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Beute

Beute

Titel: Beute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Crichton
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gleich wissen.« Er war ruhig.
    »Was ist mit dem Beifahrer?«
    »Moment«, sagte er. Er hatte ein Headset in seinem Helm und redete jetzt einfach mit leiser Stimme los. Es klang wie ein Code. Ich verstand: » … Update ein vier-null-zwei für siebendrei-neun hier …«
    Ich stand am Rand der Böschung und blickte nach unten, versuchte, etwas zu erkennen. Inzwischen waren etliche Hilfskräfte bei der Arbeit, einige hinter dem umgestürzten Wagen verborgen. Lange Zeit, so schien mir, geschah nichts weiter.
    Der Polizist sagte: »Ihre Frau ist bewusstlos, aber sie ist … sie war angeschnallt und ist nicht rausgeschleudert worden. Anscheinend ist sie nicht schwer verletzt. Herz und Atmung
    sind stabil. Sie hat keine Wirbelsäulenverletzungen, aber … sie … hat vermutlich einen Arm gebrochen.«
    »Sie ist also nicht in Lebensgefahr?«
    »Sieht so aus.« Wieder eine Pause, während er lauschte. Ich hörte ihn sagen: »Ihr Mann ist hier bei mir, also acht-sieben.« Als er sich mir erneut zuwandte, sagte er: »Ja. Sie kommt gerade wieder zu sich. Im Krankenhaus muss abgeklärt werden, ob sie innere Verletzungen hat. Und sie hat einen gebrochenen Arm. Aber sie sagen, sie ist anscheinend nicht schwer verletzt. Sie legen sie jetzt auf eine Trage.«
    »Gott sei Dank«, sagte ich.
    Der Polizist nickte. »Die Straße ist an dieser Stelle tückisch.«
    »Passiert so was hier oft?«
    Er nickte. »Alle paar Monate. Meistens geht es nicht so glimpflich ab.«
    Ich nahm mein Handy und rief Ellen an, bat sie, den Kindern zu sagen, sie sollten sich keine Sorgen machen, Mom werde wieder gesund. »Vor allem Nicole«, sagte ich.
    »Ich mach das schon«, versprach Ellen.
    Ich beendete das Gespräch und drehte mich zum Cop hin. »Was ist mit dem Beifahrer?«, fragte ich.
    »Sie ist allein im Wagen.«
    »Nein«, sagte ich. »Da war noch jemand bei ihr.«
    Er sprach in sein Headset, schaute mich dann wieder an. »Die sagen, nein. Sonst ist niemand da.«
    »Vielleicht ist er rausgeschleudert worden«, sagte ich.
    »Die fragen Ihre Frau … « Er lauschte einen Moment. »Sie sagt, sie war allein.«
    »Das kann nicht sein«, erwiderte ich.
    Er blickte mich an, zuckte die Achseln. »Sie behauptet es jedenfalls.« Im blitzenden Blaulicht der Rettungswagen konnte ich seinen Gesichtsausdruck nicht sehen. Doch in seinem Tonfall schwang mit: Schon wieder einer, der seine eigene Frau nicht richtig kennt. Er wandte sich ab, blickte über den
    Rand der Straße.
    Eines der Bergungsfahrzeuge hatte einen Stahlarm mit einer Winde ausgefahren, der jetzt über der Böschung hing. Ein Drahtseil wurde hinabgelassen. Ich sah, wie Männer mit den Füßen festen Halt an der steilen Böschung suchten, während sie eine Trage an der Winde befestigten. Ich konnte Julia nicht deutlich auf der Trage erkennen, sie war festgeschnallt, mit einer Thermofolie zugedeckt. Sie hob sich, schwebte durch den Kegel aus blauem Licht, dann ins Dunkel.
    Der Cop sagte: »Die fragen nach Drogen und Medikamenten. Nimmt Ihre Frau Drogen oder Medikamente?«
    »Nicht, dass ich wüsste.«
    »Was ist mit Alkohol? Hatte sie was getrunken?«
    »Wein beim Abendessen. Ein oder zwei Gläser.«
    Der Cop drehte sich weg und sprach leise in der Dunkelheit. Nach einer Pause hörte ich ihn sagen: »Okay.«
    Die Trage drehte sich langsam, während sie in die Luft stieg. Einer der Helfer, auf halber Höhe der Böschung, streckte den Arm aus und stabilisierte sie, bevor sie weiter nach oben schwebte.
    Ich konnte Julia erst deutlich erkennen, als die Trage schon auf der Straße war und die Rettungshelfer sie herumdrehten und vom Seil lösten. Julias Gesicht war verquollen, die linke Wange lila und die Stirn über dem linken Auge ebenfalls. Sie musste ziemlich fest mit dem Kopf aufgeschlagen sein. Sie atmete flach. Ich ging neben der Trage her. Sie sah mich und sagte: »Jack …« und versuchte zu lächeln.
    »Bleib ganz ruhig«, sagte ich.
    Sie hustete leicht. »Jack. Es war ein Unfall.«
    Die Sanitäter manövrierten sie jetzt um das Motorrad herum. Ich musste aufpassen, wo ich hintrat. »Ja, ich weiß.«
    »Es ist nicht so, wie du denkst, Jack.«
    Ich sagte: »Was meinst du, Julia?« Ich hatte den Eindruck, dass sie fantasierte. Ihre Stimme wurde mal leiser, mal lauter.
    »Ich weiß, was du denkst.« Ihre Hand packte meinen Arm. »Versprich mir, dass du dich nicht einmischst, Jack.«
    Ich sagte nichts, ich ging einfach neben ihr her.
    Sie drückte meinen Arm fester. »Versprich mir, dass du dich

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