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Bewegungswissenschaft

Bewegungswissenschaft

Titel: Bewegungswissenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Wollny
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Erhaltung der motorischen Leistungsfähigkeit
18./20. bis 30. Lebensjahr
Mittleres Erwachsenenalter
Allmähliche motorische Leistungsminderung
30. bis 45./50. Lebensjahr
Spätes Erwachsenenalter
Verstärkte motorische Leistungsminderung
45./50. bis 60./70. Lebensjahr
Späteres Erwachsenenalter
Ausgeprägte motorische Leistungsminderung
ab 60./70. Lebensjahr
    Interindividuelle Unterschiede in den Entwicklungsveränderungen von Gleichaltrigen bestehen hinsichtlich des Zeitpunkts des Eintretens, der Geschwindigkeit und des Ausgangsniveaus. Bereits im Säuglingsalter (4.-11. Lebensmonat) zeigen sich bemerkenswerte Abweichungen in der zeitlichen Ausbildung der Bewegungsgrundmuster wie Robben, Kriechen und Krabbeln ( vgl. Abb. 58 ). Spätestens ab dem Kindesalter verliert das kalendarische Alter an Erklärungswert, da die rasch wachsenden interindividuellen Variabilitäten nur Durchschnittsaussagen zulassen und in der Realität für den Einzelnen nur eine eingeschränkte Gültigkeit besitzen. Dies verstärkt sich um ein Vielfaches im höheren Lebensalter, indem die großen individuellen und geschlechtsspezifischen Abweichungen keine exakte Zuordnung der motorischen Leistungen zu bestimmten Abschnitten auf der Zeitachse ermöglichen. Hiervon besonders betroffen sind die sporttypischen Bewegungsfertigkeiten, die nicht alle Menschen erlernen und wenn, dann zu erheblich unterschiedlichen Zeitpunkten im Lebenslauf.
    Aus der Unzufriedenheit mit dem kalendarischen Alter als „erklärenden“ Entwicklungsfaktor der komplexen Wechselwirkungen zwischen biologischen, psychologischen und sozialkulturellen Variablen verwenden verschiedene Entwicklungsforscher ersatzweise andere Altersbezüge, ohne das Problem grundsätzlich zu lösen. In der entwicklungspsychologischen Literatur weit verbreitet sind das biologische Alter als Zustand des menschlichen Organismus, das psychologische Alter als Niveau des intellektuellen Entwicklungsstandes und des Ausdrucks altersabhängiger psychologischer Veränderungen, das soziale Alter als gesellschaftliche Altersnorm und das subjektive Alter als Einstellung des Individuums zum eigenen Lebensalter.
    Zusammenfassend verstärken chronologische Entwicklungsreihen fälschlicherweise überall dort den Eindruck einer festen Bindung von Veränderungen an das Lebensalter, wo Modifizierungen nicht unmittelbar an vorprogrammierte Reifungsprozesse gebunden sind und wo Verhaltensveränderungen bei fast allen Menschen in ähnlicher Weise verlaufen. Die Frage, inwieweit in einem bestimmten Lebensalter eine sportliche Bewegungstechnik erlernt werden kann, ist somit nicht richtig formuliert. Vielmehr muss gefragt werden: Welche persönlichen Voraussetzungen müssen für das erfolgreiche Bewegungslernen bestehen? Die Entwicklungsforschung wendet sich jedoch nicht prinzipiell gegen Zusammenhänge zwischen dem Lebensalter und bestimmten Entwicklungsfaktoren, da die kognitiven und motorischen Lern- und Leistungsvoraussetzungen durch das Zusammenwirken endogener und exogener Faktoren erworben werden. Somit sind die Entwicklungsveränderungen nicht völlig vom Alter losgelöst.
3.2 Wie verläuft die somatische Entwicklung?
    Die somatische (körperliche) Entwicklung bezeichnet die quantitativen und qualitativen Veränderungen des menschlichen Organismus im Lebenslauf. Untersucht werden die durchschnittlichen Entwicklungsverläufe des Zentralnervensystems, der anthropometrischen Körpermerkmale (Körpergröße, Körpermasse, Körperstamm, Extremitäten usw.), des aktiven und passiven Bewegungsapparats (Skelettmuskulatur, Knochengerüst), des Herz-Kreislauf-Systems, der inneren Organe und der physiologischen Funktionsprozesse. Den Entwicklungszeitraum des Heranwachsenden prägen die Ausgestaltung der äußeren Körperform und der inneren Organe als Produkt dominierender Wachstums- und Reifungsprozesse und geringer Umwelteinflüsse. Für das Erwachsenenalter sind zunächst der Erhalt und in späteren Lebensjahren der Abbau körperlicher Strukturen und Funktionen typisch.
    Einen bedeutsamen Entwicklungsprozess stellt die Ausgestaltung des Zentralnervensystems als direkte Voraussetzung für die Qualität der Bewegungskontrolle dar. Die bis zum 14. Lebensjahr zu beobachtende auffällige Differenzierung des Zentralnervensystems erfolgt nicht durch die Vermehrung der Nervenzellen, deren Anzahl bei der Geburt festgelegt ist, sondern durch die Neuverschaltung der Neurone (L OOSCH , 1999; vgl. Abb. 55 ). Neurologische Untersuchungen

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