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Betrogen

Betrogen

Titel: Betrogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brown Sandra
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sich einen kleinen Bourbon. Anschließend putzte er sich gründlich die Zähne und gurgelte mit Mundwasser. Es ginge doch wohl nicht an, wenn ein Indianer mit Feuerwasseratem auf einer Pressekonferenz erschiene, oder? Dann streifte er das plissierte Hemd über und
steckte die Onyxknöpfe durch die Knopflöcher. Unterdessen schalt er sich innerlich für seinen Komplex, den er allerdings meistens unter Kontrolle hatte. Doch sein Gespräch mit Abbott und Longtree hatte ihn wieder aufflammen lassen.
    Was musste er denn beweisen? Warum verspürte er immer noch den Zwang, sich zu beweisen oder zu rechtfertigen? Es gab nichts, wofür er sich entschuldigen müsste. Alles, worin er sich je versucht hatte, hatte er hervorragend gemeistert: den Sport am College, die Ausbildung zum Luftwaffenpiloten, Kampfflugzeuge, den Krieg, das Weltraumprogramm.
    Das alles hätte er auch trotz seiner Abstammung erreicht. Er war in einem Reservat aufgewachsen. Na und? Er hatte keine Vorzugsbehandlung genossen. Deswegen hatte man ihn nicht gehätschelt. Trotzdem war er sich bewusst, welch ein Glücksfall er für die Werbekampagne des Raumfahrtprogramms war. Rein rational betrachtet, wusste er genau, dass die NASA keinem Menschen ohne Führungsqualität drei Shuttle-Missionen samt Mannschaft anvertraut hätte. Und doch würde sich ein anderer Teil von ihm, der Indianer, immer fragen, ob man dem Räderwerk des Systems nicht nachgeholfen hatte, damit seine Universität, Air Force und NASA gut dastanden. Drücken wir für den Indianerjungen doch mal ein Auge zu. So etwas macht sich gut in der Werbung.
    Seines Wissens hatte das wohl noch niemand je gedacht, geschweige denn gesagt. Trotzdem war ihm schon der Gedanke an die Möglichkeit verhasst. Es war, wie er es eben Longtree und Abbott erklärt hatte: Er hatte seine Abstammung nie benutzt, weder als Krücke noch als Sprungbrett.
    Sollten gewisse Leute diese Tatsache so auslegen, als verleugnete er damit seine Herkunft, dann war das ihr Problem, und damit basta.
    Er klopfte einen Hauch Rasierwasser ins Gesicht und strich sich mit den Fingern durch seine kerzengeraden schwarzen Haare. Kein Zweifel, bei ihm waren die Gene der amerikanischen Ureinwohner voll durchgeschlagen. Er hatte die Haare
und die Wangenknochen eines Komantschen. Seine Mutter war zu fünfundneunzig Prozent Komantschin gewesen. Wenn es nicht seinen Ur-Urgroßvater gegeben hätte, würde er einem Indianer vielleicht noch mehr ähneln als jetzt.
    So aber hatte sich auf einer Ranch im äußersten westlichen Zipfel Oklahomas, kurz nachdem aus dem Indianerterritorium ein Staat geworden war, ein schlaksiger Cowboy in Ur-Urgroßmutter verknallt. Von ihm hatte Christopher Hart die hoch aufgeschossene Figur und Augen geerbt, die seine erste Liebe mit »Paul-Newman-Blau« umschrieben hatte.
    Seine Augen waren einer der Gründe gewesen, warum sich sein alter Herr verdrückt hatte. Leider floss auch ein gut Teil vom Blut seines Vaters in seinen Adern.
    Unwirsch registrierte er, wohin seine Gedanken drifteten, band seine Armbanduhr um, schloss die Manschettenknöpfe, und dann – war er fertig. Ehe er aus dem Zimmer ging, warf er noch rasch einen Blick auf den Reiseplan, den ihm sein Houstoner Büro gefaxt hatte, überprüfte den Namen seiner Kontaktperson und prägte ihn sich ein.
    Eigentlich wäre er am liebsten selbst aus dem exklusiven Turtle Creek Viertel gefahren, wo sich das Mansion weitgehend ohne Einblicke in einen für jede Öffentlichkeit gesperrten Park schmiegte. Eine Adresse in Kombination mit seinem zuverlässigen Orientierungssinn hätten ihn das Hotel Adolphus mühelos finden lassen.
    Aber die Gruppe, die den Preis verlieh, hatte auf einer Begleitung für ihn bestanden. »Sie ist mehr als nur ein Chauffeur. Sie ist medienerfahren und kennt sämtliche Lokalreporter«, hatte man ihm erklärt. »Sie werden noch froh sein, wenn Melina Lloyd Ihnen jede Störung vom Hals hält. Ohne sie würden Sie von der Menge erdrückt.«
    Als er durch die Hoteltüren trat, kam eine Frau auf ihn zu. »Colonel Hart?«
    Sie trug ein schlichtes, elegant geschnittenes schwarzes Cocktailkleid, das sehr teuer aussah. Das Sonnenlicht zeichnete irisierende
Farbstreifen in ihre glatten Haare, die fast so dunkel wie seine eigenen waren. Sie trug einen Seitenscheitel, keinen Pony, aber eine Sonnenbrille.
    Â»Sie müssen Ms.

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