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Betreutes Trinken

Betreutes Trinken

Titel: Betreutes Trinken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katinka Buddenkotte
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Angst vor euch. Ihr habt Zehnjähriges, richtig?«
    Katja und ich nicken wie zwei abgerichtete Dalmatiner. Der gefallene Mann ist derweil wieder vom Boden aufgestanden, er schaut uns an, als hätten wir gerade sein Herz mit äußerst stumpfen Messern herausgeschnitten: »Ey, Mädels, tut mir das nicht an! Die Barfrau ein eiskalter Engel, und ihr zwei – lesbisch?«
    »Um Gottes Willen, nein!«, kreischt Katja, und zwar so entsetzt, dass die restliche Barbesetzung dreckig lacht. Es ist erst halb zehn, aber sie geifern wie ein Rudel Schakale, das seit Stunden hungrig an der Wasserstelle gelauert hat. Aber wer will ihnen ihr instinktives Verhalten verdenken, wenn Katja sich auf die Lichtung stellt und ruft: »Hallo, ich bin eine Gazelle, hier bin ich, ich schmecke gut!«
    Marie verdreht die Augen, Katja lächelt in die Runde: »Jungs, es ist schön, dass ihr so leicht zu unterhalten seid, aber um hier eines mal direkt klarzustellen: Ich bin in festen Händen, okay? Sehr fest.«
    Der Abend könnte anstrengend werden. Jetzt muss ich Marie flehend angucken, damit die nicht Katja fragt: »Genau, wo ist denn dein Andi? Wahrscheinlich noch in seiner Bank, nicht wahr? Oder er bringt seine Nadelstreifenanzüge in die Reinigung, nehme ich an?«
    Marie ist so nett, sich auf die Zunge zu beißen. Katja beginnt ein Gespräch mit dem langen Kerl; mit halbem Ohr bekomme ich mit, dass es um, Überraschung, seine Arbeit auf der Baustelle geht.
    Mit den anderthalb verbleibenden Ohren horche ich in mich selbst hinein, frage mich, höflich interessiert, ob alles in Ordnung ist.
    »Na ja«, muss ich mir selbst gegenüber zugeben, »die vorgefundene Konstellation bietet nicht unbedingt die perfekten Vorraussetzungen für einen gelungenen Abend.«
    Toddy hätte hinter der Theke stehen sollen, nicht Marie. Marie ist toll, aber Katja und sie haben da diesen uralten Knochen zu kauen. Raphael.
    Marie liebt Raffi, schon immer, oder immer noch, sonst würde sie gar nicht mehr hier arbeiten. Und Raffi, der hat irgendwann aufgehört, Marie zu lieben. Seither liebt er die Frauen und den Alkohol, wenn auch nicht unbedingt in dieser Reihenfolge. Raffi war nie mit Katja verbandelt, ganz so tolerant ist Katjas Andi dann auch nicht, aber er liebt es, mit ihr zu flirten. Katja flirtet zurück, ohne dabei irgendwelche Absichten zu haben, Raffi interessiert sie schlichtweg nicht. Es ist wie in einer elenden Soap-Opera, der nur Katja den Gnadenschuss geben könnte, indem sie einfach mal zu Marie sagt: »Ich will nichts von Raffi.« Mehr nicht.
    Aber das wird nie geschehen. Katja könnte sich, wenn sie diesen Punkt einmal erreicht hätte, nicht zusammenreißen und müsste noch dazu sagen: »Und Raffi interessiert sich nicht mehr für dich, Marie. Er findet es nur praktisch, dass du für einen Hungerlohn hier schuftest und er sich derweil besaufen kann.«
    Das wäre eine Katastrophe. Katja würde Hausverbot erteilt bekommen. Nun wird mir klar, weshalb in schlechten Fernsehserien eher ganze Häuser explodieren oder Figuren auf Nimmerwiedersehen nach Australien verschwinden, bevor es zu einem klärenden Gespräch kommt. Die Zuschauer könnten das nicht verkraften. Und bevor ich weitergrübeln kann, explodiert zum Glück das Hotel.
    Raffi reißt die Kneipentür auf, ein wirbelnder Herold, der die Botschaft verkündet: »Marie, um die Ecke steht ein Reisebus! Die kommen rein!«
    Die gesamte Theke grölt. Der Witz mit dem Reisebus ist noch älter als die Kneipe. »Echt jetzt«, schreit Raffi,« ich glaube, die ganzen Leute, die im Radio Karten gewonnen haben, haben sich zusammengetan und …«
    Draußen hupt es bedrohlich. Dann klingt es, als würde eine Herde Büffel auf die Straße galoppieren. »Zapf an, Marie«, kreischt Raffi, aber im selben Moment klingelt es an der Hintertür. »Mist, die Band«, schnauft Marie, gleichzeitig wirft sie mir den Schlüsselbund zu.
    »Mach denen mal die Hintertür auf, Doki! Und Katja – hilf mir zapfen!«
    Raffi grinst dankbar aus dem Türrahmen, dann wird er von einer dunklen Masse überrollt. Katja und ich hechten hinter die Theke. »Schaffst du das?«, höre ich noch, wie Marie Katja fragt, und Katja knurrt: »Sicher, Marie.«
    Die Büffel haben das Wasserloch erreicht.
    »Gib’ mal zwei Bier!«
    »Ich zuerst, vier Bier, vier große.«
    »Was für Bier habt ihr?«
    »Kann ich ein Radler haben?«
    »Ich war zuerst da!«
    Katja und Marie starren die Reisegruppe ungerührt nieder, Marie erklärt die Regeln: »Es gibt nur

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