Bewegungswissenschaft
Fertigkeiten von starren oder elastischen Widerlagern, die eine hohe Endgeschwindigkeit erfordern wie die Beuge- und Streckbewegungen mit direkter Bewegungsumkehr (Hockstrecksprung mit Ausholbewegung, Auftaktbewegungen usw.). Durch das Abbremsen der kurzen Beugebewegung (Gegenbewegung) entsteht zum Zeitpunkt der Bewegungsumkehr des Körperschwerpunkts eine positive Anfangskraft, die den Kraftstoß (Impuls) vergrößert. Voraussetzung hierfür ist die optimale Gestaltung des Verhältnisses von Brems- und Beschleunigungsstoß.
Beim vertikalen Hockstrecksprung mit und ohne einleitende Ausholbewegung der oberen Extremitäten – Counter Movement Jump und Squat Jump – wirkt im Stand ( t 0 ) und kurz vor dem Verlassen der Kraftmessplatte ( t 3 ) nur das Körpergewicht des Sportlers auf die Kraftmessplatte. Abbildung 88 kennzeichnet dies durch die Gewichtskraftlinie F G .
Abb. 88: Kraft-Zeit-Verlauf beim Squat Jump (gestrichelte Linie) und Counter Movement Jump (durchgehende Linie; mod. nach W ILLIMCZIK , 1999, S. 57).
Beim Squat Jump lässt der Absprung von der Kraftmessplatte die Kraftkurve mit dem Anheben des Körperschwerpunkts zunächst ansteigen (gestrichelte Linie; Zeitpunkt t 2 = t a ) . Die Fläche 4 unter der Kraft-Zeit-Kurve beschreibt die Kraftwirkung (Kraftimpuls). Der Counter Movement Jump (durchgehende Linie) bewirkt demgegenüber zu Bewegungsbeginn ( t 0 bis t 1 ) durch das schnelle Absenken des Körperschwerpunkts zunächst eine Entlastung der Kraftmessplatte (Fläche 1, negativer Kraftstoß). Dies bedingt ein Absinken der Kraftkurve. Der Zeitpunkt t 1 markiert das Abbremsen der Beugebewegung (Bremskraftstoß) und die Kraftwirkung (Fläche 2). Bei der Bewegungsumkehr des Körperschwerpunkts – der tiefsten Position des Körperschwerpunkts ( t 2 = t a ; Beginn der eigentlichen Sprungbewegung) – wirkt eine erhöhte Anfangskraft (Fläche 3), die zu einem Kraftgewinn führt.
Unter muskulären Gesichtspunkten dient die Abwärtsbewegung beim Counter Movement Jump der Vordehnung der Streckmuskulatur der Beine. Die hierdurch erzeugte Energie wird in den elastischen Anteilen der Beinmuskulatur gespeichert und zusätzlich zur vertikalen Beschleunigung des Körpers genutzt (z. B. Dehnungsverkürzungszyklus). Die Kraftwirkungen der gleich großen Fläche 1 (Entlastung bei der Abwärtsbewegung) und Fläche 2 (Abbremsung der Abwärtsbewegung) heben sich hierbei auf. Auf Grund der kürzeren Bewegungszeit des Counter Movement Jumps gegenüber dem Squat Jump geht ein Teil des Kraftgewinns verloren (Fläche 3 minus Fläche 5). Insgesamt führt der flächenmäßige Nettoimpulszuwachs zu einer größeren Sprunghöhe.
Der Dehnungsverkürzungszyklus (stretch shorting cycle) bezeichnet die besondere Arbeitsweise des neuromuskulären Systems, bei dem der Skelettmuskel zunächst entgegen seiner Arbeitsrichtung gedehnt (exzentrisch) und anschließend direkt verkürzt wird (konzentrisch). Eine ausführliche Beschreibung der physiologischen Grundlagen und der Wirkungsweise des Dehnungsverkürzungszyklus geben S CHMIDTBLEICHER (1985, 1994) und G OLLHOFER (1987).
Das optimale Kappa-Verhältnis des Quotienten aus Bremskraftstoß und Beschleunigungskraftstoß (κ) liegt für den beidbeinigen vertikalen Strecksprung mit Ausholbewegung (Skispringen, Volleyball-Blocksprung usw.), unabhängig vom Leistungsniveau, zwischen 0.3-0.4 κ (W ILLIMCZIK , 1999, S. 59). Ein übertriebenes, zu kräftiges „In-die-Knie-Gehen“ wirkt sich negativ auf die Sprunghöhe aus, da die maximale Kraftwirkung während des Bremskraftstoßes erzielt wird ( vgl. Abb. 89 , Fläche F 1 ).
Abb. 89: Kraft-Zeit-Verlauf beim Strecksprung mit übertriebener Ausholbewegung (Beschreibung siehe Text; mod. nach H OCHMUTH , 1982, S. 166)
Im anschließenden Beschleunigungsstoß (Fläche F 2 ) nehmen die Werte der Kraft stark ab. Die Kraftkurve erreicht bereits deutlich vor der vollen Körperstreckung die Nulllinie (vgl. schwarze Figur). Bei Bewegungen von elastischen Widerlagern (Reuterbrett, Minitrampolin, Sprungbrett usw.) fordert H OCHMUTH einen maximalen Bremskraftstoß, um die durch die Verformung des elastischen Widerlagers entstehende Energie für den Beschleunigungsvorgang nutzen zu können (O LIVIER & R OCKMANN , 2003).
4. Prinzip der zeitlichen Koordination von Teilimpulsen
Das Prinzip der zeitlichen Koordination von Teilimpulsen bezieht H OCHMUTH (1982) auf Bewegungsformen von starren Widerlagern. Eine Erhöhung der Endgeschwindigkeit erreicht der
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