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Betty kann alles

Titel: Betty kann alles Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Betty McDonald
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ich zwei auf der Heimfahrt begriffenen leeren Holzlastwagen und dem Futterlieferanten, bevor der Autobus kam. Als die breite graue Nase der Motorhaube hinter den Ställen hervorlugte, rannte ich in die Mitte der Straße und schwenkte ekstatisch meine Handtasche; trotzdem hatte ich für einige schreckliche, atemraubende Sekunden das Gefühl, der Chauffeur habe mich übersehen, aber im letzten Augenblick brachte er weiter unten an der Straße den Wagen mit kreischenden Bremsen zum Halten, und ich packte den Koffer und die Kinder, rannte ihm nach, stieg ein und ließ mich auf den Vordersitz fallen, erfüllt von dem beseligenden Gedanken, bereit zu sein für die Herrlichkeiten und das brausende Leben der Stadt, der ich entgegenfuhr.
    Der Chauffeur war nicht gerade gutgelaunt, woran ohne Zweifel ein scheußlich aussehendes Furunkel an seinem Hals schuld war. Im Autobus roch es nach nassen Hunden und feuchtem Gummi. Uns schräg gegenüber saß ein betrunkenes Indianerehepaar und hinter uns ein widerlicher alter Mann, der sich andauernd krächzend und hustend räusperte und anschließend auf den Boden spuckte; doch für meine Augen lag über allem ein verklärender rosiger Schimmer, und ich lächelte jedermann glücklich an.
    Mit ziemlichem Tempo ging es bergabwärts, durch Täler, und wieder bergaufwärts, und manchmal schwankte der Autobus bedenklich, und der Motor hustete schwarze Dieselwolken, aber wir fuhren heimwärts. Bald würde ich wieder leben wie andere Menschen.
    Bei einer besonders scharfen Kurve fiel die betrunkene Indianerin von ihrem Sitz. Sie kugelte sich am Boden, der Mantel bauschte sich um ihre Taille, und man sah die dicken nackten Schenkel. Ihr Begleiter, vermutlich ihr Mann, lachte ob dem Anblick, und die Frau wie auch die übrigen Passagiere stimmten ein. Nur der Chauffeur ließ sich von der Heiterkeit nicht anstecken. Er drehte sich halb um und knurrte über die Schulter: «Jesus, Maria und Josef, wenn ihr nicht Ruhe gebt, ihr Bogen-und-Pfeil-Leute, schmeiße ich euch raus!» Die Frau richtete sich schwerfällig auf, und als sie gerade auf allen vieren war und ihre Kehrseite eine besonders aufreizende Zielscheibe bot, gab ihr der Mann eins drauf, und beide brachen erneut in schallendes Gelächter aus. Anne und ich konnten uns das Lachen auch nicht verbeißen. Der Chauffeur aber hielt an, stand auf, schob sich die Mütze in den Nacken und sagte drohend: «Jesus, Maria! Soll ich euch beide auf die Straße setzen, oder wollt ihr euch anständig aufführen?» Die Frau schob sich wieder in ihren Sitz, und das Paar beruhigte sich langsam. Wieder ging es auf und ab. Nach geraumer Weile fuhren wir in ein Dock ein, der Autobus holperte auf eine Fähre, und die Reisenden stiegen aus und begaben sich auf das obere Deck zum Essen.
    Anne, Joan und ich kamen in dem kleinen rauchigen Restaurant der Fähre an denselben Tisch zu sitzen wie eine Mrs. Johnson, eine Person von stattlicher Figur, ganz dunkelblau gekleidet und mit einer Stahlbrille auf der Nase. Mrs. Johnsons Augen blickten nach verschiedenen Richtungen, so daß sie mit einem Auge zum Fenster hinausschauen und zu gleicher Zeit mit dem anderen bequem die Speisen auf dem Tisch oder mich mustern konnte. Mr. Johnson erzählte mir unverzüglich, daß ihre Knöchel immer so sehr anschwollen und ihr alles, was sie auch esse, aufstieß und sie auf dem Wege sei, Rekruten für Jesus zu werben. Ich erzählte ihr daraufhin, daß ich auf dem Wege zur Stadt sei, um dort eine Stellung anzunehmen.
    «Die Stadt ist ein Ort des Übels, wo der Teufel am Werk ist. Bleibt auf dem Land. Jesus ist auf dem Land», erklärte sie. Ich erwiderte, daß ich der Meinung gewesen sei, ER sei überall, doch hätte ich ihn auf unserer Hühnerfarm leider nicht bemerkt. Mrs. Johnson fischte eifrig die Salatblätter von ihrem Teller und häufte sie auf die danebenliegende Serviette. «Sein Name sei gelobt! Sein Name sei gelobt! Mit Salat ist bei mir nichts zu wollen. Schneidet mir wie gemahlenes Glas in die Magenwände.»
    «Ich fahre zu meiner Familie», klärte ich sie weiter über meine Zukunft auf. Sie deutete mit ihrer Gabel auf Anne und Joan und zückte einen Blick in die Richtung der Kinder. «Sind die Würmer getauft?» erkundigte sie sich. Ich sagte nein, worauf sie mit erhobener Stimme rief: «Taufe muß sein! Taufe muß sein! Wascht ihre Sünden ab. Gelobt sei sein Name.»
    In dem Augenblick wurde Kaffee und Apfelkuchen serviert, und Mrs. Johnson klopfte mit ihrem Löffel an

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