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Bevor ich sterbe

Bevor ich sterbe

Titel: Bevor ich sterbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Downham
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gemacht«, erzähle ich ihr. »Bevor Mum weggegangen ist. Bevor ich krank geworden bin. Wir haben immer im Crosskeys Hotel gewohnt. Jeden Morgen sind wir aufgestanden, haben gefrühstückt und waren den ganzen Tag am Strand. Zwei Wochen lang, jeden Tag.«
    »Spaß bis zum Abwinken!«, sagt Zoey, rutscht auf der Bank tiefer und zieht ihren Mantel fester über der Brust zusammen.
    »Wir sind nicht mal zum Mittagessen ins Hotel rauf. Dad hat uns Sandwiches gemacht, und zum Nachtisch haben wir Becher mit fertiger Götterspeise gekauft. Dazu hat er am Strand in einer Plastikschüssel Vanillesoßenpulver mit Milch angerührt. Das war so ein abartiges Geräusch, wie die Gabel gegen die Schüssel geschlagen hat, mitten zwischen Möwenschreien und Wellenrauschen.«

    Zoey sieht mich lange durchdringend an. »Hast du heute vergessen, irgendein wichtiges Medikament zu schlucken?«
    »Nein!« Ich packe sie am Arm, ziehe sie hoch. »Los, komm, ich zeig dir das Hotel, in dem wir immer gewohnt haben.«
    Wir spazieren die Promenade entlang. Unter uns ist der Sand mit Tintenfischschalen bedeckt. Sie sehen schwer und vernarbt aus, als würden sie immer bei Flut gegeneinander schlagen.
    Ich witzle, dass wir sie ja aufsammeln und einer Zoohandlung für die Wellensittiche verkaufen könnten, aber eigentlich ist es merkwürdig. Ich kann mich nicht erinnern, dass es früher so gewesen wäre.
    »Vielleicht liegt es am Herbst«, sagt Zoey. »Oder an der Umweltverschmutzung. Der ganze verrückte Planet stirbt. Du solltest dich glücklich schätzen, dass du von hier wegkommst.«
    Zoey sagt, sie muss pinkeln, geht die Treppe zum Strand runter und hockt sich dort hin. Ich kann nicht so recht glauben, dass sie so etwas macht. Da ist zwar kaum ein Mensch weit und breit, aber früher hätte es ihr unheimlich viel ausgemacht, wenn man sie dabei gesehen hätte. Ihre Pisse bohrt ein Loch in den Sand und verschwindet dampfend. Zoey sieht sehr primitiv aus, wie sie sich die Hose wieder hochzieht und zu mir zurückstapft.
    Eine Weile bleiben wir stehen und schauen zusammen aufs Meer hinaus. Es braust heran, schäumt weiß auf, zieht sich zurück.
    »Ich bin froh, dass du meine Freundin bist, Zoey«, sage ich, nehme ihre Hand in meine und halte sie fest.
    Wir gehen am Hafen entlang. Ich bin kurz davor, ihr von Adam und der Motorradfahrt zu erzählen, und was auf dem Hügel passiert ist, aber es kommt mir zu schwierig vor, und ich will eigentlich nicht drüber reden. Stattdessen verliere ich mich in Erinnerungen an diesen Ort. Alles ist so vertraut – die Souvenirbude
mit ihren Eimern und Schippen und Ansichtskartenständern, die weiß getünchten Mauern der Eisdiele mit der riesigen rosaglänzenden Plastikwaffel davor. Ich schaffe es sogar, die Gasse zu finden, die vom Hafen abgeht und eine Abkürzung zum Hotel ist.
    »Es sieht anders aus«, sage ich ihr. »Früher war es größer.«
    »Aber es ist das richtige Haus?«
    »Jap.«
    »Toll, also können wir dann jetzt zum Auto zurück?«
    Ich stoße das Tor auf, wir gehen den kurzen Pfad hoch. »Ich möchte wissen, ob sie mich das Zimmer ansehen lassen, in dem wir immer gewohnt haben.«
    »Gott!«, stöhnt Zoey und lässt sich auf die Mauer fallen, um zu warten.
    Eine Frau mittleren Alters macht die Tür auf. Sie sieht freundlich und feist aus und hat eine Schürze vorgebunden. Ich kann mich nicht an sie erinnern. »Ja bitte?«
    Ich erzähle ihr, dass ich als Kind immer hergekommen bin und dass wir jeden Sommer zwei Wochen lang das Familienzimmer hatten.
    »Und suchen Sie ein Zimmer für heute Nacht?«, fragt sie.
    Darauf war ich noch gar nicht gekommen, aber auf einmal hört es sich nach einer tollen Idee an. »Können wir dasselbe Zimmer haben?«
    Zoey marschiert hinter mir den Pfad hoch, packt mich am Arm und wirbelt mich herum. »Was, zum Teufel, machst du da?«
    »Ich buche ein Zimmer.«
    »Ich kann nicht hierbleiben, ich muss morgen ins College.«
    »Du musst andauernd ins College«, sage ich ihr. »Und du hast noch massenhaft morgen vor dir.«
    Ich finde, das klingt ziemlich überzeugend, und jedenfalls
bringt es Zoey endlich zum Schweigen. Sie schlurft zur Mauer zurück, hockt sich dort hin und starrt in den Himmel.
    Ich wende mich wieder der Frau zu. »Tut mir leid«, entschuldige ich mich. Ich mag sie. Sie ist überhaupt nicht misstrauisch. Vielleicht sehe ich heute aus wie fünfzig, und sie denkt, Zoey wäre meine missratene Teenie-Tochter.
    »Da ist jetzt ein Himmelbett drin«, sagt sie, »aber

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