Between Love and Forever
Leute, denen ich begegne, nach ihr – der Postbote, der einen Umschlag mit der Aufschrift BITTE NICHT KNICKEN in einen Briefkasten steckt, die Frau, die Chefsekretärin in der Ferrisviller Fabrik war, bevor sie in Rente ging und Mom den Job übernahm, und zwei Mädchen, die Tess gesittet hat, als sie noch klein waren.
Alle beteuern, dass sie an Tess denken. Und dass sie ihnen fehlt. Dass das Leben nicht mehr dasselbe ist ohne ihr strahlendes Lächeln, ihre ansteckende Fröhlichkeit oder dass sie den besten Kakao der Welt gekocht hat.
Ich fahre nach Hause, aber nur um Geld für die Fähre zu holen. Tess ist überall und das wird immer so sein. Es hat keinen Sinn, dagegen anzukämpfen.
Natürlich komme ich später ins Krankenhaus als üblich. Ich erwarte, dass Eli schon weg ist, aber nein, er sitzt beim Fahrradständer und seine Finger trommeln auf seine überkreuzten Beine.
»Hey«, sage ich, als ich zu ihm hinfahre. »Was machst du denn hier?«
»Ich hab drinnen gewartet, aber ich ...« Er zeigt auf seine Hände. »Schlechter Tag, siehst du ja ... Und dann war da so ein kleiner Junge im Warteraum, der mich dauernd gefragt hat, was ich da mache, und dann hat er auch damit angefangen ... also jedenfalls ...«
Er hält mit Gewalt seine Hände still, drückt sie flach auf seine Beine. »Und außerdem dachte ich ... Ich dachte, du willst mich jetzt vielleicht nicht mehr sehen, nach allem, was ich dir gestern erzählt habe ...«
»Ich wollte eigentlich auch nicht kommen«, fange ich an und Eli drückt seine Hände so heftig auf seine Knie, dass die Knöchel ganz weiß werden. »Aber nicht wegen dir ... Ich ... meine Eltern haben gestern Abend so schreckliches Zeug über Tess gesagt. Dass sie nie wieder die Alte sein wird, dass ihr Gehirn ... also, dass sie nie mehr gesund wird.«
»Oh, das tut mir leid. Bist du ... okay?«, sagt er und in diesem Moment ist alles weg, was ich mir mühsam eingehämmert habe, was ich nie vergessen wollte. Einfach fort, wie weggeblasen. Wegen Eli.
»Ich bin okay«, stoße ich hervor und versuche ihn nicht anzuschauen, als er aufsteht.
Aber ich kann meine Augen nicht von ihm losreißen und bin froh, dass er ein Stück hinter mir bleiben muss, als wir ins Krankenhaus hineingehen. Das gibt mir Zeit genug, um mich wieder zu fangen. Was ich auch bitter nötig habe, denn gleich darauf quetschen wir uns in den Aufzug und er steht ganz dicht neben mir und er riecht so gut, nach Sonnenschein und frisch gewaschener Wäsche und noch etwas, das nur er selbst ist. Ich weiß Bescheid über Pheromone, wirklich, aber bis jetzt hab ich nie dran geglaubt.
Clement steigt eine Etage tiefer ein und fragt mich: »Na, wie geht’s dir heute?«
»Gut«, sage ich und er schaut Eli an. »Dann darf ich jetzt also sagen, dass ich dein Großvater bin?«
Eli wird rot und verschränkt die Arme vor der Brust. »Ich hab nie gesagt ...« Er verstummt und seine Finger fangen an zu trommeln.
Clement verzieht gequält das Gesicht und wispert Eli etwas zu. Ich höre diskret weg, aber der Aufzug ist klein und Clement ist nicht gerade leise.
»Tut mir leid, ich wollte dich nicht aufregen«, flüstert er. »Ich weiß, dass du das nie gesagt hast, Eli, aber ich dachte, du willst es vielleicht nicht, weil dein Vater so über mich redet, und ...«
»Ist schon gut«, sagt Eli. »Es ist nur, weil meine Eltern immer sagen, dass ich ... Ich will dich nicht in Verlegenheit bringen, verstehst du?«
»Wie kommst du denn darauf?«, sagt Clement und Eli murmelt etwas, dann stürzt er hinaus, sobald der Aufzug wieder anhält. Diesmal wartet er nicht, dass ich als Erste rausgehe.
»Tut mir leid«, sagt er, als ich ihn einhole. »Ich muss mich erst noch dran gewöhnen, dass ich einen Großvater habe. Bei dem ich auch noch wohne.«
»Ist das schlimm?«
»Nein, das ist es ja«, sagt Eli. »Er ist viel netter zu mir als meine Eltern und ich ... weiß nicht. Es ist komisch.«
»Kompliziert.«
»Ja«, sagt er und lächelt mich an.
Ich lächle zurück – ich kann nicht anders – und tippe den Türcode ein.
»Hey, guck mal«, sagt Eli.
»Was?«
»Hier«, sagt er und zeigt auf Tess’ Zimmer, in dem Claire herumgeht und mit irgendwelchen Sachen hantiert.
»Ach, das ist nur Claire«, sage ich. »Sie arbeitet hier.«
»Nein, das meine ich nicht. Sie kommt doch oft zu deiner Schwester, oder?«
»Ja, klar. Wie gesagt, sie arbeitet hier«, wiederhole ich, tippe den Code vollends ein und ziehe die Tür auf, als der Summer
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