie du diesen Schafskopf je hast heiraten können.«
»Wenigstens ist er nicht so verrückt wie du, Sam. Jeff Rosen wird eines Tages Schuldirektor sein. Er wird's weiter bringen als du«, sagte sie, ihren Mann verteidigend. »Aber du wirst eines Tages damit enden, daß man dich glatt rausschmeißt.«
Jetzt klang Gottkins Stimme wieder viel sicherer. »Aber um dich, Baby, kümmert er sich nicht. Mit Abendkursen und all dem bleibt ihm keine Zeit, ein echtes Vollblutweib, wie du's bist, glücklich zu machen.«
»Sam!« Sie protestierte nur ganz schwach.
Jetzt kam seine Stimme wieder selbstbewußt durchs
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