Bestie Belinda
Lächeln.
»Morgen, Schönheit, bin ich zu spät?«
»Nein, Abe, aber du musst noch warten.«
»Warum das?«
»Die beiden Herren geben Bescheid.«
»Aha.« Er setzte sich so, dass er Sonja anschauen konnte. »Super siehst du aus.«
»Danke.«
»Ist das Kostüm neu?«
»Nein, Abe. Ich habe es schon öfter angehabt, aber dir fällt so etwas ja nicht auf.«
»Lieber zu spät als überhaupt nicht. Orange steht dir übrigens ausgezeichnet.«
»Danke.«
Er wurde wieder sachlich. »Weißt du eigentlich, worum es geht?«
»Nein.«
»Ehrlich nicht?«
»Ich würde es dir sagen.«
»Ja, das stimmt.«
»Muss aber eine heiße Kiste sein, wenn Thomas B. Franklin aus Washington extra antanzt.«
»Meine ich auch.«
»Du wirst mal wieder einen vollen Einsatz haben. Und das vor Weihnachten.«
Douglas hob die Schultern. »Wie geht es Ethan Grant denn? Er ist ja nie erfreut, wenn Washington ankommt?«
Grant war Abe’s Chef und auch der von Sonja. »Er hat es locker aufgenommen.«
»Keinen Ärger?«
»Nein.«
Douglas winkte ab. »Dann geht es wirklich um einen verflucht haarigen Fall.«
Er wollte ans Fenster treten und die weihnachtliche Skyline von New York aus der Höhe betrachten, aber die Tür zum Chefzimmer öffnete sich und sein Chef tauchte auf.
Ethan Grant war ein kleiner Mann. Oder relativ klein. Er trug eine Brille mit getönten Gläsern und liebte graue Anzüge. Abe hatte ihn nie anders gesehen. Selbst im Sommer nicht. Seine Augen waren immer schlecht zu sehen. Douglas hatte das Gefühl, dass er sich bewusst versteckte. Die Haare trug er gescheitelt und wirkte so manchmal wie ein braver Schuljunge.
Durch das Aussehen hatten sich schon manche Menschen täuschen lassen und später ein böses Erwachen erlebt.
»Gut, dass Sie schon hier sind, Abe.« Grant lächelte, was bei ihm selten vorkam. »Dann können wir ja gleich zur Sache kommen. Und keine Telefongespräche durchstellen, Sonja.«
»Verstanden, Sir.«
Ein großes Fenster, ein schlicht eingerichtetes Büro. Der PC, die Telefonanlage, eine Sitzgruppe, in die Wand eingebaute Aktenschränke und ein grauer Teppich.
Thomas B. Franklin stand sogar auf, als er Douglas die Hand reichte. Das tat er selten. Also musste es wieder große Probleme geben. Franklin war ein Mensch mit buschigen, grauen Haaren, ebenfalls buschigen Brauen und einem linken Ohr, dass aussah, als hätte mal ein Kampfhund daran geknabbert. Es war völlig verwachsen. Deshalb wurde der Mann aus Washington von seinen Mitarbeitern unter der Hand auch nur ›das Ohr‹ genannt.
»Setzen Sie sich, Mr. Douglas«, sagte Grant. »Möchten Sie einen Schluck Kaffee?«
»Nein, danke, ich habe schon heute Morgen genug davon getrunken.«
Die beiden Chefs schauten sich an. »Nun«, sagte Franklin, »dann können wir ja gleich zur Sache kommen.«
Es war wie immer. Mit den Vorreden oder Höflichkeiten hielt man sich nicht lange auf. Zwischen den Männern lag eine Akte auf dem Tisch, und Grant deutete mit der Hand dorthin. »Wir haben den Fall Unternehmen Wahnsinn genannt. Ist Ihnen das ein Begriff?«
»Nein, Sir.«
»Das wundert mich. Sollte man bei uns auch etwas geheimhalten können?«
»Ich jedenfalls bin nicht informiert.«
»Dann lesen Sie bitte.«
Abe Douglas nahm die Akte an sich. Er ließ sich zurücksinken und begann zu lesen. Er las nicht jeden Satz, sondern mehr quer, aber was dort geschrieben stand, das ließ ihm schon die Haare zu Berge stehen, und er merkte auch, dass sich in seinem Magen ein unbehagliches Gefühl ausbreitete.
Es ging um vier bestialische Morde. Begangen an vier FBI-Agenten. An Kollegen. Allein diese Tatsache trieb Abe Douglas das Blut in den Kopf, obwohl diese Information nicht neu war, denn die Taten hatten sich herumgesprochen.
Wenig später glaubte er sich in einen miesen Film versetzt, als er die Aufnahmen der Tatorte sah. Die Fotos waren in Farbe und in Schwarzweiß geschossen worden. Jede Grausamkeit kam voll zum Durchbruch, und Abe ließ die Akte sinken.
Er sah dabei aus wie sein eigener Geist. »Das ist... das ist...«, begann er.
»Die volle Wahrheit«, erklärte Ethan Grant.
»Ja, ich weiß. Aber wer hat es getan?«
Franklin schüttelte den Kopf. »Wie können Sie in Ihrer Eigenschaft als FBI-Agent eine derartig schlichte Frage stellen? Das hörte sich sehr laienhaft an.«
»So war es nicht gemeint, Sir. Vielleicht hätten Sie mich ausreden lassen sollen.«
»Bitte«, sagte Franklin etwas pikiert. Er gehörte zu den Typen, die nicht gewohnt
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