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Beute

Beute

Titel: Beute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Crichton
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ihn mitgucken zu lassen.
    »Nein, Dad, das war kein Traum«, sagte Eric und gähnte wieder. »Die Männer waren wirklich da. Ein ganzer Haufen.«
    »Ja, klar. Und was war mit dem Geist?«
    »Der war eben ein Geist. Ganz silbern und schimmernd, bloß dass er kein Gesicht hatte.«
    »Sicher.« Inzwischen hatten wir vor der Schule gehalten. Und Nicole sagte, ich müsste sie um Viertel nach vier statt um Viertel vor vier abholen, weil sie nach dem Unterricht noch eine Theaterprobe hätten, und Eric erklärte, er würde nicht zum Kinderarzt gehen, wenn er eine Spritze kriegen müsste. Ich wiederholte das zeitlose Mantra aller Eltern: »Mal sehen.«
    Die beiden kletterten aus dem Wagen und schleppten ihre Schultaschen hinter sich her. Sie hatten beide Rucksäcke, die über zwanzig Pfund wogen. Das ging einfach über meinen
    Verstand. Als ich in ihrem Alter war, hatten die Kinder keine schweren Rucksäcke. Wir hatten überhaupt keine Rucksäcke. Jetzt hatte anscheinend jedes Kind einen. Man sah kleine Zweitklässler, vornübergebeugt wie Sherpas, die sich unter dem Gewicht ihrer Taschen durch die Schultüren schleppten. Manche Kinder hatten Rucksäcke mit Rollen und zogen sie wie Koffer am Flughafen. Das war mir unerklärlich. Die Welt wurde zunehmend digital, alles wurde kleiner und leichter. Aber die Kinder schleppten mehr Gewicht als je zuvor.
    Auf einem Elternabend vor zwei Monaten hatte ich das einmal angesprochen. Und die Schulleiterin sagte: »Ja, das ist ein großes Problem. Wir sind da alle sehr besorgt.« Und wechselte dann das Thema.
    Auch das war mir unerklärlich. Wenn alle sehr besorgt waren, warum wurde dann nichts unternommen? Aber so ist der Mensch nun mal veranlagt. Keiner tut was, ehe es zu spät ist. Wir stellen an der Kreuzung eine Ampel erst auf, nachdem das Kind tödlich verunglückt ist.
    Ich fuhr wieder nach Hause, durch zäh fließenden Morgenverkehr. Ich dachte, dass ich vielleicht noch zwei Stunden Schlaf kriegen könnte. Das war das Einzige, was mir durch den Kopf ging.
    Maria weckte mich gegen elf, indem sie mich heftig an der Schulter rüttelte. »Mr. Forman. Mr. Forman.« Ich war schlaftrunken. »Was ist denn?«
    »Das Baby.«
    Ich war auf der Stelle wach. »Was ist mit ihr?«
    »Sie Baby sehen, Mr. Forman. Sie ganz …« Sie machte eine Geste, rieb sich Schulter und Arm. »Sie ist ganz was?«
    »Sie Baby sehen, Mr. Forman.«
    Ich torkelte aus dem Bett und ging ins Kinderzimmer. Amanda stand aufrecht in ihrem Bettchen, hielt sich am Gitter fest. Sie hüpfte auf und ab und lächelte glücklich. Alles schien normal, außer dass sie am ganzen Körper gleichmäßig violett war. Wie ein einziger Bluterguss.
    »Ach du Schande«, sagte ich.
    Mir graute vor einer weiteren Episode im Krankenhaus, mir graute vor noch mehr Weißkitteln, die einem nichts sagen konnten, mir graute davor, schon wieder Angst haben zu müssen. Ich war von der vergangenen Nacht noch völlig geschafft. Bei dem Gedanken, dass meine Tochter ernsthaft krank sein könnte, krampfte sich mir der Magen zusammen. Ich ging zu ihr, und sie gluckste vor Freude und lächelte mich an. Sie streckte eine Hand nach mir aus, griff in die Luft, ihr Zeichen, dass ich sie hochnehmen sollte.
    Also nahm ich sie hoch. Sie wirkte ganz fidel, fasste sogleich in meine Haare und versuchte, mir die Brille wegzuziehen, so wie sie es immer tat. Ich war erleichtert, obwohl ich ihre Haut jetzt besser sehen konnte. Es sah aus wie ein Bluterguss - es hatte die Farbe eines Blutergusses -, nur dass es den ganzen Körper bedeckte. Amanda sah aus, als wäre sie in ein Farbbad getaucht worden. Die Gleichmäßigkeit der Farbe war beängstigend.
    Ich beschloss, doch den Arzt in der Notaufnahme anzurufen. Ich nestelte in meiner Tasche nach seiner Karte, während Amanda an meiner Brille zog. Ich wählte einhändig. Ich konnte so ziemlich alles einhändig. Ich hatte ihn gleich am Apparat; er klang überrascht.
    »Oh«, sagte er. »Gerade wollte ich Sie anrufen. Wie geht es Ihrer Tochter?«
    »Na ja, sie wirkt ganz munter«, erwiderte ich und zog den Kopf zurück, damit Amanda nicht an meine Brille kam. Sie kicherte; es war jetzt ein Spiel. »Ihr geht’s gut«, sagte ich, »die Sache ist bloß …«
    »Hat sie vielleicht irgendwelche Blutergüsse?«
    »Ja«, sagte ich. »Allerdings. Deshalb rufe ich ja an.«
    »Der Bluterguss ist am ganzen Körper? Gleichmäßig?«
    »Ja«, sagte ich. »So gut wie. Wieso fragen Sie?«
    »Tja«, sagte der Arzt, »ich habe jetzt die

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