Beutewelt 05 - Bürgerkrieg 2038
ich lasse Sie sofort erschießen, wenn Sie oder einer Ihrer Männer darüber auch nur ein einziges Wort verliert. Ist das klar?“
„Jawohl, Herr Kollektivgenosse!“
„Sie werden unverzüglich mit Ihrer Arbeit beginnen. Ab heute werde ich eigene Atomwaffen produzieren lassen!“
Der Untergebene wirkte leicht verunsichert, schwieg jedoch.
„Das ist alles! Wegtreten!“, knurrte Uljanin und sein Kopf versank wieder hinter dem Bildschirm eines Laptops.
Die Ordnung in Indien war inzwischen in drei Vierteln des Landes zusammengebrochen und die Fernsehsender zeigten ein apokalyptisches Horrorszenario, wie es die Menschheit noch niemals zuvor gesehen hatte. Mindestens 230 Millionen Menschen waren mittlerweile mit dem ODV-Erreger infiziert und rangen mit dem Tode. Etwa 30 Millionen weitere Inder waren in den letzten Wochen verhungert.
Großstädte wie Neu-Delhi und Bombay waren von Sub-Governeur Gahji Kareshwar hermetisch abgeriegelt worden und riesige Speerzäune versuchten Hunderttausende von Flüchtlingen aus dem Süden des Landes abzuhalten.
Etwa 100.000 GCF-Soldaten waren zusätzlich nach Indien verlegt worden, um der indischen Polizei dabei zu helfen, die wichtigsten Großstädte im Norden des Landes vor dem herannahenden Chaos zu schützen. Täglich schossen sie plündernde und halbverhungerte Massen zusammen. Doch der tödliche Virus war längst auch in die Metropolen eingedrungen und der Glaube, diese Städte nach außen hin abschirmen zu können, erwies sich bald als Illusion. Die Weltregierung äußerte weiterhin gebetsmühlenartig ihr Bedauern darüber, dass sie trotz der intensiven Bemühung ihrer besten Wissenschaftler noch immer kein wirksames Gegenmittel gegen die ODV-Seuche hatte entwickeln können und der Weltpräsident versprach vor laufenden Kameras mit leidender Miene, dass der Weltverbund auch in Zukunft nicht wegsehen würde.
Etwa eine Million Menschen in Nepal waren ebenfalls schon von ODV betroffen, in Pakistan um die drei Millionen, in Bangladesh mehrere Hunderttausende und selbst in China häuften sich die Krankheitsfälle in den Grenzregionen.
Wenn die Hintergrundmächte hier wirklich eine biologische Waffe oder eine selbst gezüchtete Massenseuche entwickelt hatten, wie Wilden nach wie vor vermutete, dann war sie „effektiver“ als jede Atombombe.
Die Auswirkungen der ODV-Epidemie waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal im Ansatz abschätzbar, aber es war davon auszugehen, wenn nicht schnellstens ein Gegenmittel gefunden wurde, dass noch Hunderte Millionen Menschen dahingerafft würden.
Allerdings verschaffte das furchtbare Massenchaos in Indien den Rus zynischerweise auch einen gewissen Vorteil, denn Tausende von GCF-Soldaten mussten aus dem sibirischen Teil auf den gebeutelten Subkontinent verlegt werden, um dort für Ordnung zu sorgen.
Angeblich waren Mitte November 2040 auch die ersten Fälle von ODV-Erkrankungen in Dushanbe in Tadschikistan aufgetreten. Genaueres wusste allerdings niemand und so führten die verfeindeten Mächte in Russland weiter ihren blutigen Bürgerkrieg und kümmerten sich nur wenig um derartige Pressemeldungen. Hochrangige Mitglieder der internationalen Logenorganisation hatten bereits vor vielen Jahren öffentlich für eine „massive Dezimierung der Weltbevölkerung“ plädiert und immer wieder betont, dass es „einige Milliarden Menschen zu viel“ gäbe. Vielleicht erfüllten sich ihre teuflischen Wünsche jetzt im Zuge der ODV-Seuche.
Uljanin war jedenfalls fest entschlossen, seine eigene Herrschaft in Russland zu festigen und so geriet er durch den geheimen Aufbau einer eigenen Nuklearwaffenbasis in Sibirien in offene Konfrontation mit dem Rat der Weisen. Zudem steigerten sich sein Misstrauen und seine Paranoia gegenüber seinen eigenen Mitstreitern, vor allem gegenüber Theodor Soloto, allmählich ins Unermessliche. In den frühen Morgenstunden des 25. November stürmten KKG-Männer die Wohnungen von mehreren Dutzend KVSG-Funktionären in Moskau und verhafteten sie mit fadenscheinigen Argumenten. Anschließend wurden sie liquidiert, denn Uljanin hatte sie für „nicht mehr vertrauenswürdig“ erklärt.
Und das sollte erst der Anfang der von ihm befohlenen Säuberungswelle in den eigenen Reihen sein. Dem wachsenden Misstrauen des Kollektivistenführers fielen nach und nach Dutzende seiner ehemaligen Getreuen zum Opfer.
Theodor Soloto, der unter dem besonderen Schutz der Weisen stand, wurde allerdings nicht angerührt. Im Gegenzug
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