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Bevor ich sterbe

Bevor ich sterbe

Titel: Bevor ich sterbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Downham
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ich den Motor anließ, dann Kupplung treten, in den Ersten, Kupplung kommen lassen, aufs Gas. Ich habe es dreimal um den Block geschafft und nur zweimal den Motor abgewürgt, so gut wie noch nie. Ich habe das Auto durch den Kreisverkehr gelenkt und auf der Hauptstraße zu Zoey sogar den dritten Gang gefunden. Und jetzt hockt sie da und funkelt mich böse an, als wäre das alles irgendein furchtbarer Fehler.
    »Weißt du«, sage ich, während ich aufstehe und den Reißverschluss meiner Jacke wieder zuziehe, »ich hab gedacht, wenn ich es unfallfrei bis hierher schaffe, würde als einziges Problem nur die Schnellstraße bleiben. Darauf, dass du dich wie ein Arschloch benehmen würdest, wär ich nicht gekommen.«
    Sie schubbert mit den Füßen über den Boden. »Sorry. Ich hab bloß grade ziemlich viel um die Ohren.«
    »Was denn so?«
    Sie zuckt die Schultern. »Du kannst nicht erwarten, dass alle Leute Zeit haben, bloß weil du freihast.«
    Ich spüre, wie etwas in mir wächst, während ich sie ansehe, und in einem glasklaren Moment geht mir auf, dass ich sie überhaupt nicht mag.
    »Weißt du was?«, sage ich. »Vergiss es. Ich mach die Liste allein.«
    Sie steht auf, schwingt ihre blöden Haare durch die Gegend und zieht eine Schnute. Dieser Trick kommt vielleicht bei Jungs an, ändert aber nichts an meiner Einstellung zu ihr.
    »Ich hab nicht gesagt, dass ich nicht mitkomme!«
    Aber ich langweile sie, das kann jeder sehen. Sie wünscht, ich würde mit dem Sterben vorankommen, damit sie endlich wieder mehr Zeit für sich hat.

    »Nein, nein, bleib du nur hier«, sage ich ihr. »Wenn du dabei bist, kommt sowieso nichts Gutes dabei raus!«
    Sie kommt hinter mir her in den Flur. »Stimmt überhaupt nicht!«
    Auf der Fußmatte drehe ich mich um. »Ich hab gemeint, bei mir. Ist dir noch nie aufgefallen, dass die ganze Scheiße, die runterkommt, immer auf meinem Kopf landet, nie auf deinem?«
    Sie runzelt die Stirn. »Wann? Wann soll das sein?«
    »Die ganze Zeit. Manchmal frag ich mich, ob du bloß deshalb mit mir befreundet bist, damit du immer weiter die Glückliche von uns beiden sein kannst.«
    »Meine Güte!«, ruft sie aus. »Kannst du vielleicht mal eine Minute lang aufhören, über dich selbst zu labern?«
    »Halt die Klappe!«, sage ich ihr. Das fühlt sich so gut an, dass ich es gleich noch mal sage.
    »Nein«, sagt sie. »Halt du die Klappe«, aber ihre Stimme ist kaum mehr als ein Flüstern, und das ist unheimlich. Sie weicht einen kleinen Schritt zurück, bleibt stehen, als ob sie noch etwas sagen wollte, überlegt es sich dann aber anders und läuft die Treppe hoch.
    Ich gehe nicht hinterher, sondern warte ein Weilchen im Flur und spüre, wie flauschig der Teppichboden unter meinen Füßen ist. Ich horche auf das Ticken der Uhr, zähle bis sechzig, ehe ich ins Wohnzimmer gehe und den Fernseher anschalte. Sieben Minuten lang sehe ich mir Hobbygärtnern an und erfahre, dass man auf einem sonnigen Grundstück in Südlage sogar in England Aprikosen züchten kann. Ob Adam das wohl weiß? Doch dann habe ich genug von Blattläusen und roten Spinnenmilben und der leiernden Stimme des doofen Mannes, deshalb schalte ich es aus und schicke Zoey eine SMS: SORRY.
    Ich schaue aus dem Fenster, um nachzusehen, ob das Auto noch da ist. Ist es. Der Himmel sieht düster aus, mit richtig tief hängenden schwefelgelben Wolken. Bei Regen bin ich noch nie
gefahren, das macht mir ein wenig Sorgen. Ich wünschte, es wäre noch Oktober. Damals war es so warm, als hätte die Welt vergessen, dass als Nächstes der Herbst dran war. Ich weiß noch, wie ich aus dem Krankenhausfenster das Laub fallen sah.
    Zoey simst zurück: EBENSO.
    Sie kommt runter ins Wohnzimmer, in einem türkisfarbenen Minikleid mit jeder Menge Armreifen. Die winden sich ihren Arm rauf und klimpern, während sie zu mir kommt und mich in den Arm nimmt. Sie riecht gut. Ich lehne mich an ihre Schulter, und sie küsst mich oben auf den Kopf.
    Zoey lacht, als ich den Motor anlasse und sofort wieder abwürge. Ich versuche es noch mal, und während wir die Straße entlanghoppeln, erzähle ich ihr, dass Dad fünfmal mit mir Autofahren war, aber ich es einfach nicht richtig hingekriegt habe. Das mit den Füßen war so schwer – das leichte Antippen der Kupplung, der gleiche, nur genau entgegengesetzte Druck auf das Gaspedal.
    »Das ist es!«, rief er immerzu. »Spürst du den Schleifpunkt?«
    Aber ich spürte gar nichts, nicht mal, als ich meine Schuhe auszog.
    Wir hatten

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