Bevor mir der Tod die Augen schließt (Ein-Linnea-Kirkegaard-Krimi) (German Edition)
war als Klempner und zu keinem überzeugenden Ergebnis kommen würde, wenn er das Wasser neben der Spüle noch weiter studierte.
»Nein.«
»Hast du nicht eben gesagt, die Geschichte hätte ein gutes Ende?«
Kraus lachte.
»Behauptest du nicht immer, ich wäre ungeduldig? Die Kollegen von der Drogenfahndung kennen den Mann nicht, er ist ihnen eher zufällig aufs Bild geraten. Aber auf den Überwachungsbildern kann man ihn den ganzen Weg bis zum Parkplatz gegenüber der Arsenalinsel verfolgen, wo er neben einem schwarzen Volvo steht und telefoniert. Und ja, ich habe das Bild so vergrößern lassen, dass man das Nummernschild erkennen kann. Und ja, ich habe ihn im Zentralen Fahrzeugregister ermittelt und seinen Namen und seine Adresse herausgefunden. Sonst noch was?«
Thor warf einen letzten Blick in die Wohnung und zog dann die Tür hinter sich zu.
»Überraschend pflichtbewusst von den Kollegen«, sagte er. »Soweit ich weiß, haben sie diesen Herbst so viele Leute festnehmen lassen, dass man sie gar nicht alle rechtzeitig dem Haftrichter vorführen konnte. Seither führen sie keine Razzien mehr aufgrund von Tipps durch und haben die Ansage bekommen, nur noch einzugreifen, wenn direkt vor ihren Augen gedealt wird.«
»Sag mal, wäre an dieser Stelle nicht ein bisschen Dankbarkeit deinerseits angebracht?«
Thor war bereits unten auf der Straße angekommen.
»Gib mir die Adresse dieses Mannes, dann treffen wir uns da in ein paar Minuten.«
Doch während er das sagte, fiel ihm auf, dass er das wohl doch nicht ganz schaffen würde. Er sah sich verwirrt um. Hatte er vergessen, wo er das Auto abgestellt hatte? Er eilte den Frederiksborgvej entlang. Blieb bei jeder Lücke zwischen den parkenden Autos stehen. Tastete seine Taschen ab und fand den Autoschlüssel in der Jacke. Er versuchte, die Situation im Kopf durchzuspielen, doch es machte keinen Unterschied. Genau hier hatte er vor einer halben Stunde geparkt. Hatte die Handbremse gezogen und den Wagen abgeschlossen. Ja, er hatte sogar wie üblich am Türgriff gezogen, um sich zu vergewissern, ob er auch wirklich abgesperrt hatte, ehe er zum Haus gegangen war.
Und jetzt war das Auto weg.
Gestohlen.
»Zum Teufel auch!«
*
Linnea stakste vorsichtig über die Türschwelle, unsicher, ob es sich um einen Tatort handelte und sie womöglich nichts anrühren durfte. Sie nahm die Atmosphäre der Zimmer in sich auf. Aus irgendeinem Grund hatte sie sich vorgestellt, dass Anisa an einem anderen Ort wohnen würde. Auf eine andere Art und Weise. Aber wie sollte man sich die Wohnung einer ehemaligen Kindersoldatin eigentlich vorstellen?
»Was hast du gefunden?«
»Rein gar nichts, aber hier konnte ich wenigstens im Trockenen warten.«
Sie sagte Thor mit einem Blick, dass er es getrost vergessen konnte, ohne eine ordentliche Erklärung abzuhauen. Er ging zum Fenster, zeigte auf ihren Mini und erklärte, dass ihm sein Auto gestohlen worden sei. Sein eigenes Auto. Und er habe nicht die geringste Lust, im Politigården anzurufen und einen Wagen anzufordern, denn dann müsse er schließlich erklären, was passiert sei.
»Und was ist daran so schlimm?«
»Ich müsste dann auch melden, dass meine Dienstwaffe geklaut wurde.«
Linnea starrte ihn verwundert an, konnte sich ein Lächeln aber nicht verkneifen.
»Manchmal benimmst du dich wie ein Kind. Hast du etwa vorgehabt, den Diebstahl deiner Pistole nicht zu melden und darauf zu hoffen, dass es niemand bemerkt?«
»Natürlich nicht, aber ich muss mir erst eine gute Erklärung einfallen lassen. Damit ich keine Probleme kriege.«
»Du bist doch wohl nicht der Erste, dem so etwas passiert.«
»Nein, aber ich glaube, dass sich die Sache in meinem Fall etwas anders verhält. Glaub mir, gewisse Kollegen warten nur auf die passende Gelegenheit, um einen provozierend jungen Kriminalkommissar wie mich vom Thron zu stürzen.«
Sie schenkte ihm ein schiefes Lächeln und sah sich im Wohnzimmer um. Sie hatte den Eindruck, dass dieser Ort nur deshalb so unpersönlich war, weil Anisa ihr Leben anderswo führte. Dies war ihr Zuhause, aber nichts band sie an diesen Ort.
»Was ist denn?«, fragte er irritiert.
Sie wandte sich wieder zu ihm um.
»Heute kommst du mir zum ersten Mal nicht wie ein unschuldiger kleiner Junge vor. Du kannst ja richtig manipulativ sein.«
»Wenn du wüsstest.«
Aber Thor lieferte ihr keine weiteren Erklärungen, sondern sagte nur, dass er sich wirklich gern ihr Auto leihen würde. Und weil er gleich
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