Bezaubernde Spionin
Intelligenz, seiner rücksichtslosen Gerissenheit und trotz aller Überheblichkeit ausgezeichneten Selbsteinschätzung, die sein Verhalten leiteten. Er war klug genug, nicht zu begehren, was er nicht bekommen konnte. Was allerdings zumeist auch kaum wert war, begehrt zu werden, dachte er spöttisch. Für gewöhnlich jedenfalls bekam Cunningham alles, was er begehrte.
Sein Blick glitt von den dunklen, unergründlichen Augen der Frau über ihre langes, schwarzes, lockiges Haar zu ihrem schlanken, sehnigen Hals, an dem eine Ader sacht pochte. Fast gegen seinen Willen rutschte er tiefer, zu ihrem üppigen Dekolleté. Lady Harrington hatte bis auf ein Paar kostbare Diamantohrringe, ein Geschenk des Herzogs von Bedford, wie man munkelte, gänzlich auf Schmuck verzichtet. Was ihrer Wirkung keinerlei Abbruch tat, im Gegenteil. Ihr voller, wogender Busen wurde von dem dezenten Ausschnitt ihres Kleides aus mit Spitze gesäumter schwarzer Seide mehr als schicklich bedeckt, und dennoch: Es würde ihr zweifellos gelingen, die Aufmerksamkeit jedes Mannes auf ihre unübersehbaren körperlichen Vorzüge zu lenken, gerade weil sie sich so zurückhaltend schmückte.
Lord Peter musste zugeben, dass das Fehlen jeglichen Halsschmucks die perfekten Brüste von Lady Harrington nur umso deutlicher betonte. Sowie auch der ausgezeichnete französische Schnitt dieses strengen, schwarzes Kleides weit auffälliger war, als jeder farbenprächtige Stoff es hätte bewerkstelligen können. Als sie jetzt aufstand, raschelte die mit Spitze besetzte Seide und fiel vom Mieder abwärts in weichen Wellen zu Boden. Man brauchte nicht viel Fantasie, um sich die weichen, perfekt geschwungenen Hüften unter diesem Mieder vorzustellen, und die langen Beine, um die sich der Stoff beim Schreiten gelegentlich, wie unabsichtlich, schmiegte, als wollte er betonen, wie wohlgeformt sie waren.
Wahrlich, man konnte dieser Lady kaum vorwerfen, dass sie nicht sittsam und schicklich gekleidet wäre, und dennoch vermochte sie damit eine Wirkung zu erzeugen, welche die lüsternsten Fantasien in Männern hervorrief.
Lord Peter knirschte fast mit den Zähnen, als er sich eingestand, dass es auch ihm nicht anders ging. Lady Georgina Harrington war ein Teufelsweib, das man bändigen, zähmen, reiten wollte, zur Not mit Einsatz der Gerte, denn hinter ihrer Sittsamkeit und Wohlanständigkeit verbarg sich, gerade so gut verhüllt, dass man es ahnen, aber nicht hätte bezeichnen können, ein Vulkan aus Lust und Verlangen, aus verbotenen Wünschen, die sie zwar geschickt zu wecken verstand, die sie jedoch niemals einlöste, jedenfalls soweit Lord Peter Cunningham wusste. Und Letzteres vermied sie mit so viel Charme, Esprit und Geschicklichkeit, dass die fraglichen Männer – und auch Frauen, wie er gehört hatte, ihr deshalb nicht einmal grollten.
Lord Peter spürte, wie sich eine beißende Hitze in seinen Lenden ausbreitete, und er schluckte erneut. Lady Georgina Harrington war jedenfalls etwas, was er zweifellos begehrte. Und sie war jene berühmte Ausnahme von der Regel, denn obwohl er keinen Hehl daraus gemacht hätte, dass er sie wollte, hatte sie ihn stets abblitzen lassen, und das zudem mit einem leichten, beinahe beiläufigen Spott, der nahezu an Verachtung grenzte.
Lord Peter Cunningham war kein Mann, der es auf die leichte Schulter nahm, wenn man ihn verspottete, und er war jemand, den herablassend zu behandeln für gewöhnlich äußerst unangenehme Konsequenzen für den unvorsichtigen Höfling zu haben pflegte.
Bei Georgina Harrington verhielt es sich allerdings ein wenig anders. Nicht nur, dass er dieser Lady ihr Verhalten nicht verübelte, er genoss ihren Spott sogar auf eine gewisse, wenn auch recht verdrehte Art und Weise. Lord Peter konnte nicht leugnen, dass dieses Spiel aus Verführung und Unnahbarkeit, das sie so vollendet beherrschte, ihn mehr erregte als die im Vergleich dazu eher langweiligen und leicht durchschaubaren Avancen, die ihm die Damen am englischen Hof zu machen pflegten. Damit erreichte sie auch, was sie unzweifelhaft beabsichtigte: Er begehrte sie. Maßlos.
Um sie am Ende jedoch zu bekommen, was sich Lord Peter als Ziel fest vorgenommen hatte, würde sein übliches direktes Vorgehen gewiss nicht das gewünschte Resultat bringen. Und es wäre zudem auch sehr gefährlich. Nicht nur, weil sie eine selbstbewusste, unberechenbare Frau war. Mit solchen Frauen hatte Peter Cunningham durchaus Erfahrung. Für gewöhnlich sehnten sich solche Frauen
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