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Bevor ich sterbe

Bevor ich sterbe

Titel: Bevor ich sterbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Downham
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ausgeleierte Jogginghose. Müde und blass sieht sie aus.
    »Möchtest du wissen, welche Symptome ich am liebsten loswerden will?« Sie legt die Zeitschrift auf ihren Schoß und zählt an den Fingern ab. »Meine Brüste sehen wie irgend so’ne abartige Landkarte aus, überall blaue Adern. Ich fühl mich
schwer – selbst meine Finger sind schwer. Die Übelkeit hört nicht auf. Ich hab ständig Kopfschmerzen. Und meine Augen brennen.«
    »Irgendwas Positives?«
    Darüber denkt sie kurz nach. »Ich rieche anders. Richtig nett.«
    Ich beuge mich über den Tisch vor und atme sie ein. Sie riecht nach Rauch, Parfüm, Kaugummi. Und noch was anderem.
    »Fekund«, kläre ich sie auf.
    »Hä?«
    »Das heißt, dass du fruchtbar bist.«
    Sie schüttelt den Kopf über mich, als wäre ich verrückt. »Hat dein Freund dir das beigebracht?«
    Als ich nicht antworte, wendet sie sich wieder ihrer Zeitschrift zu. Zweiundzwanzig Seiten coole neue Must-haves. Wie man einen supergeilen Lovesong schreibt. Wird die Menschheit je den Weltraum bereisen?
    »Ich hab mal so einen Film gesehen«, erzähle ich ihr, »über ein Mädchen, das gestorben ist. Als sie in den Himmel kam, war das tot geborene Baby von ihrer Schwester schon da, und sie hat sich drum gekümmert, bis sie alle wieder vereint waren.«
    Zoey tut, als hätte sie nichts gehört, und blättert die Seite um, als hätte sie sie gelesen.
    »Mir könnte es auch so gehen, Zoey.«
    »Ach was.«
    »Dein Baby ist noch so klein, das könnte ich in meiner Tasche tragen.«
    »Halt den Mund, Tessa!«
    »Neulich hast du nach Babyklamotten geguckt.«
    Zoey sackt im Sitzen in sich zusammen und schließt die Augen. Ihr Mund erschlafft, so als hätte bei ihr wer den Stecker rausgezogen. »Bitte«, sagt sie. »Bitte sei still. Du hättest nicht mitkommen sollen, wenn du doch nur dagegen sein willst.«

    Sie hat recht. Ich wusste es vorige Nacht, als ich nicht schlafen konnte. Am anderen Ende vom Flur tropfte die Dusche, und irgendwas – eine Kakerlake? Eine Spinne? – wuselte über den Badvorleger.
    Ich stand auf und ging in meinem Morgenmantel nach unten. Ich hatte an eine Tasse heißen Kakao gedacht, vielleicht etwas Spätfernsehen. Aber da, genau mitten in der Küche, steckte eine Maus an einer Kakerlakenfalle von Dad fest. Das einzige Teil von ihr, das nicht an der Pappe festklebte, ein Hinterbein, benutzte sie wie ein Paddel in dem Versuch, von mir wegzukommen. Sie hatte Todesangst. Ich wusste, ich musste sie töten, kam nicht drauf, wie ich das anstellen könnte, ohne ihr noch mehr Schmerzen zuzufügen. Ein Bratenmesser? Eine Schere? Einen Bleistift in den Hinterkopf? Mir fielen nur scheußliche Todesarten ein.
    Schließlich holte ich einen alten Eisbehälter aus dem Schrank und füllte ihn mit Wasser. Ich tunkte die Maus hinein und hielt sie mit einem Holzlöffel unten. Verwundert blickte sie zu mir hoch, während sie sich abstrampelte, Luft zu bekommen. Drei kleine Luftbläschen stiegen auf, eins nach dem anderen.
    Ich schreibe eine SMS an Zoeys Baby: VERSTECK DICH!
    »An wen ist das?«
    »Niemand.«
    Sie beugt sich über den Tisch vor. »Zeig.«
    Ich lösche es und halte ihr das leere Display hin.
    »War das an Adam?«
    »Nein.«
    Sie verdreht die Augen. »Erst schlaft ihr im Garten praktisch miteinander, und dann geilst du dich irgendwie pervers dran auf, so zu tun, als wär nichts gewesen.«
    »Er hat kein Interesse.«
    Sie runzelt die Stirn. »Doch, natürlich. Seine Mum ist rausgekommen und hat euch erwischt, das ist alles. Sonst hätt er dich liebend gern gevögelt.«

    »Es ist vier Tage her, Zoey. Wenn er Interesse hätte, hätte er sich gemeldet.«
    Sie zuckt die Schultern. »Vielleicht ist er beschäftigt.«
    Wir lassen diese Lüge eine Zeit lang auf uns einwirken. Ich bin nur noch Haut und Knochen, habe lila Ringe unter den Augen und fange eindeutig an, komisch zu riechen. Adam ist wahrscheinlich noch damit beschäftigt, sich den Mund auszuspülen.
    »Liebe tut sowieso nicht gut«, sagt Zoey. »Dafür bin ich der lebende Beweis.« Sie knallt die Zeitschrift auf den Tisch und schaut auf ihre Uhr. »Scheiße, für was genau bezahle ich eigentlich?«
    Ich setze mich um, damit ich neben ihr sein kann.
    »Vielleicht ist das Ganze ein Witz«, sagt sie. »Vielleicht knöpfen sie einem das Geld ab, lassen einen schwitzen und hoffen, das alles wird einem so peinlich, dass man einfach nach Hause abhaut.«
    Ich nehme ihre Hand und halte sie zwischen meinen beiden. Sie guckt ein wenig

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