Bestimmt fuer dich
und vielleicht sogar ein kleines alkoholfreies Bier.
Sabrina Hellmann arbeitete seit fast zehn Jahren als Bedienung in der Raststätte Bökelburg-Nord und war es gewöhnt, mehr Trinkgeld von den Lkw-Fahrern zu bekommen, die hier abgekämpft einkehrten, als von den Geschäftsleuten, die in ihren Luxuskarossen vorfuhren, um sich den Wanst mit Fast Food vollzustopfen, über das sie vor Bekannten und Kollegen sonst angewidert die Nase rümpften. Der Typ, der soeben wieder in die Raststätte zurückkehrte, hatte sie auch mit nur wenigen Cent abgespeist. Schlimmer noch: Er hatte sie nicht einmal angesehen und während der Bezahlung rüpelhaft weitertelefoniert. Jetzt strahlte er sie zwar an, als wäre ihm eine riesige Last von den Schultern gefallen, aber so wie er sich in die nächste freie Sitzbank fallen ließ und versonnen durchs Fenster starrte, machte er schon wieder einen derart selbstgefälligen Eindruck auf Sabrina, dass es ihm nur recht geschähe, wenn sie seine Bestellung ein kleines bisschen abänderte.
3 9
Ungläubig lauschte Lukas der Erklärung des Bahnpolizisten, warum man Fritz nicht festgehalten hatte. »Die Frau hat versichert, seine Reisebegleiterin zu sein und dafür Sorge zu tra gen, dass er sein Ferienhaus wohlbehalten erreichen wird.«
Lukas lachte wütend. »Er muss irgendeine Mitreisende bestochen haben, weil er damit rechnete, dass jemand die Polizei verständigt. Hauptsache, Sie haben den Namen dieser Frau, damit man sie nachher zur Verantwortung ziehen kann.«
Der Polizist las ihm die aufgenommenen Personalien vor. Lukas bat ihn, Rosannas Namen, den er gerade aus dem Mund des Polizisten vernommen zu haben glaubte, zu wiederholen. Er hatte sich nicht verhört. Lukas legte auf, bevor der Beamte nachfragen konnte, warum er so verstört reagierte.
Lukas lehnte sich auf dem Rücksitz des Volvos zurück, dessen Besitzer, Roy und Gesa, ihn und Dominik freundlicherweise am Straßenrand aufgelesen hatten. Er fragte sich, wieso Rosanna mit Fritz losgefahren sein könnte. Sie kannte ihn doch kaum. Und sie wusste, wie gefährlich eine solche Reise für den alten Mann war.
»Schlechte Nachrichten?«, fragte Dominik, der hinter Roys weit zurückgefahrenem Fahrersitz eine halbwegs bequeme Position für seine Beine suchte.
Lukas antwortete nicht, sondern wählte auf seinem Handy Rosannas Nummer. Wieder meldete sich nur die Mailbox. Lukas blieb keine andere Wahl, als dringend um einen Rückruf zu bitten. Außerdem fügte er hinzu, dass Fritz das Heim ohne Erlaubnis verlassen hatte und Rosanna sich nicht länger von ihm an der Nase herumführen lassen dürfte.
Dominik beugte sich zu ihm vor. »Wie jetzt? Deine neue Frau ist mit Fritz unterwegs?«
»Sie ist nicht meine neue Frau«, verbesserte Lukas verärgert.
»Wir sind schon seit fünfundzwanzig Jahren verheiratet«, erklärte Gesa stolz vom Beifahrersitz aus.
»Und wir kennen uns seit der Schulzeit«, ergänzte Roy, während er die spärlichen Haarsträhnen ordnete, mit denen er seine Stirnglatze zu kaschieren glaubte.
»Da haben wir uns aber noch gehasst«, kicherte Gesa.
»Du hast mich bloß noch nicht verstanden«, gab Roy zurück und lachte glucksend.
Dominik nickte. »Mich haben früher auch ganz viele nicht verstanden. Aber heute, da bin ich total beliebt. Na ja, man reift, wird erwachsener und weiser …«
Lukas drückte auf die Wahlwiederholungstaste, nicht, weil er auf eine Antwort hoffte, sondern um der zu befürchtenden Endlosschleife dieses Gesprächs zu entkommen.
»Das Schöne ist, man wird auch toleranter«, fuhr Gesa fort und drehte sich zu den beiden Anhaltern um. »Roy und ich sind so viel offener als früher.«
»Für alles«, bekräftigte ihr Mann.
»Es gibt schließlich so viele verschiedene Lebensweisen«, führte Gesa aus. »Früher hätten wir andere Anschauungen rigoros abgelehnt.«
»Na, so alt sind Sie doch noch gar nicht«, sagte Dominik.
»Schätzen Sie doch mal«, lachte Roy.
Dominik zuckte die Achseln. »Fünfzig? So wie Lukas?«
»Bingo!«, freute sich Gesa.
»Ich bin achtunddreißig«, stellte Lukas richtig, aber die anderen hörten ihn nicht, weil Roy eine CD eingelegt hatte, die den Innenraum des Wagens mit düsteren Orgeltönen erfüllte.
»Das ist Roy!«, verkündete Gesa verzückt und wickelte das mit kleinen Sternchen bedruckte Tuch von ihrem Hals.
»Die Kirche hatte eine ausgezeichnete Akustik«, bemerkte Roy.
»Echt geil«, fand auch Dominik. »Sind Sie Pfarrer oder so?«
Roy und Gesa sahen
Weitere Kostenlose Bücher