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Bettler 03 - Bettlers Ritt

Titel: Bettler 03 - Bettlers Ritt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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sobald sie wurde in Gang gesetzt vom Auslösevirus. Und da die Kette besteht ausschließlich aus Substanzen, welche das Gehirn selbst produziert, werden diese nicht attackiert von dem dummen Zellreiniger. Er wird zerstören das Virus, aber zu diesem Zeitpunkt es ist zu spät. Die Kettenreaktion hat bereits begonnen. Und der dumme Zellreiniger findet, daß sie hingehört, wo sie ist. Der dumme Zellreiniger findet, daß die Kette körpereigen ist.« Strukow lachte auf. »So einfach.«
    »Und alle menschlichen Gehirne reagieren auf die gleiche Weise auf das Auslösevirus?« fragte Will.
    Strukow hob die Schultern. »Natürlich nicht. Die Reaktion auf etwas, das die Aminosäuren beeinflußt, ist bei jedem Menschen anders. Der eine wird krank davon. Der andere reagiert zu heftig. Einige wenige reagieren überhaupt nicht. Aber bei den meisten zeigt sich, worum Sie mich ersucht haben: Hemmungen, Furcht vor allem Neuen, Angst vor jeder Veränderung des Vertrauten. Wie bei den kleinen Kindern mit der Furcht vor Fremden. Einfach gesagt, bringt meine Kettenreaktion zum Tragen eine primitivere Funktion des Gehirns, die der Mensch mit steigendem Alter unterdrückt, um komplexeren Funktionen den Vortritt zu lassen. Ich drehe diesen Vorgang um.« Strukow blickte Jennifer direkt an und lächelte. »Und wenn er beendet sein wird, habe ich damit Ihre Zielpopulation zu verängstigten Kindern gemacht.«
    Jennifer starrte zurück. Sie mußte sich beherrschen, um nicht ihren Abscheu vor diesem bärtigen Riesen zu zeigen, der völlig gefangengenommen war von seiner eigenen Genialität und der in aller Gemütsruhe demonstrierte, wie er diese Genialität gegen seine eigenen Leute einzusetzen gedachte. Er bewies, was Jennifer immer schon gewußt hatte: daß Schläfer keine Loyalität, keine moralischen Hemmungen gegenüber ihresgleichen kannten. Es gibt nichts, was sie einander nicht antäten, dachte sie, wenn es nur um entsprechend viel Geld ging. Und sie waren auch nicht fähig zu unterscheiden zwischen der Haftstrafe, die Jennifer verbüßt hatte – einer Strafe, entsprungen der Angst der Schläfer vor ihrer Person und ihrem Gefühl für die moralische Verpflichtung, die Ihren zu schützen –, und den vielen Jahren im Gefängnis, die dieses brillante Ungeziefer hier abzusitzen hätte, falls den Schläferbehörden je seine Spielereien mit dem menschlichen Gehirn zu Ohren kämen. Strukow war eine Krankheit. Wenn nötig, würde Jennifer eine solche Krankheit einsetzen, um ihre eigenen Leute zu schützen, aber sie würde dieser Krankheit nicht die Höflichkeitsgeste des Einhaltens von Traditionen erweisen.
    Also erhob sie sich, wobei ihr Blick den Strukows festhielt. »Und das genmodifizierte Auslösevirus kann in Injektionsform verabreicht werden, ohne Spuren zu hinterlassen?«
    »Das sagte ich schon«, erwiderte Strukow und nickte amüsiert, während die drei Araber ärgerlich aufsprangen. »Das Überträgervirus enthält sechzehn verschiedene Proteine, von denen fünf nie zuvor existiert haben. Der Zellreiniger wird sie alle vernichten, lange bevor wissenschaftliche Untersuchungen ihre Isolierung und Kultivation ermöglichen.«
    Karim sagte zu Will: »Wir hatten eine Vereinbarung, wer bei dieser Zusammenkunft sprechen wird!«
    »Aber die Verabreichung in Injektionsform kommt für uns nicht in Frage«, sagte Jennifer zu Strukow.
    Lächelnd antwortete er: »Ihre Enkelin hat den menschlichen Körper verändert, und Sie wollen den menschlichen Geist verändern, nicht wahr?«
    »Was wir wollen, geht Sie nichts an«, sagte Jennifer im selben Moment, als Bashir Will anschrie: »Weisen Sie Ihre Frau in die Schranken!«
    Strukow sagte: »Sprechen Sie von sich immer in der ersten Person Plural, Madame Sharifi? Welche Verabreichungsform des Virus wünschen Sie? Und zu welchem Zeitpunkt?«
    »Zwei unterschiedliche Formen der Verabreichung. Eine davon so rasch wie möglich entwickelt und getestet, die andere einen Monat später.«
    »Und die beiden Formen der Verabreichung sind…?«
    Sie sagte es ihm.

6
     
    Jackson erwachte mit der absoluten Gewißheit, daß sich im Dunkel seines Schlafzimmers etwas regte.
    Ein Traum? Nein. Der Eindringling war real. Und kein Rob. Eine verschwommene menschliche Silhouette drüben vor der halb verdunkelten Fensterscheibe. Theresa?
    Er blieb reglos liegen, simulierte die tiefen Atemzüge des Schlafes und überlegte seine Alternativen. Er konnte das Sicherheitssystem des Gebäudes aktivieren, aber selbst die

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