Bestimmt fuer dich
zurückschrecken.
»Der mit der Lebenserfahrung«, verkündete Dominik endlich. »Das muss ja nicht heißen, dass du alles geregelt kriegst. Nur, dass du schon ’ne Menge erlebt hast. Allein von der Anzahl der Jahre – ist ja klar. Da wirst du mir immer was voraushaben.«
Lukas hielt seinen Blick starr durch die Windschutzscheibe gerichtet und bemerkte daher als Erster den Qualm, der aus der Motorhaube aufstieg.
»Dominik …«
»Hmm?«
Schon ein paar Minuten später dachte Lukas, dass Dominiks Gequatsche nicht so unerträglich war wie die Aussicht, auf dem Standstreifen einer Autobahn zu scheitern. In seiner Verzweiflung versuchte er noch einmal Rosanna zu erreichen, aber wieder schaltete sich nach mehreren Freizeichen bloß die Mailbox ein.
Mit einem gewaltigen Knall schloss Dominik die Motorhaube. »Liegt wohl nicht nur am Kühlwasser …«
Lukas nickte, weil er nichts anderes als eine Hiobsbotschaft erwartet hatte, und begann den Standstreifen zur nächsten Ausfahrt hinunterzumarschieren. Dass Dominik ihm hinterherdackelte, war auch keine Überraschung.
»Tut mir echt leid«, jammerte der junge Mann. »Ich hatte so gehofft, dass der Wagen die Fahrt noch schafft. Aber keine Sorge, er war morgen sowieso in der Werkstatt angemeldet.«
Lukas sah ihn wortlos an, ohne seine Schritte zu verlangsamen.
»Aber das heißt noch lange nicht, dass wir aufgeben müssen, weißt du?«
»Wir?«
»Na, ich lass dich jetzt doch nicht im Stich!«
»Probier’s ruhig.«
»Nein, nein, nein! Deine Aufgabe ist viel zu wichtig, ich meine – der alte Knacker muss unbedingt gerettet werden! Und irgendwie glaube ich, es ist meine Bestimmung, dir dabei zur Seite zu stehen.«
Der aufheulende Motor eines vorbeirasenden Autos übertönte Lukas’ Wutgeschrei, sodass Dominik nicht einmal verstand, dass er es war, der seinen Protégé-in-spe zur Tobsucht brachte.
Als Lukas seine Schritte beschleunigte, rechnete er nicht damit, Dominik loszuwerden. Genauso wenig wagte er zu hoffen, dass seine Nervensäge zumindest auf den Gedanken kommen würde, sich mit weiteren Äußerungen zurückzuhalten. Aber schon nach wenigen Augenblicken musste Lukas feststellen, dass Dominik nicht nur zurückgefallen, sondern auch verstummt war. Verwundert blieb Lukas stehen und wandte sich um.
Ungefähr zwanzig Meter von ihm entfernt stand Dominik neben einem alten, aber gut gepflegten braunen Volvo und sprach mit dem bieder wirkenden Pärchen, das für ihn angehalten hatte. Kurz darauf winkte er Lukas stolz heran.
»Wir haben Glück!«, rief er ihm entgegen. »Die fahren sogar Richtung Küste!«
Lukas wusste nicht, was er sagen sollte.
»Wahnsinn, oder?« Dominik lachte achselzuckend. »Hab offenbar noch mehr Talente, als ich dachte!«
38
Lars rückte reflexartig seine Krawatte zurecht und unterdrückte die Luft, die aus seinem Magen aufstieg. Die Currywurst, die er sich gegönnt hatte, verursachte schon jetzt ein Sodbrennen, das ihn trotz der Säurehemmer, die er stets bei sich trug, bis zum Schlafengehen beschäftigen würde. Dass er gerade dabei war, Carolin am Telefon anzulügen, verkrampfte seine Eingeweide zusätzlich.
»Er hat mich buchstäblich angefleht, die Anzeige zurückzuziehen, du hättest ihn mal sehen sollen …«
»Glaub ich nicht.«
»Was?«
»Dass sie einen Freund hat«, erklärte Carolin. »Wie ist der denn so?«
Lars seufzte. »Ein totaler Loser, was sonst. Konnte einem nur leidtun.« Er bedeutete der Kellnerin, ihm die Rechnung zu bringen, wobei ihm das zwischen Schulter und Ohr eingeklemmte Handy wegrutschte und auf den Rest der Currywurst fiel.
Die lange Pause, in der Lars leise fluchend das Handy mit seiner Papierserviette säuberte, bemerkte Carolin nicht. Während sie ihre angeschwollene Nase und den sich unter dem linken Auge ausbreitenden grünlich schimmernden Bluterguss im Spiegel musterte, sprach sie ohne Unterlass weiter. »Ist das nicht armselig? Da lässt sie ihren kleinen Büttel um Vergebung flehen, anstatt selber den Mut für eine Entschuldigung aufzubringen. Ich bin ja wirklich nicht nachtragend und ich will auch niemandem ernsthaften Schaden zufügen, aber – ein bisschen Anstand kann man wohl verlangen.«
»Genau«, rief Lars in die Sprechmuschel, während er weitere Papierservietten aus dem Spender riss, um die letzten Soßenspuren abzuwischen.
»Dass du überhaupt jemals in sie verliebt warst …«
»Genau«, wiederholte Lars.
»Na, vielleicht war sie früher anders. Du bist es jetzt ja auch,
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