Beutewelt 04 - Die Gegenrevolution
brabbelte laut dazwischen und Artur Tschistokjow bat um Ruhe.
„Ich weiß, dass sich die meisten von uns mit Recht sorgen. Das tue ich auch, meine treuen Kämpfer! Aber wir müssen die Flucht nach vorn wagen. Uljanin und seine schwarz-roten Giftmischer werden niemals ruhen und wir dürfen es auch nicht. Das Schicksal lässt uns keine andere Wahl!
Ab morgen soll die große Werbeoffensive in St. Petersburg beginnen und der militärische Angriff wird ihr folgen. Wenn es uns gelingen sollte, diese Metropole einzunehmen, dann ändern sich die Machtverhältnisse in Westrussland endgültig zu unseren Gunsten. Dann haben wir eine starke Festung, ein Bollwerk! Vergesst das nicht!
Der Zeitpunkt ist günstig, die GCF hat Russland fast vollständig geräumt, um ihren kollektivistischen Pseudorevolutionären, ihren Mördergehilfen, nicht mehr im Weg zu stehen. Wir wissen auch, wer hinter dieser Teufelei steckt. Lasst uns unserem Volk die Freiheit und dieser Höllenbrut das Schwert bringen!“
Der Rebellenführer redete sich noch eine Stunde lang heiser, dann löste er die Versammlung auf. Die Vorgehensweise war jetzt von ihm unmissverständlich festgelegt worden.
Alf besuchte seine Freundin an diesem Abend noch einmal und fuhr am nächsten Morgen mit Frank und den Warägern nach Norden. Sie begannen mit ihrer Arbeit.
Schon in der ersten Septemberwoche drangen die Mitglieder der Freiheitsbewegung der Rus wieder in die grauen Häuserschluchten der St. Petersburger Vorstädte ein. Sie verteilten zahllose Flugblätter, Zeitungen und Datendisks. Unermüdlich plakatierten die Männer ganze Straßenzüge zu, fuhren mit Lautsprecherwagen durch die Gassen und predigten die Lehre Tschistokjows jedem, dem sie begegneten.
Des Öfteren wurden die Waräger gerufen, um die Werbetrupps vor kollektivistischen Überfallkommandos zu schützen. Dann brausten ihre Lastwagen durch die Straßen und ihre wachsamen Augen suchten die dunklen Ecken nach dem politischen Gegner ab.
In einem Vorort im Norden der Stadt wurden sie aus dem Hinterhalt von einigen KKG-Männern beschossen und Frank gab den Befehl, die Kollektivisten zu verfolgen. Die vermummten Gestalten verschwanden in einem verfallenen Häuserblock und die Waräger hasteten ihnen hinterher. Wohnung für Wohnung suchten die Soldaten ab, immer die Waffe im Anschlag.
Sie krochen durch dunkle Flure, die mit Schutt und Müll übersät waren und verschafften sich Eintritt in die kargen Wohnungen, in denen schmutzige und verarmte Russen hausten. Viele von ihnen waren Anhänger Uljanins und starrten sie aus ihren verrotteten Stuben mit hasserfüllten Augenpaaren an. Frauen liefen ihnen auf dem Hausflur entgegen und zischten etwas auf Russisch, dann spuckten sie vor ihnen auf den Boden und schlichen wieder zurück in ihre halbdunklen Wohnlöcher.
Sie fanden niemanden. Vermutlich waren die KKG-Männer längst durch einen Hinterhof entkommen. Frustriert kehrten sie dem hässlichen Wohnblock den Rücken, stiegen in die Lastwagen und fuhren zu einer anderen Stelle der gewaltigen Stadt.
Frank und seine Männer übernachteten in der Regel außerhalb von St. Petersburg in einer alten Turnhalle oder anderen, schäbigen Unterkünften. Manchmal waren sie auch nachts als Wachtruppe unterwegs und patrouillierten in den Straßen der Vororte. Das war ermüdend und eintönig. Diese Form des politischen Kampfes zerrte an den Nerven aller Männer.
In der zweiten und dritten Septemberwoche ging es mit dem Verteilen von Werbematerial in der Innenstadt weiter. Oft trafen sie dort auf feindlich gesinnte Anwohner, die ihnen hinterher schimpften und die Fäuste entgegen streckten. Sie gewöhnten sich auch daran. Nachts fuhren sie dann meistens wieder Patrouille.
Doch die Waräger konnten nicht überall sein. St. Petersburg war viel zu groß, um den Überblick zu bewahren. Ständig wurden ihre Mitstreiter irgendwo in der Metropole überrascht und angegriffen. Über 30 Rus wurden im September bei ihren Verteilaktionen von Kollektivisten erschossen oder erschlagen, viele weitere verletzt. Sie machten trotzdem weiter, denn es musste getan werden.
In der Nacht vom 29. auf den 30. September machten sich die Waräger bereit. Frank telefonierte noch einmal mit Julia und versprach ihr, so schnell wie möglich wieder nach Ivas zurückzukehren. Doch das sagte er ständig. Die junge Frau hatte sich mittlerweile damit abgefunden, immer wieder die ewig gleichen Beteuerungen zu hören. Sie waren sich in letzter Zeit wieder
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