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Bewegungswissenschaft

Bewegungswissenschaft

Titel: Bewegungswissenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Wollny
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untersuchungspraktischen Vorteilen steht eine Vielzahl gravierender methodischer Nachteile gegenüber, welche die Brauchbarkeit querschnittlicher Daten erheblich einschränken. Nachteilig erweist sich, dass mit der Querschnittmethode keine intraindividuellen Entwicklungsverläufe, sondern nur Altersdifferenzen (Gruppenmittelwerte) zwischen verschiedenen Personenstichproben bewertet werden können. Des Weiteren entstammen querschnittlich analysierte Individuen verschiedenen Geburtenjahrgängen (Kohorten), die möglicherweise unterschiedlichen materialen und sozialkulturellen Einflussfaktoren ausgesetzt waren. Eine Konfundierung (Vermengung) von Alter und Kohorte kann daher nicht ausgeschlossen werden. Diese Gefahr erhöht sich desto mehr, je größer die Altersunterschiede zwischen den Testgruppen sind.
    Insgesamt eignet sich die Querschnittmethode eher für die Evaluation kurzfristiger Verhaltensveränderungen (Mode-, Musik-, Fitnesstrends, jugendliche Vorbilder usw.) als für langfristige kognitive und motorische Entwicklungsveränderungen (Wertewandel, Änderung politischer Überzeugungen, Trainingsinterventionen im konditionellen Bereich usw.). Obwohl valide Ergebnisse über altersbezogene Veränderungen menschlicher Verhaltensweisen nur mittels der Längsschnittmethode erzielt werden können, greifen über 90 % der entwicklungspsychologischen Untersuchungen auf die Querschnittmethode zurück (T RAUTNER , 1992).
    Die gemischte Längsschnittmethode (syn. Kohortenmethode) kombiniert die Vorteile der Längs- und Querschnittmethode, indem mehrere Personengruppen (Kohorten, K 1 bis K n ) in mehreren, aufeinander folgenden Altersstufen (A 1 bis A n ) jeweils über mehrere Erhebungszeitpunkte (Z 1 bis Z n ) untersucht werden. Hierdurch verkürzt sich einerseitsdie Zeitdauer der Entwicklungsstudie ohne Verkleinerung der interessierenden Altersspanne. Andererseits besteht die Möglichkeit, individuelle Entwicklungsverläufe über eine längere Zeitdauer zu verfolgen, auch wenn dies individuell nicht über die gesamte Lebensspanne möglich ist.
3 Wie sieht die motorische Entwicklung im Lebenslauf aus?
    Motorische Entwicklungsverläufe folgen dem Prinzip, dass sich die Motorik mit interindividueller Streubreite im Lebenslauf zunehmend ausdifferenziert, verfeinert und festigt. Im Vorschulkindalter steht zunächst die Ausformung der Alltagsbewegungen (Gehen, Laufen, Springen, Werfen usw.) und der einfachen Bewegungstechniken des Kinderballetts, des Gerätturnens, der Leichtathletik oder des Schwimmens im Vordergrund. Das Jugendalter kennzeichnet der massive Umbau der motorischen Basisfähigkeiten und der sporttypischen Fertigkeiten. Bei trainierten Jugendlichen empfiehlt P AUER (2001), von einer veränderten spezialisierten motorischen Ontogenese auszugehen, da das sportliche Training die allgemeinen Entwicklungsfaktoren überlagert. Das Erwachsenenalter prägen das Erreichen des fähigkeits- und fertigkeitsspezifischen Leistungshöhepunkts und der anschließende, mehr oder minder lange Erhalt der Alltagsmotorik, der Arbeitsmotorik und der sportmotorischen Leistungen. Ab der zweiten Lebenshälfte setzt der irreversible Rückgang der motorischen Leistungsfähigkeit ein.
    Wie verlaufen die Entwicklung der motorischen Basisfähigkeiten, der Alltagsmotorik, der Arbeitsmotorik und der sportmotorischen Fertigkeiten in der Lebensspanne? Für die Ausdauerfähigkeiten liegen zahlreiche querschnittliche Untersuchungsergebnisse vor. Dennoch gilt der wissenschaftliche Kenntnisstand auf Grund der Komplexität und der unterschiedlichen Betrachtungsweisen der Ausdauerfähigkeit – z. B. Grundlagenausdauer, spezielle, allgemeine und lokale Ausdauer, aerobe und anaerobe Ausdauer – als äußerst lückenhaft. Für die Kraftfähigkeiten (Kraftausdauer, Maximalkraft, Schnellkraft usw.), die Schnelligkeitsfähigkeiten (Fortbewegungsschnelligkeit, Aktionsschnelligkeit usw.) und die Beweglichkeitsfähigkeiten (allgemeine, spezielle, aktive, passive, dynamische, statische Beweglichkeit usw.) bestehen ebenfalls keine einheitlichen Entwicklungsverläufe. Gleiches trifft für die Ausformung der koordinativen Fähigkeiten, der Alltagsmotorik, der Arbeitsmotorik und der sporttypischen Fertigkeiten zu. Vorherrschend sind Praxiserfahrungen und Meinungen einzelner Sportler, Trainer und Entwicklungsforscher (R OTH , 1999).
    Die folgenden Unterkapitel wenden sich ausgewählten Problemstellungen der Entwicklungsforschung zu: Wie können motorische

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