Beutewelt 04 - Die Gegenrevolution
eine noch größere Masse von Kollektivisten versammelt. Der Anführer der Rus überlegte kurz, ob er seinen Ordnern den Angriff befehlen sollte, entschied sich dann jedoch um.
Den vielen St. Petersburger Bürgern, die sich ihm heute angeschlossen hatten und auch den zahlreichen Frauen, war eine weitere Straßenschlacht nicht mehr zumutbar.
„Wir ziehen uns zurück!“, befahl der blonde Rebellenführer enttäuscht und die Demonstranten änderten ihre Marschroute.
Daraufhin zog die Menge weiter zum Mesto Vosstaniya und dann eine breite Hauptstraße entlang zum Mesto Ostrovskogo, einem großen Platz in der Nähe des Neva Ufers.
Hier hielt Artur Tschistokjow eine aufwühlende Rede und wurde vom Jubel seiner Getreuen verabschiedet. Die Demonstration war vorbei und die Warägergarde versuchte die Teilnehmer auf ihrem Rückweg so gut es ging zu beschützen.
Bis in die tiefe Nacht hinein wurde St. Petersburg noch von zügelloser Gewalt gepeinigt und es gab weitere Tote und Verletzte. Züge und Straßenbahnen wurden beschossen und überfallen, Einkaufshäuser geplündert und mehrere Gebäude angezündet. Einige jugendliche Anhänger Tschistokjows setzten ein Gebäude in der Nähe des Mariinnsky-Theaters, das sie als Treffpunkt ihrer Gegner kannten, in Brand.
Kollektivstische Mobs, die sich teilweise mit aggressiven Banden von Nichtrussen zusammengerottet hatten, zogen ihrerseits bis zum Morgengrauen durch St. Petersburg und schlugen jeden zusammen, der ihren Weg kreuzte.
Am nächsten Morgen bot sich ein schauerliches Bild der Verwüstung. Schaufensterscheiben waren eingeschlagen worden, ausgebrannte Autos übersäten ganze Straßenzüge und Tote lagen auf dem Asphalt. Der Kampf um die zweitgrößte Metropole Russlands war in eine neue Phase eingetreten.
„Natürlich war das ein Erfolg!“, erwiderte Frank genervt und verpasste seinem Freund einen leichten Hieb in die Seite.
„Aber wir haben es nicht bis zum Haus der Gerechtigkeit geschafft. Die Kollektivisten verkaufen es als ihren Sieg“, gab Bäumer zurück.
„Scheiß auf diese Bastarde! Demnächst reißen wir denen richtig den Arsch auf!“, donnerte Kohlhaas zurück und ballte grimmig die Faust.
„Sie waren ja auch viel mehr als wir. Artur hat richtig gehandelt, als er nicht mehr weiter marschiert ist. Das hätte nur noch mehr Krawalle gegeben“, erklärte Alf.
Kohlhaas fauchte einige Verwünschungen vor sich hin und betonte, dass er sich schon darauf freue, die schwarz-roten Gegner eines Tages für immer aus St. Petersburg hinauszuprügeln.
„Wir kriegen diese Kollektivistenschweine schon platt! Immer mehr Russen sind auf unserer Seite. Auch in St. Petersburg. Wenn wir die Werbeaktionen verstärken und entschlossen zurückschlagen, dann können wir es schaffen“, knurrte Frank.
„Aber es sind so viele und sie sind rücksichtslos und brutal“, sorgte sich Bäumer.
„Dann antworten wir ihnen eben in der gleichen Sprache! Etwas anderes verstehen diese verblendeten Spinner ohnehin nicht!“
„Mal sehen, was die Zukunft bringt“, brummte Alfred und ging in den Nebenraum.
Frank schaute noch eine Runde Fernsehen und sah sich die Nachrichten auf einem nordamerikanischen Kanal an. Irgendeine Seuche war in Südindien ausgebrochen und hatte schon über Tausend Menschenleben gefordert, hieß es da. Irgendwann schaltete er das Gerät ab und legte sich schließlich ins Bett.
Sowohl die Kollektivisten als auch die Freiheitsbewegung der Rus legten die Vorfälle in St. Petersburg als Erfolge aus. Theodor Soloto erklärte im Internet, dass sie die „Reaktionäre“ aufgehalten hatten, während Tschistokjow betonte, dass sie „trotz der kollektivistischen Mörderbanden“ durch die Innenstadt gezogen waren.
Der Kampf um die Macht und die Herzen der 8 Millionen Einwohner der zweitgrößten Metropole Russlands ging jetzt mit ungebremster Wucht weiter. Werbematerial beider Seiten überschwemmte die Stadt, während Überfälle, Brandstiftungen, Verletzte und Tote inzwischen an der Tagesordnung waren.
Die Rus ließen in ihren Bemühungen nicht locker und vergrößerten stetig ihre Anhängerschaft. Bald kam es auch zu den ersten Übertritten von russischen Polizisten in ihre Reihen. Schließlich folgten sogar Verwaltungsbeamte und daraufhin ganze Massen von Verzweifelten, Entwurzelten und Unzufriedenen.
Die KVSG verlor langsam an Boden und musste ihren eisernen Griff um die Bezirke der Innenstadt zwangsläufig ein wenig lockern. Uljanin und Soloto
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