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Betty kann alles

Titel: Betty kann alles Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Betty McDonald
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Familien von der Außenwelt abschnitten, und ich liebte den Klang einer Autotür, die vor dem Haus zugeschlagen wird und das frohe, helle Schellen des Telefons. Abends nach dem Essen strömten Freunde und Bekannte herbei, brachten ihrerseits Freunde und Bekannte mit, und man blieb bis zwei oder drei Uhr morgens auf.
    Die Sonntage zeichneten sich durch große Emsigkeit und den ausgeprägten Geruch von Benzin und Hackfleisch aus. Zuerst machten wir die Kinder fertig für die Sonntagsschule, was stets eine wilde Jagd nach verlegten Handschuhen, passenden Strümpfen und den Aufgabenheften mit sich brachte. Waren die Kinder fort, stürzten wir uns mit vereinten Kräften auf die gründliche Reinigung des Hauses. Etwas später gingen Mutter und Dede zur Kirche, und Mary und ich zogen uns in einen kleinen Verschlag an der Türe zum Keller zurück, füllten einen Zuber mit Benzin und reinigten darin unsere Bürokleider, unsere Röcke, ja sogar unsere Mäntel. Nicht völlig sauber, aber doch etwas weniger fleckig wurden die gereinigten Sachen auf der Veranda zum Trocknen aufgehängt. Das Benzin zu Reinigungszwecken kostete nur fünfundzwanzig Cents pro Doppelliter und konnte überdies gestreckt und immer von neuem benützt werden, wenn man es nach Gebrauch durch einen Leinenlappen goß. Abgesehen davon, daß diese daheim vorgenommenen Reinigungen eine wirtschaftliche Notwendigkeit waren, wurden unsere Hände davon rauh, was uns das Gefühl großer Tüchtigkeit und Sparsamkeit verlieh und uns dazu verleitete, voller Begeisterung zu reinigen, auch was noch gar nicht gereinigt zu werden brauchte. Das gleiche Gefühl der Genugtuung lösten Waschtage in mir aus, und so kam es, daß ich manchmal mitgerissen von meiner Begeisterung Teppiche, Puppenkleider und selbst alte Vorhänge, die nicht mehr gebraucht wurden, wusch, nur um des beglückenden Gefühles willen, daß nun alles, aber auch alles im Hause sauber war.
    Zur Essenszeit glänzte das Haus vor Sauberkeit, und die Gerüche von Shampoo und beim Ondulieren angesengter Haare mischten sich mit dem Duft des Hackbratens und des Benzins. Am Sonntagabend versammelten sich womöglich noch mehr Leute in unserem Haus als am Sonnabend, aber das Beisammensein wurde früher abgebrochen, wenn auch nicht früh genug, wenn man bedenkt, daß Montag ein Arbeitstag war. Montag abends gingen wir im allgemeinen ins Kino, da der Montagabend im Kino unweit von uns als Familienabend galt und man, vorausgesetzt man kam in größerer Anzahl, zu einem reduzierten Familienpreis von fünfundzwanzig Cents in die Vorstellung durfte.
    Dienstag abend legten wir uns beizeiten ins Bett, wenn nicht irgendwo eine Party veranstaltet wurde. Eine solche Party war von der anderen nicht zu unterscheiden. Sie wurden immer in der Wohnung von irgend jemandem abgehalten, es gab stets Spaghetti und Salat und als Getränk entweder heimlich selbstgebrauten Schnaps oder Limonade. Und unweigerlich hörte man Bach, wozu man abwechslungsweise auf dem Boden und auf der Couch saß. Ich machte mir nicht viel aus Bach, aber ich hätte mich eher foltern lassen, als daß ich dies zugegeben hätte, denn Mary hatte uns eingetrichtert, daß jedes Lebewesen, welches über das Stadium des Auf-allen-vieren-Kriechens heraus sei, Bach, Baudelaire, Dostojewski, Aldous Huxley, Spengler, Mandelpaste auf Filets de Sole, Melochrino Zigaretten und ausländische Filme herrlich zu finden habe.
    Baudelaire, Huxley und Dostojewski liebte ich, Spengler jedoch haßte ich, und Mandelpaste auf Filets de Sole schmeckte meiner Meinung nach wie in Schokolade getauchte Austern; Melochrino Zigaretten erinnerten mich an Kamel-Dung. Gegen die ausländischen Filme hätte ich nichts einzuwenden gehabt, wären sie nicht ausländisch gewesen.
    Jeden Mittwoch um halb elf Uhr nachts wurden in einem Kino in der Nähe der Universität ausländische Filme vorgeführt. Der Grund, weshalb ich getreulich zu allen Vorstellungen ging, war, abgesehen von einer dummen Unsicherheit, die mich dazu verleitete, mit den anderen zu flöten «Herrlich», «Unerhört interessante Problematik» und «Phantastische Regie», auch wenn ich die Filme sterbenslangweilig fand, daß es nach der Vorführung gratis Kaffee und so viele Zigaretten, wie man haben wollte, gab.
    Eines Sonnabendmittags im Winter machten meine Schwester Dede und ich zufällig im Universitätsviertel eine Entdeckung, die uns die reichste Quelle unserer Gratisvergnügen erschloß.
    «Wieso gehen nur so viele Leute in das

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