Beute
wundern, wenn sie Drogen nähmen.«
»Weißt du was, ich rufe Ricky an«, sagte ich.
Mary gab mir seine Handynummer, und ich notierte sie. Als ich sie gerade wählen wollte, knallte die Haustür, und ich hörte Eric sagen: »He, Mom! Wer ist denn der Typ in deinem Wagen?« Ich stand auf und sah zum Fenster hinaus auf die Zufahrt. Julias BMW-Kabrio stand dort, das Verdeck offen. Ich sah auf die Uhr. Es war erst halb fünf.
Ich ging in die Diele und sah, wie Julia Eric umarmte. Sie sagte: »Das war bestimmt das Sonnenlicht auf der Windschutzscheibe. In meinem Wagen ist keiner.«
»Aber da war einer. Ich hab ihn doch gesehen.«
»Ach ja?« Sie öffnete die Haustür. »Dann sieh doch selbst nach.« Eric ging nach draußen auf den Rasen. Julia lächelte mich an. »Er denkt, in meinem Wagen hätte wer gesessen.«
Er kam wieder herein, zuckte die Achseln. »Komisch. Muss mich vertan haben.«
»Allerdings, Schätzchen.« Julia ging auf mich zu. »Ist Ellen da?«
»Gerade angekommen.«
»Toll. Ich geh schnell unter die Dusche, und dann unterhalten wir uns. Wir machen eine Flasche Wein auf. Was gibt’s zum Abendessen?«
»Ich hab Steaks vorbereitet.«
»Toll. Klingt toll.«
Und mit einem fröhlichen Winken verschwand sie Richtung Bad.
Es war ein warmer Abend, und wir wollten im Garten essen. Ich hatte die rotweiß karierte Tischdecke aufgelegt und stand am Grill, trug meine Schürze mit der Aufschrift »Der Koch hat das Sagen«, und dann veranstalteten wir sozusagen ein typisch amerikanisches Familienessen.
Julia war bezaubernd und in Plauderlaune, widmete sich ganz meiner Schwester, sprach über die Kinder, die Schule, über die Veränderungen am Haus, die sie geplant hatte. »Das Fenster da kommt weg«, sagte sie und deutete auf die Küche, »und wir bauen Terrassentüren ein, sodass wir direkt in den Garten können. Das wird toll.« Ich war verblüfft über Julias Vorstellung. Sogar die Kinder starrten sie an. Julia erzählte, wie stolz sie auf Nicoles große Rolle in dem bevorstehenden Schultheaterstück sei. Nicole sagte: »Mom, ich hab eine klitzekleine Rolle.«
»Ach, gar nicht, Schatz«, sagte Julia.
»Doch. Ich hab bloß zwei Sätzchen.«
»Jetzt hör aber auf, Schatz, ich bin sicher, du …«
Eric legte los: »›Seht, da kommt John.‹ ›Das hört sich ziemlich ernst an.‹«
»Klappe, Kotzbrocken.«
»Das sagt sie ständig im Badezimmer auf«, verkündete Eric. »Hundert Millionen Mal.«
Julia fragte: »Wer ist John?«
»Das ist doch der Text in dem Stück.«
»Ach so. Na, egal, du bist bestimmt wunderbar. Und unser kleiner Eric macht solche Fortschritte im Fußball, nicht wahr, Schatz?«
»Nächste Woche ist das letzte Spiel«, sagte Eric und schmollte. Julia hatte es in diesem Herbst zu keinem seiner Spiele geschafft.
»Das hat ihm richtig gut getan«, sagte Julia zu Ellen. »Mannschaftssport fördert die Kooperationsfähigkeit, vor allem bei Jungen, ist ein gutes Gegengewicht zu ihrem Konkurrenzverhalten.«
Ellen sagte gar nichts, nickte bloß und hörte zu.
An diesem Abend hatte Julia darauf bestanden, das Baby zu füttern, und den Hochstuhl neben sich gestellt. Aber Amanda war es gewohnt, bei jeder Mahlzeit Flugzeug zu spielen. Sie wartete darauf, dass jemand den Löffel auf sie zu bewegte und dabei »Brrrrrrr-uuuuummm … das Flugzeug kommt … Türen auf!« sagte. Da Julia das nicht tat, hielt Amanda den Mund fest geschlossen. Auch das gehörte zum Spiel.
»Tja. Sie hat wohl keinen Hunger«, sagte Julia achselzuckend. »Hat sie eben ihr Fläschchen gehabt, Jack?«
»Nein«, sagte ich. »Das kriegt sie erst nach dem Abendessen.«
»Ja, das weiß ich. Ich meine, vor kurzem.«
»Nein«, sagte ich. »Auch nicht vor kurzem.« Ich deutete auf Amanda. »Soll ich mal versuchen?«
»Klar.« Julia gab mir den Löffel, und ich setzte mich neben Amanda und fing an, Flugzeug zu spielen. »Brrrr-uuummmm …« Amanda grinste sofort und öffnete den Mund.
»Jack geht richtig toll mit den Kindern um«, sagte Julia zu Ellen.
»Ich denke, es tut jedem Mann gut, sich mal um Haushalt und Familie zu kümmern«, sagte Ellen.
»Oh, ja. Das stimmt. Er hat mir sehr geholfen.« Sie tätschelte mein Knie. »Das hast du wirklich, Jack.«
Mir war klar, dass Julia zu fröhlich, zu gut gelaunt war. Sie war überdreht, redete schnell und wollte bei Ellen anscheinend den Eindruck erwecken, dass sie im Haus die Fäden in der Hand hielt. Ich konnte sehen, dass Ellen ihr kein Wort glaubte. Aber Julia war so
Weitere Kostenlose Bücher