Between Love and Forever
wurde oder dass keiner von ihren Freunden mehr mit Claire geredet hat, als sie schwanger wurde (dafür hat Tess gesorgt), aber das war nicht theatralisch. Sondern reine Willenskraft. Und Tess hatte jede Menge davon.
Die Fähre pflügt jetzt durchs Wasser, ein Wind kommt auf und fegt über mich hinweg, wirbelt meine Grübeleien davon. Ich denke an andere Dinge, zum Beispiel wie Tess ausgerastet ist, als Claire schwanger wurde. Sie war vollkommen außer sich. Nicht nur wütend. Oder sauer. Sondern richtig verrückt. Am schlimmsten war die Szene, als Claire einmal an unserem Haus vorbeiging und schon ziemlich schwanger aussah. Ich weiß nicht mehr, wo sie hinwollte – vielleicht einfach nur spazieren –, aber als Tess sie gesehen hat, ist eine Sicherung bei ihr durchgeknallt. Sie ging zum Kühlschrank, riss die Tür auf, zerrte den Topf mit den Fleischklößchen heraus, die Mom auf Vorrat gemacht hatte, und stürzte nach draußen.
Gleich darauf hörte ich Claire aufschreien und Dadrannte hinaus, gefolgt von Mom. Tess stand da, der Topf lag auf dem Boden und sie hatte die Hände voll zermatschtem Fleisch und roter Soße. Es war das einzige Mal, dass Tess ihre Wut rausließ, ohne sich darum zu kümmern, ob andere Leute es mitkriegten oder nicht. Zum Glück war niemand da, außer meinen Eltern – und Claire natürlich.
Danach ging Claire nie mehr an unserem Haus vorbei, bis Tess ans College abreiste.
Aber abgesehen von dieser Szene hat Tess nie die »Drama Queen« gespielt, in dem Sinn, wie Eli es meint. Nein, Tess war manchmal still und unnahbar, manchmal auch gemein, aber nur wenn sie total gestresst war. Wenn sie sich selbst unter Druck setzte. Zum Beispiel als sie in der zweiten Hälfte ihres Abschlussjahrs nicht Klassenbeste wurde und zu dieser blöden College-Beraterin ging.
Ich war froh, dass Claire damals schon aus der Schule war. Tess hatte ihr das Leben so zur Hölle gemacht (obwohl Claire sich nie darüber beschwerte), dass sie schließlich in hochschwangerem Zustand von der Schule abging. Ihren Abschluss wollte sie später nachholen. Claire war der einzige Mensch, zu dem Tess jemals ...
Sie war der einzige Mensch, zu dem Tess jemals richtig grausam war.
Aber ich glaube, das liegt daran, dass Tess ... eben Tess ist. Sie konnte sehr abfällig sein. Auch bei Jungs. Sie hatte an jedem etwas auszusetzen – immer. Der eine war ihr zu kindisch, der andere hatte eine unmögliche Frisur oder was auch immer. Und vielleicht war sie einfach verwöhnt,weil alle nach ihrer Pfeife tanzten, denn als Claire sich mit Rick einließ, obwohl Tess dagegen war, konnte sie ihr das nie verzeihen.
Endlich legt die Fähre in Ferrisville an und ich radle nach Hause, zugleich erschöpft und beflügelt von allem, was heute passiert ist ... von Eli. Von dem Gespräch mit ihm, von allem, was er gesagt hat – dass ich auch glänzen kann –, und dann bleibt mir vor Schreck fast die Luft weg und ich bremse abrupt in der Einfahrt.
Beth ist da.
Mom und Dad sind bei ihr, stehen neben ihrem Auto, höflich und liebenswürdig – darin sind sie ganz groß und Tess hat es ihnen abgeschaut –, aber an der Art, wie Dad die Hände in die Taschen steckt, kann ich sehen, dass er nicht gerade erfreut ist. Und Mom auch nicht, denn sie zupft am Nagellack ihres Ringfingers herum, während sie Beth zuhört und geduldig nickt.
Beth ist da , und als ich den Blick von Mom und Dad abwende, sehe ich die Kartons in ihrem Auto.
Beth hat Tess’ Sachen zurückgebracht .
»Hey«, sage ich, stoppe ganz dicht vor Beths Wagen und ramme ihn absichtlich, als ich vom Fahrrad absteige. »Was ist denn hier los?«
»Beth ist vorbeigekommen«, sagt Mom, scheinbar gelassen und ruhig, aber der zerfetzte Nagellack an ihrem Ringfinger spricht Bände.
»Oh«, sage ich und drehe mich zu Beth um, stelle mich dumm, so als würde ich die Kartons nicht sehen. »Fährst du mit Mom und Dad zu Tess? Das ist super.«
»Nein, eigentlich hab ich deinen Eltern gerade gesagt, dass ich Tess – und dich – neulich gesehen habe«, erwidert Beth. »Und dass ich jetzt eine andere Mitbewohnerin habe und sie muss ja ihr Zeug irgendwie in ihrem Zimmer unterbringen. Deshalb hab ich euch Tess’ Sachen zurückgebracht.«
»Nein, ihr hast du sie zurückgebracht«, sage ich. »Tess ist nämlich noch da, Beth. Du hast sie doch gesehen, oder nicht?«
Beth hat offenbar doch so etwas wie ein Herz in der Brust, denn sie wird blass bei diesen Worten.
»Ja, ich hab sie gesehen«, sagt sie
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