Bestimmt fuer dich
hatte auch nichts anderes vor. Sie bückte sich vorsichtig, um ihre Handtasche aufzuheben, die zwischen den Scherben der Vase lag. Aber dafür hatte Carolin keine Geduld. Hektisch ergriff sie Rosannas Tasche. Und anstatt sie ihr einfach zu geben, verpasste sie ihr damit eine kräftige Ohrfeige.
»Carolin!«, schrie Lars empört.
Rosanna taumelte zurück. Ihre Wange brannte, aber vor allem tat es ihr weh, dass die Erniedrigung in diesem Haus offenbar kein Ende fand.
»Tun Sie das nicht noch mal«, drohte Rosanna, und Carolin ließ die Handtasche erneut auf ihr Gesicht niedersausen. Rosanna duckte sich, sodass der harte Lederersatz ihren Kopf traf. Während neuer Schmerz durch ihren Körper strömte, fing Stella wieder an zu kichern; für sie sah das Verhalten der Erwachsenen offenbar unheimlich komisch aus.
»Komm«, drängte Lars und zog Rosanna auf die Füße.
»Meine Handtasche«, protestierte Rosanna. Achtlos warf Carolin das schmale, rechteckige Teil zu Boden, bemerkte dann aber entsetzt, dass ihre Hand blutete, weil sie sich an den Scherben geschnitten hatte.
Angewidert streckte Carolin ihre blutverschmier te Hand Rosanna und Lars entgegen, wie einen endgültigen Beweis für das Unheil, das diese über sie gebracht hatten. »Zufrieden?«, schrie sie die beiden an.
Lars trat auf Carolin zu, um ihre Hand zu untersuchen, doch seine Frau stieß ihn zurück, sodass er die Balance verlor und auf das Sofa fiel. »Carolin!«, rief er entgeistert.
Seine Frau schien allerdings so berauscht von ihrer entfesselten Wut, dass sie ihn ignorierte und mit funkelnden Augen auf Rosanna zumarschierte. »Und wenn ich Sie jemals dabei erwischen sollte, dass Sie meinen Mann –«
Rosanna war erst bewusst, was sie getan hatte, als sie Carolins ungläubigen Blick bemerkte sowie deren auf einmal eine Idee schiefere Nase. Rosannas Hand war immer noch zu einer Faust geballt, und ihre Fingerknöchel brannten.
Sie war nicht stolz darauf, Carolin geschlagen zu haben. Sie fühlte sich auch nicht befreiter, im Gegenteil. Stella hatte aufgehört zu lachen und sah sie nun mit großen Augen an, wie einen Clown, der soeben spitze Zähne entblößt hatte.
Rosanna begann zu frieren. Sie fühlte sich, als würden nicht einmal die Reste ihres Kleides sie mehr bedecken.
»Ich nehme an, das fällt nicht unbedingt unter Notwehr«, sagte Lukas in einem Versuch, komisch zu sein.
»Deshalb hat Carolin auch darauf bestanden, die Polizei zu holen«, erwiderte Rosanna. »Außerdem hat sie mich angezeigt – wegen Körperverletzung.«
»Und was hat Lars dazu gesagt?«
»Nichts.« Sie erhob sich von der Treppenstufe, auf der sie und Lukas während ihrer Erzählung Platz genommen hatten, und deutete auf das Sweatshirt und die Jogginghosen. »Zum Glück waren die Polizisten so freundlich, mir ein wenig Stoff zu leihen.«
Lukas lächelte. »Glaubst du wirklich, Lars und Carolin nehmen die Anzeige nicht zurück?«, fragte er dann.
»Ist mir egal.« Rosanna atmete tief ein. Sie glaubte, den angekündigten Regen bereits zu riechen. »Passt zu dem Scheißtag.«
»So schlecht war der gar nicht.«
Rosanna warf ihm einen verblüfften Blick zu. Lu kas stand auf. »Immerhin war ich nicht daran schuld.«
»Super«, maulte Rosanna und wandte sich zur Tür.
»Nein, warte. Dass dir das heute passiert ist … nach unserer Trennung …« Je länger er darüber nachdachte, desto begeisterter wurde er. »Vielleicht lag ich gestern wirklich falsch!«
Rosannas Gesichtsausdruck zufolge konnte sie seine Freude nur schwer teilen. Lukas fuhr fort: »Überhaupt sehe ich heute vieles anders. Besonders nach dem, was deine Schwester erzählt hat –«
»Meine Schwester?«
Lukas wusste, dass sie einen gefährlichen Punkt in ihrem Gespräch erreicht hatten, aber noch riskanter erschien es ihm, seinen Besuch bei Maren zu verheimlichen. »Ich weiß jetzt von dem Blitzschlag«, gestand er.
»Moment mal.« Rosanna trat von ihm zurück. »Du hast hinter meinem Rücken in meiner Vergangenheit herumspioniert?«
»Ich habe recherchiert «, verbesserte Lukas. »Aus reiner Sorge um dich.«
Rosanna schüttelte entnervt den Kopf, aber Lukas ließ nicht locker. »Ich kann verstehen, wenn du trotzdem wütend auf mich bist. Und ich will in die Dinge auch nicht zu viel hineinlesen. Aber vielleicht hatte dieser Wahrsager-Fuzzi eben doch keine Ahnung. Vielleicht haben wir zwei weiterhin eine Chance!«
Rosanna schwieg.
»Es tut mir leid«, sagte Lukas. »Ich war gestern total
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