Beutewelt 05 - Bürgerkrieg 2038
Geht dieser Unsinn schon wieder los?“
Er wandte sich den anderen Logenbrüdern zu und zeigte auf den gedemütigten Kollektivistenführer vor sich. Dann rief er hämisch: „Jetzt hat er schon Milliarden Globes an Zuschüssen, GCF-Truppen und modernstes Kriegsgerät bekommen! Und jetzt fehlen ihm offenbar nur noch ein paar Atombomben zu seinem Glück!“
Die Herren an den Konferenztischen johlten, lachten und tuschelten mit spitzen Zungen durcheinander. Uljanin selbst sank wie ein Häufchen Elend auf seinem Stuhl zusammen.
„Verschwinden Sie, Bruder! Der hohe Rat erwartet baldige Erfolgsmeldungen aus Russland und wenn Sie sich wieder als Versager erweisen, dann hat das unschöne Konsequenzen für Sie!“, schnaubte der Weltpräsident, den Kollektivistenführer des Saales verweisend.
Artur Tschistokjow sollte mit seinen Vermutungen Recht behalten, die kollektivistische Bewegung hatte durch die fehlgeschlagene Großoffensive einen schweren Imageverlust erlitten und das Chaos aus Armut und sozialer Desolation, das ihre Wirtschaftspolitik in Zentralrussland angerichtet hatte, entfremdete immer mehr Russen von ihr. Anfang November 2040 kam es zu einigen ersten Volksaufständen gegen die kollektivistischen Herrscher. In Petrozavosk, im Norden von Russland, stürmte eine wütende Menschenmenge die örtliche KVSG-Zentrale und schlug alles kurz und klein. Artur Tschistokjow reagierte sofort und ließ seine Volksarmisten den Volksaufstand unterstützen und die Stadt besetzen.
Nicht viel anders verlief es einige Tage später in Vysnij Volochek. Auch in Kharkiv und Sumy in der Ukraine verjagten die Bürger die örtlichen KVSG-Funktionäre und wurden dabei von den Rus unterstützt.
„Uljanins Reich der Lüge zerfällt!“, titelten die weißrussischen Zeitungen, während Artur Tschistokjow in einer langen Fernsehansprache den Untergang der „kollektivistischen Irrlehre“ beschwor.
Der politische Gegner hatte hingegen größte Mühe, diese offensichtlichen Verfallserscheinungen zu relativieren oder zu vertuschen. Der Zweifel an Uljanins Politik und den Lehren Mardochows war in den Köpfen von Millionen Russen während der letzten Monate gewachsen und die Freiheitsbewegung der Rus erhielt einen ungeahnten Zulauf.
Sogar einige Einheiten der schwarz-roten Armee kehrten ihren bisherigen Befehlshabern in diesen Tagen den Rücken und liefen zur Volksarmee über. Und Tschistokjow ließ es sich nicht nehmen, gehörig Salz in die aufgerissenen Wunden der kollektivistischen Bewegung zu streuen. Wieder und wieder verklärten die von ihm kontrollierten Fernsehsender und Presseorgane das Scheitern von Uljanins Großoffensive zu einem „historischen Sieg“ der Freiheitsbewegung. Sie sprachen vom „spartanischen Heldenmut der Verteidiger“ und verglichen die Abwehrschlacht gegen die schwarz-rote Armee mit der „Schlacht bei den Thermophylen“, die der altgriechische König Leonidas gegen eine Übermacht der Perser ausgefochten hatte.
General Frank Kohlhaas wurde in diesem Zusammenhang häufig als „leuchtendes Beispiel des Heroismus“ angeführt und sein Konterfei erfüllte die Fernsehschirme oder schmückte die Titelblätter der weißrussischen Zeitungen. Der deutsche Kriegsheld selbst nahm die Verherrlichung seiner Person nach wie vor mit einem gewissen Schmunzeln hin und staunte nicht schlecht, als ihm Wilden erzählte, dass viele weißrussische Familien ihre neugeborenen Kinder mit zunehmender Häufigkeit „Frank“ tauften. Tschistokjow ließ ihm zu Ehren sogar das größte Gymnasium in Minsk zum „Frank-Kohlhaas-Gymnasium“ umbenennen.
Doch trotz allem war der Kollektivismus noch keineswegs am Ende, denn er kontrollierte nach wie vor den größten Teil Russlands und der Ukraine. Selbst die gut durchdachte Kriegspropaganda Tschistokjows änderte wenig daran, dass die Verluste an Menschen und Material in den Reihen der Rus so verheerend gewesen waren, dass eine Gegenoffensive zunächst nicht zu verwirklichen war.
Der Zug, der bis ins letzte Abteil mit Volksarmisten und Warägern vollgestopft war, raste mit lautem Geratter über die Gleise in Richtung Osten. Mittlerweile war es bereits November und es wurde langsam kälter. Frank und Alfred waren erneut auf dem Weg zur Front, die sich in den letzten Tagen quer durch halb Russland vor und wieder zurück geschoben hatte.
Die beiden Freunde wirkten betrübt, wünschten sich, dass sie noch eine Weile bei ihren Lieben hätten bleiben dürfen, doch der russische
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