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Bevor mir der Tod die Augen schließt (Ein-Linnea-Kirkegaard-Krimi) (German Edition)

Bevor mir der Tod die Augen schließt (Ein-Linnea-Kirkegaard-Krimi) (German Edition)

Titel: Bevor mir der Tod die Augen schließt (Ein-Linnea-Kirkegaard-Krimi) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Vad Bruun , Benni Bødker
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Richtung beinhaltete, erhöhte die Anspannung nur, und es half auch nichts, dass Bente einige Brocken Somali gelernt hatte. Sie verstand gerade genug, um ständig beunruhigt zu sein, ohne dass sie Ahmed oder seinen Männern etwas Konkretes vorwerfen konnte.
    In der Nacht – in den schlimmsten Stunden, wenn sie wegen der Bombardierungen in der Nachbarschaft nicht schlafen konnte – malte Bente sich den Wortlaut der kleinen Notiz aus, die ihr Verschwinden oder ihren Tod kommentieren würde:
    »Bente Hultin, 1962 in Viborg geboren, ausgebildete Sozialarbeiterin und in den letzten Jahren von Dänemarks größter unabhängiger Hilfsorganisation in verschiedene Gegenden von Afrika entsandt worden. Hinterlässt einen Ehemann, von dem sie sich entfremdet hat, und eine sechsundzwanzigjährige Tochter, Lilja, die äußert, dass der Fortgang ihrer Mutter nicht viel in ihrem Leben ändern wird: ›Mama war so damit beschäftigt, die Welt zu retten, dass wir anderen immer hintenanstanden. Jetzt, wo sie weg ist, kann sie uns wenigstens nicht mehr im Stich lassen.‹ Ihr Arbeitgeber und ihre Kollegen beschreiben Bente Hultin als pflichtbewusst und wohlmeinend, wenn auch nicht immer auf dem neuesten Stand, was ihre Methoden betrifft.«
    Ja, sie wusste es genau, das alles: Wie enttäuscht Lilja und Jens waren von ihr und ihrer »Flucht« – so bezeichneten die beiden höhnisch Bentes Engagement. Sie verstanden nicht, dass sie ein Bedürfnis danach hatte, etwas auszurichten, Menschen zu helfen, die wirklich in Not waren. Bente wusste auch, dass sie nicht unbedingt zu den innovativsten Mitarbeitern gehörte. Und wenn sie ganz ehrlich zu sich war, war sie sich auch der Gerüchte bewusst, die besagten, dass sie zu großen Gefallen an den jungen schwarzen Männern fand, die ebenfalls bei der Organisation arbeiteten. Aber sie konnte schließlich nichts dafür, dass die Männer sie anziehend fanden. Sollte sie sich etwa dafür entschuldigen, dass sie nicht so sehr vor älteren Damen zurückschreckten wie die dänischen Kerle? Eine reife Frau sei ein Geschenk für einen jungen Mann, hatte Simon gesagt, und je öfter sie das gehört hatte, desto mehr hatte sie es geglaubt. Auch die somalischen Männer hatten sich nicht zurückgehalten. Jeden Abend gab es an der Hotelbar gleich mehrere, die ihr eindeutige Angebote machten, aber sie war äußerst vorsichtig, mit wem sie sich einließ. Hier lief alles direkter und geschäftsmäßiger ab, und obwohl sie Simon natürlich auch hin und wieder mit etwas Geld ausgeholfen hatte, war dies etwas anderes. Es war ein bisschen so wie mit den Legionären: Man musste sichergehen, dass diejenigen, die man in sein Bett ließ, mehr davon hatten, wieder zurückzukehren, als einen zu bestehlen.
    Bei Vitus hatte sie endlich das Gefühl gehabt, dieselbe Geborgenheit zu spüren, die sie so sehr vermisste, seit Simon nicht mehr da war. Vitus war achtzehn und sah nicht so aus wie die anderen somalischen Männer, die mit ihren feinen Zügen zwar hübsch, aber dadurch auch weniger maskulin waren. Vitus war kantiger, sowohl was den Körperbau betraf als auch das Gesicht. Er sprach nahezu fehlerfrei Englisch und besaß ein Selbstbewusstsein, dem man nur schwer widerstehen konnte. Seine Komplimente waren ziemlich unbeholfen, aber wohlwollend, und schon bald fieberte sie den Abenden entgegen, an denen er im Hotel auftauchte und sie begrüßte: Hello, my beautiful lady.
    Nach den einleitenden Floskeln sprachen sie nicht mehr viel miteinander, doch nachdem Vitus vor einiger Zeit herausgefunden hatte, dass Bentes Zeit in Mogadischu begrenzt war, war er redseliger geworden, ja beinahe prahlerisch. Bente versuchte es zu überhören. Sie konnte nicht umhin, sich geschmeichelt zu fühlen, aber im Grunde wusste sie genau, dass er verzweifelt versuchte, so viel wie möglich aus ihrer Beziehung herauszuholen. Am liebsten natürlich den Hauptgewinn: ein Ticket in den Westen. Meistens redete er nur über eins – dass er garantiert ein viel besserer Liebhaber war als alle anderen, die sie je kennengelernt hatte.
    »No one of them can make you scream like me, no? I am sure you never scream so high before Vitus.«
    Bente genoss das Schauspiel und begnügte sich meistens damit, ihn geheimnisvoll anzulächeln. Doch ihr Lächeln erstarrte an jenem Abend, als sie ihm die Tür öffnete und er mit einer Pistole vor ihr stand. Dieser Abend veränderte alles.

53
    D er Weg zur Peblinge Dossering führte Linnea an der Danielkirche vorbei,

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