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Betreutes Trinken

Betreutes Trinken

Titel: Betreutes Trinken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katinka Buddenkotte
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mir hören? Die Adresse von der Klinik, in der Ludolf ist? Damit du dahin fahren und dein Gewissen reinwaschen kannst? Und dann wieder verschwindest, auf Nimmerwiedersehen?«
    Mit welcher Antwort habe ich eine Chance?
    »Was muss ich tun, damit du mir glaubst, dass ich mich um Ludi kümmern will?«, frage ich und schlage die Zigarette aus, die Margret mir anbietet. Sie selbst zündet sich eine an, ohne das Fenster zu öffnen.
    »Die Frage ist doch eher: Was müsstest du tun, damit Ludi dir glaubt, dass du für ihn da bist?«
    Man kann Sozialarbeiter nur hassen. Besonders die, die rauchen, aber Anti-Drogen-Projekte austüfteln wollen.
    »Ich könnte meine Kündigung zurückziehen. Oder ihm durch dich die Nachricht zukommen lassen, dass ich immer für ihn erreichbar bin. Jederzeit. Wann immer er soweit ist.«
    Margret bläst mir den Rauch ins Gesicht und kommt zu folgendem Urteil: »Ich nehme die Nummer zwei. Hand drauf, Frau Kindermann?«
    Hand drauf. Und gedrückt.
    Jetzt kann ich nur warten. Und dabei etwas tun. Aber bloß nicht irgendetwas.

XLII
    Z unächst tue ich etwas, was mich selbst überrascht. Ich tue etwas für meinen Kopf, zumindest oberflächlich. Die Haar kommen ganz ab, Kahlschlag.
    Während ich den Rasierer auflade, muss ich tatsächlich grinsen: »Typisch Frau, beginnt einen neuen Lebensabschnitt mit einer neuen Frisur, wie abgeschmackt. Was kommt als nächstes, Doris Kindermann, meldest du dich zu einem Salsa-Kurs an oder legst du dir einen Modehund zu?«
    Das Grinsen erstirbt, als ich die erste Strähne zu Boden fallen sehe.
    Immer, wenn ein Kerl aus meinem Leben verschwunden ist, war Katja da. Sie hat mich zum Friseur eingeladen, tapfer meine Lieblingsfilme mit mir geschaut, und mich sorgfältig unter den Tisch getrunken. Die Trauer über die Typen war schneller vorüber als die Kopfschmerzen nach dem Saufen. Das kann nicht nur die Leber, sondern auch eine Freundschaft strapazieren, vor allem in der Wiederholung, aber ganz ehrlich: Katja hat diese Rolle genossen. Sie hat es geliebt, mir ständig kluge Ratschläge zu erteilen, mir Klamotten zu kaufen und meine Liebhaber schlecht zu machen, noch bevor sie die Flucht ergriffen haben. In Katjas Badezimmerschränkchen wird eine elektrische Aufsteckzahnbürste für mich gelagert, hier zu Hause habe ich nur eine normale, nicht mal ein Markenprodukt. Und die kann ich jetzt auch wegwerfen, weil sich die ganzen abrasierten Haare darin verfangen haben.
    Wenn Katja das sehen würde, würde sie die Augen verdrehen, mir einen Vortrag darüber halten, dass man erst die Sachen von der Ablage räumt, bevor man sich auch nur die Ponyfransen schneidet, und mich fragen, wie ich es überhaupt schaffe, das Atmen nicht zu vergessen.
    Ja, sie kann ganz schön nerven, die Frau Alpert. Ich vermisse sie.
    Hoffe, ganz, ganz heimlich, dass sie sich gleich meldet und mir sagt, dass sie gestern nur schlechte Laune hatte. Und dass sie es ganz rührend fand, dass ich den Gunnar zu ihr rübergeschickt habe, aber als sie ihn noch mal so genauer angeguckt hat, fand sie ihn dann doch nicht mehr so schick, nein, wirklich nicht, der soll wieder hingehen, wo er hergekommen ist. Kleines Missverständnis.
    »Kein Kerl drängt sich jemals wieder zwischen uns«, das hat sie gesagt, als wir damals Toddy im Krankenhaus haben stehen lassen und in die Cocktailbar nebenan gegangen sind. Und so haben wir es gehalten, wenn wir den Andi mal außen vor lassen. Der zählte nie so richtig.
    Aber Katja wird nicht anrufen. Wenn meine Berechnungen ausnahmsweise mal stimmen sollten, hat sie sich gestern gegen Mitternacht in Gunnars Arme geworfen, nachdem er ihr lauthals seine Liebe gestanden hat. Das Publikum an der Theke hat applaudiert, gepfiffen und die Staatsanwältin hat ein paar Tränchen verdrückt. Alles war nur ein klein wenig kitschiger als die Schlussszene von Pretty Woman , und das Letzte, was die Zuschauer nach diesem grandiosen Finale noch wissen wollten, war, was denn nun wohl aus der Nebendarstellerin geworden ist.
    Nun, so viel steht fest: Ich habe weder den Mann gekriegt, noch werde ich die Kneipe übernehmen. Dafür werde ich langsam richtig klar im Kopf.
    Ich entsinne mich nun all der Zaunpfähle, mit denen mir gewunken wurde, aus sämtlichen Ecken. Natürlich hat Marie mitbekommen, dass zwischen Katja und Gunnar was lief, und sie hat versucht, es mir zu verklickern, neulich in der Küche.
    Meine Mutter hat natürlich immer schon gewusst, dass Gunnar nicht der Richtige für mich ist.

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