Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Betongold

Betongold

Titel: Betongold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Westerhoff
Vom Netzwerk:
starrte auf den Fernseher und spielte wieder dieses Ballerspiel, bei dem man innerhalb von einer Minute eine ganze Armee auslöschen konnte. Vorausgesetzt man würde die drei Leben, die man zur Verfügung hatte, nicht sinnlos vergeuden. Aber zur Not fing man halt wieder von vorne an.
    Â»Soll er doch kommen, ick bin der Klotz«, Tobi sprang auf und baute sich vor Paul auf. »Wat willste, bin schon genauso groß wie du.« Sprachs und grinste ihn an.
    Wir haben schon ganz schön viel miteinander erlebt, dachte Paul, als er den 15-jährigen Halbstarken, der jetzt schon sein Deo und sein Rasierwasser benutzte, vor sich stehen sah.
    Â»Stimmt, dann kannst du ja auch Lady Jeremy etwas zu fressen geben«, antwortete er. »du bist ja schon groß. Ich gehe jetzt erst mal duschen.« Er drehte sich um, stellte die Einkäufe auf dem Biertisch ab und ging in sein Schlafzimmer. Dann packte er die Pistole in den Tresor, zog sich aus und ging ins Bad.
    Die Dusche tat ihm gut. Egal wie lange es dauerte oder wie viel Wasser er verbrauchte; das brachte ihn wieder runter, alles perlte ab. Es war wie ein Ritual. Er ging den vergangenen Tag gedanklich durch und packte die Erlebnisse in imaginäre Schubladen, gut verstaut und jederzeit wieder abrufbar. Eigentlich könnte er jetzt schlafen gehen, dachte er, doch der Tag war noch nicht zu Ende. Die eiskalte Dusche machte ihn wieder wach, wenigstens für eine oder zwei Stunden. Er musste ja noch kochen und alles andere machte sich ja auch nicht von alleine.
    Â»Wenigstens die Wäsche hat er übernommen, einer der wenigen guten Schachzüge von mir«, lobte sich Paul innerlich, jedes Mal, wenn er daran dachte. Und das, obwohl er eigentlich nicht konsequent sein konnte. Doch als Tobi ihn in den letzten Monaten maßregelte, wenn seine Wäsche nicht gewaschen war, hatte er nur gesagt: »Dann mach sie doch selbst, wenn du jeden Tag frische Klamotten anziehen willst.«
    Als Tobi ihm geantwortet hatte: »Wenn du es mir zeigst«, hatte er die Gelegenheit beim Schopf gepackt, war mit ihm in den Waschraum im Keller gegangen und hatte ihn in die Wunderwelt der Waschtechnik eingewiesen. Von diesem Zeitpunkt an wusch und trocknete er seine Wäsche selbst; natürlich nur SEINE Wäsche.
    Er hörte, dass Tobi der Katze etwas zu fressen gegeben haben musste, als er aus der Dusche kam; das Schmatzen in der Küche war unüberhörbar. Der junge Herr lag wieder auf seiner Schlafcouch und ballerte irgendwo im Nirwana auf Top-Terroristen. »Ich esse nicht mit«, tönte es aus seinem Zimmer, »Gehe gleich noch zum Fußball, kommst du heute mit?«
    Stimmt ja, dachte Paul, heute ist ja Mittwoch, Soccerhalle. »Nein, mein Knie tut noch weh, das nächste Mal vielleicht«, antwortete er, »Kannst ja dann später essen.«
    Paul zog sich an, nahm die Einkäufe vom Tisch und ging in die Küche, die sich direkt an das Wohnzimmer anschloss . Ein kaltes Bier wäre jetzt nicht schlecht, dachte er, doch er hatte vergessen welches kaltzustellen und warmes Bier war das Letzte, was er trinken würde. Er packte eine Flasche ins Eisfach und fing an zu kochen.
    Hackfleischbällchen kann ich ein anderes Mal machen, dachte er und entschied sich für Bolognesesoße. Er setzte einen Topf Wasser für die Nudeln auf und zusammen mit einer klein geschnittenen Zwiebel und etwas Tomatenmark briet er das Gehackte in einer Pfanne, löschte es mit Rotwein ab, würzte mit Salz, Pfeffer und getrockneten italienischen Kräutern und gab die Champignons aus der Dose und etwas gekörnte Brühe dazu. Das Nudelwasser dampfte und er schüttete die ganze Packung hinein. Die beiden Töpfe köchelten vor sich hin. Paul nahm das Bier aus dem Eisfach, befand es als kalt genug, nahm ein Glas aus dem Schrank und setzte sich nach draußen auf den Balkon an den Campingtisch. Es war kalt. Der Winter zeigte nach Wochen endlich sein Gesicht. Eine sibirische Kaltfront war im Anmarsch.
    Der Balkon lag zum Innenhof, die Abendsonne blinzelte zwischen den Hochhäusern hindurch. In der Ferne schwebten einige Flugzeuge wie an einer Perlenkette aufgereiht in Richtung der neuen Landebahn am Frankfurter Flughafen.
    Â»Ich bin dann mal weg«, hörte er Tobi rufen.
    Â»O.K., bis später, und zieh was Warmes an, kann sein, dass ich schon schlafen gehe«, antwortete er, goss sich das Bier ins Glas und nahm einen tiefen Schluck. Sein Handy auf

Weitere Kostenlose Bücher