Beute
Laborergebnisse vorliegen, und es ist alles normal. Völlig normal. Ein gesundes Kind. Wir warten jetzt nur noch auf die Ergebnisse von der Kernspintomografie, aber das Gerät ist kaputt. Die sagen, es wird ein paar Tage dauern.«
Das ständige Kopfwegziehen wurde mir zu viel; ich stellte Amanda wieder in ihr Bettchen und telefonierte weiter. Das gefiel ihr natürlich nicht, und sie verzog das Gesicht, gleich würde sie losbrüllen. Ich gab ihr schnell das Krümelmonster, und sie setzte sich und spielte damit. Ich wusste, das Krümelmonster würde etwa fünf Minuten reichen.
»Jedenfalls«, sagte der Arzt jetzt, »ich bin froh, dass es ihr gut geht.«
Ich sagte, ich sei auch froh.
Es entstand eine Pause. Der Arzt hüstelte.
»Mr. Forman, auf dem Aufnahmeformular, das Sie im Krankenhaus ausgefüllt haben, steht, dass Sie von Beruf Software-Entwickler sind.«
»Das stimmt.«
»Heißt das, Sie haben mit der Herstellung zu tun?«
»Nein. Ich bin in der Programmentwicklung.«
»Und wo arbeiten Sie?«
»Im Valley.«
»Sie arbeiten nicht in einer Fabrik, zum Beispiel?«
»Nein. Ich arbeite in einem Büro.«
»Ich verstehe.« Pause. »Darf ich fragen, wo?«
»Ehrlich gesagt, zurzeit bin ich arbeitslos.«
»Verstehe. Aha. Wie lange schon?«
»Sechs Monate.«
»Verstehe.« Ein kurzes Zögern. »Tja, gut, das wollte ich nur abklären.«
Ich sagte: »Wieso?«
»Bitte?«
»Wieso haben Sie mir diese ganzen Fragen gestellt?«
»Oh. Die stehen auf dem Formular.«
»Was für ein Formular?«, fragte ich. »Ich habe im Krankenhaus alle Formulare ausgefüllt.«
»Das ist ein zusätzliches Formular«, sagte er. »Eine Anfrage vom Gesundheitsministerium.«
Ich sagte: »Wieso denn das?«
»Es ist noch ein Fall gemeldet worden«, sagte er, »ganz ähnlich wie bei Ihrer Tochter.«
»Wo?«
»Sacramento General Hospital.«
»Wann?«
»Vor fünf Tagen. Aber die Situation ist völlig anders. Ein zweiundvierzigj ähriger Botaniker hat draußen in der Sierra Nevada geschlafen, ein Experte für Wildblumen. Da muss es irgendeine seltene Blume geben. Jedenfalls wurde er in Sacramento ins Krankenhaus eingeliefert. Und er hatte den gleichen klinischen Verlauf wie Ihre Tochter - plötzlicher, unerwarteter Ausbruch, kein Fieber, schmerzhafte Hautrötung.«
»Und eine Kernspintomografie hat den Spuk beendet?«
»Ich weiß nicht, ob bei ihm eine gemacht wurde«, sagte er. »Aber wie es aussieht, hört dieses Syndrom - was immer es auch ist - von selbst auf. Ein sehr plötzlicher Ausbruch und ein sehr abruptes Ende.«
»Geht’s ihm wieder gut? Dem Botaniker?«
»Er ist quietschfidel. Ein paar Tage Bluterguss, und das war’s.«
»Schön«, sagte ich. »Das freut mich zu hören.«
»Das dachte ich mir«, entgegnete er. Dann sagte er, es könne sein, dass er später noch ein paar Fragen habe, und ob er noch mal anrufen dürfe? Ich erwiderte, er könne das tun, wann immer er wolle. Er bat mich, ihn zu kontaktieren, falls bei Amanda irgendeine Veränderung auftrat, und ich versprach es und legte auf.
Amanda hatte das Interesse am Krümelmonster verloren und stand jetzt wieder im Kinderbett, hielt sich mit einer Hand am Gitter fest und streckte die andere nach mir aus, packte mit ihren kleinen Fingern in die Luft.
Ich nahm sie auf den Arm - und sofort riss sie mir die Brille weg. Ich griff danach, und meine Tochter quietschte vor Vergnügen. »Amanda …« Aber zu spät, sie warf die Brille auf den Boden.
Ich blinzelte.
Ohne Brille sehe ich schlecht. Die Brille hatte ein Drahtgestell und war deshalb nicht gut zu erkennen. Ich ging auf die Knie, das Baby auf dem Arm, und ließ meine freie Hand kreisförmig über den Boden gleiten, in der Hoffnung, Glas zu berühren. Ohne Erfolg. Ich blinzelte angestrengt, bewegte mich langsam vorwärts, suchte wieder mit der Hand. Noch immer nichts. Dann sah ich unter dem Bett etwas glänzen. Ich setzte das Baby hin, kroch ein Stück darunter, nahm die Brille und setzte sie auf. Dabei stieß ich mir den Kopf am Bettgestell an und senkte ihn dann wieder, so tief es ging.
Und plötzlich fiel mein Blick auf die Steckdose an der Wand unter dem Kinderbett. Es war ein kleines Plastikkästchen eingestöpselt. Ich zog es heraus und sah es mir an. Es war ein fünf Zentimeter großer Würfel, anscheinend ein handelsüblicher Überspannungsschutz, hergestellt in Thailand. Die Eingangs-und Ausgangsspannung war in das Plastik eingeprägt. An der Unterseite befand sich ein weißes Etikett mit der
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