Beutewelt 05 - Bürgerkrieg 2038
kommen.
Das Erste, was er tat, war, sich eine Telefonzelle zu suchen und Julia anzurufen. Er hatte die Handynummer seiner Angebeteten trotz aller Qualen nicht vergessen und tippte gelassen auf den Tasten des Fernsprechers herum. Kohlhaas grinste, presste den Hörer an sein Ohr, wartete. Ein langgezogenes Tuten ertönte, einen Augenblick später vernahm er Julias Stimme.
„Hallo?“, sagte die junge Frau.
„Ja, ich bin es! Ich bin in St. Petersburg!“, erklärte Frank mit einer gewissen Nüchternheit.
„Was? Frank?“
„Ja, wer sonst! Ich bin wieder da!“
„Frank? Frank, bist du das?“
„Ja, Frank Kohlhaas! Ich bin es!“
„Was soll das?“
„Was soll was?“
„Frank ist tot! Was soll das?“
„Nein! Julia, ich bin’s!“
„Was?“
„Ja, ich!“
„Wie?“
„Frank Kohlhaas lebt!“
Für einige Sekunden herrschte Stille, dann vernahm der General ein stilles Schluchzen am anderen Ende der Leitung.
„Bist du es wirklich, Frank?“
„Ja, hab ich doch gesagt!“
„Aber das kann nicht sein! Sie haben gesagt …?“
„Ich muss jetzt zum örtlichen Kommandostab der Volksarmee. Melde mich wieder. Mach dir keine Sorgen, mir geht es gut, Julia!“, erklärte Frank und legte auf.
Der von den Toten zurückgekehrte junge Mann ließ die Telefonzelle hinter sich und machte sich schnellen Schrittes auf zur leitenden Stelle der Volksarmee. Er war noch am Leben und jetzt sollten ihn seine Feinde kennenlernen.
„Ja, ich bin der Anführer der Warägergarde! Ich bin Frank Kohlhaas!“, schimpfte dieser eine Stunde später erbost, während sein Gegenüber, der oberste Offizier der Volksarmee der Rus in St. Petersburg, nur verwirrt herumstammelte.
„General Kohlhaas wurde vor einigen Monaten von den Kollektivsten erschossen, mein Herr!“, erwiderte der Mann ungläubig und rief einen weiteren Befehlshaber zu sich.
„Nein! Ich bin es!“
„Wenn Sie uns hier zum Narren halten wollen, dann zeigen wir Ihnen, dass wir sehr böse werden können!“, grollte der Mann hinter dem Schreibtisch.
„Ich schwöre es! Ich bin Frank Kohlhaas!“, versicherte dieser nachdrücklich.
Der immer noch reichlich verstörte Offizier ging in den Nebenraum und setzte sich vor einen Computer. Er wies Frank an, sich kurz zu gedulden. Sein Kollege folgte ihm nach. Einige Minuten später kam er mit weit aufgerissenen Augen hereingestürmt und musterte Frank von oben bis unten mit scharfem Blick.
„Das ist verrückt!“, flüsterte er seinem Kameraden zu.
„Na, sind Sie überzeugt?“, fragte Kohlhaas mürrisch.
„Vielleicht ist er ein Doppelgänger. Oder es ist ein Trick der Kollektivisten!“, konnte Frank den anderen Soldaten flüstern hören.
Nachdenklich postierte sich der Offizier der Volksarmee vor seinem unheimlichen Gast, kratzte sich am Hinterkopf und sagte: „Ich habe mir das Foto von General Frank Kohlhaas in unserem Datenarchiv angesehen. Sie sehen ihm wirklich verdammt ähnlich. Aber das kann nicht sein. Dieser tapfere Mann ist seit Wochen tot!“
„Nein, er ist nicht tot! Er steht vor Ihnen!“, knurrte der Anführer der Warägergarde.
„Kann Sie jemand einwandfrei identifizieren?“, wollte der Volksarmist wissen.
„Ja, natürlich! Holen Sie doch Artur Tschistokjow, Außenminister Wilden oder meinen Freund Alfred Bäumer persönlich hierher!“, schnaubte Frank. Langsam wurde er ungehalten.
„Artur Tschistokjow?“
„Ja, verflucht! Artur Tschistokjow!“
Der Offizier verschwand wieder im Nebenraum und diskutierte aufgeregt mit seinem Kollegen. Dann kam er erneut zurück, Frank noch immer ungläubig anstarrend.
„Schicken Sie mich zu meinen Warägern! Die werden ihren General schon erkennen! Wo ist Offizier Alfred Bäumer?“
„Warten Sie hier! Offizier Alfred Bäumer …“, murmelte der Mann und durchforstete einmal mehr sein Datenarchiv.
Kurz darauf berichtete der Oberbefehlshaber der Volksarmee, dass sich Alf mit seiner Abteilung Waräger in Nowgorod befände.
„Wollen Sie jetzt etwa nach Nowgorod fahren?“, erkundigte sich der Volksarmist und wirkte sichtlich überfordert.
„Ja, warum nicht?“
„Aber die Stadt ist zerstört und die Kollektivisten belagern sie noch immer. Sie wird bald fallen …“
„Wir werden sehen! Bringen Sie mich zu Alfred Bäumer und meinen Soldaten!“
Es dauerte einige Stunden, bis Frank Nowgorod erreicht hatte. Ein Jeep der Volksarmee hatte ihn bis in den noch von den Rus gehaltenen Westteil der Stadt gebracht und nun machte sich der
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