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Bewegungswissenschaft

Bewegungswissenschaft

Titel: Bewegungswissenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Wollny
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Verknüpfung von Erregung und Kontraktion der Muskelfasern wird als e lektromechanische Kopplung definiert. Die Ausführungen zur Physiologie erregbarer Zellmembranen stellen lediglich eine knappe Zusammenfassung des derzeitigen Wissensstands dar. Weitere interessante Einzelheiten findet der Leser bei T HEWS ET AL . (1999) und S CHMIDT ET AL . (2005).
3 Welche elektrophysiologischen Messverfahren nutzt die Bewegungswissenschaft des Sports?
    Zur Analyse der zentralnervösen und peripheren Ursachen äußerer Bewegungsmerkmale (z. B. entwickelte Kraft) setzt die Bewegungswissenschaft die Elektromyografie (Kap. 3.1) und die Hoffmann-Reflex-Methode ein (Kap. 3.2).
3.1 Wie funktioniert die Elektromyografie?
    Mit der Methode der Elektromyografie (EMG) können die bioelektrischen Phänomene der Anspannung einzelner Muskeln oder Muskelfasern untersucht werden. Nach dem Membranmodell (vgl. Kap. 2) lösen Aktionspotenziale an der Membran der Muskelfaserzellen bioelektrische Spannungsänderungen aus, die sich entlang der Zellmembran und in die Muskelfaser ausbreiten. Die Registrierung und die Abbildung des an der Zellmembran entstehenden elektrischen Feldes erfolgt mittels spezieller elektromyografischer Messverfahren als so genanntes Elektromyogramm (EMG-Signal; vgl. Abb. 83 ). Das Hauptproblem der Elektromyografie besteht in der artefaktfreien Aufzeichnung der geringen, im µV-Bereich liegenden elektrischen Potenzialänderungen der Zellmembran (vgl. Kap. 3.1.2). Die Elektromyografie wird in Abhängigkeit von der jeweiligen Fachdisziplin nach der Nadel-, Dünndraht- und Oberflächenelektromyografie differenziert.

    Abb. 83: Elektromyogramme des Tischtennis-Rückhand-Schupfschlags einer Bundesligaspielerin [BA = Beschleunigungsaufnehmer; KS = Kontaktwestenschalter (flaches Rechteck: Bewegungsbeginn) und Mikrofonschalter (hohes Rechteck: Zeitpunkt „Schläger trifft Ball“); mod. nach W OLLNY , 2002, S. 147]
    Die Nadel- und die Dünndrahtelektromyografie dienen in der klinischen Neurologie der Diagnose, der Differenzierung und der Verlaufskontrolle nervaler oder muskulärer Krankheiten (neuromuskuläre Muskelatrophien, periphere Nervenschädigungen usw.). Spezielle Nadel- oder Dünndrahtelektroden erfassen das elektrische Potenzial einzelner motorischer Einheiten oder Muskelfasern. Bei den im Sport üblichen dynamischen Bewegungen kann die Nadel- und Dünndrahtelektromyografie auf Grund der Gefahr der starken Schmerzsensationen und des möglichen Abbrechens der Nadel- oder Dünndrahtelektroden nicht angewendet werden.
    Für bewegungswissenschaftliche Studien eignet sich die rückwirkungsfreie Oberflächenelektromyografie zur Registrierung der direkt unter der Hautoberfläche verlaufenden Muskelgruppen. Bringt man zwei Oberflächenmesselektroden über das elektrische Muskelfeld, kann ein sensibles Spannungsmessgerät die zwischen den beiden Ableitelektroden anliegende bioelektrische Muskelspannung abbilden ( vgl. Abb. 84 ). Im Gegensatz zum Elektrokardiogramm (EKG), das bei jeder Kontraktion des Herzmuskels ein einzelnes, deutlich abgrenzbares bioelektrisches Aktionspotenzial darstellt, führt beim Skelettmuskel die zeitgleiche Aktivierung einer Vielzahl verschiedener motorischer Einheiten zu einer additiven stochastischen Überlagerung mehrerer Aktionspotenziale, dem Oberflächenelektromyogramm ( vgl. Abb. 83 ).
3.1.1 Welche Gegenstandsfelder betrachtet die Oberflächenelektromyografie?
    Die Anwendungsbereiche der Oberflächenelektromyografie sind in der Bewegungswissenschaft des Sports ausgesprochen vielfältig. Im Einzelnen zählen hierzu:
die Beteiligung bestimmter Skelettmuskeln an der Bewegungsausführung,
die inter- und intramuskuläre Koordination der Skelettmuskeln,
die Quantifizierung der myoelektrischen Aktivität,
die agonistisch-antagonistische Muskelarbeit bei der Körperhaltung, der Fixierung der Körperextremitäten und der Bewegung,
die neuromuskulären Reaktionen auf motorische Lern- und Trainingsinterventionen,
die neuromuskulären Belastungs-, Beanspruchungs- und Ermüdungsphänomene,
die Evaluation motorischer Lern- und Koordinationstheorien,
die Diagnose neuromuskulärer Dysfunktionen und
das Biofeedback (Wiedererlernen von Bewegungen, Aufbautraining, Kontrolle der Körperhaltung usw.).
3.1.2 Wie werden Elektromyogramme analysiert?
    Die Sicherung der Funktionsgüte der Oberflächenelektromyografie verlangt hinsichtlich der artefaktfreien Ableitung der sehr geringen bioelektrischen Muskelströme die

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