Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bezaubernde Spionin

Bezaubernde Spionin

Titel: Bezaubernde Spionin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo MacDoherty
Vom Netzwerk:
behüte, Nanette!«, erwiderte sie. »Was würde der englische König wohl von einem solchen Attentat auf seinen Gesandten halten?« Doch insgeheim genoss sie die Bewunderung der Hofdame. Und hoffte, dass ihre Wirkung tatsächlich so umwerfend war, wie Nanettes Verhalten anzudeuten schien. Allerdings, sie wagte kaum, es sich einzugestehen, hoffte sie, dass, wenn schon jemand bei ihrem Anblick der Schlag träfe, es weniger der englische Gesandte wäre, sondern stattdessen ein ganz bestimmter junger, blauäugiger, blonder Schotte. Er hätte es verdient. Ganz bestimmt.

[home]
    3. KAPITEL
    N un, meine Liebe, bereit für Euren großen Auftritt?«
    Georgina, Lady Harrington, musterte sich im Spiegel und war höchst zufrieden mit dem, was sie dort sah. Eine wunderschöne Frau, die Vertraute des Vetters des Königs, Richard von York, Vertraute von John, Herzog von Bedford, siegreicher Feldherr, Regent Englands und Intrigant ohnegleichen, dazu Liebhaber schöner Frauen … Pah! Georgette verzog spöttisch die Lippen, als sie daran dachte, dass John allein mit dem Stehvermögen und den Finessen, die er im Boudoir zeigte, die Schotten in Frankreich gewiss nicht erfolgreich hätte niederringen können. Sie riss ihren Blick von dem makellosen Anblick der Frau im Spiegel los und sah den Mann an, der sich neben ihr aufgebaut hatte. Er betrachtete sie forschend, die Hände herausfordernd auf die Hüften gestemmt.
    »Wie Ihr sicherlich wisst, Lord Cunningham«, erwiderte sie mit kühler, leidenschaftsloser Freundlichkeit, »bin ich immer bereit für einen großen Auftritt. Selbst auf einer kleinen Bühne.« Sie lächelte den englischen Gesandten an. Ihr Lächeln war hinreißend, verführerisch und so kalt wie ein schottischer Gebirgsbach. »Allerdings bin ich nicht Eure … Liebe. Ich hoffe, dass Ihr Euch nur im Ton vergriffen habt. Herablassung steht Euch nicht, aber sie dürfte einem Gesandten des englischen Königs immer noch besser bekommen als irgendwelche Illusionen, denen er sich hingibt.«
    Peter Cunningham zuckte unwillkürlich zusammen, als er seinen Blick von den roten, wundervollen Lippen der Frau vor sich losriss und in ihre Augen blickte. Sie waren so dunkel, dass sie fast schwarz wirkten, schimmerten wie edle Opale und schienen förmlich zu glühen. Er schluckte und verneigte sich kurz vor ihr. Dann richtete er seinen Blick in den Spiegel. Irgendwie schien es ihm sicherer, diese Frau nur indirekt zu betrachten, als sich ihrem Blick unmittelbar auszusetzen.
    Ein Gefühl, das ihm ganz und gar missfiel. Lord Peter Cunningham, der Gesandte des englischen Königs am schottischen Hof, dem Hof, den diese Frau vor ihm so bissig und herablassend als »kleine Bühne« bezeichnet hatte, war klein von Statur, stämmig und trotz seiner erst zweiunddreißig Jahre bereits fast gänzlich kahl. Unter dem kahlen Schädel wölbte sich eine hohe, ständig mürrisch gefurchte Stirn, die lange, geschwungene Nase war ein wenig schief, ein Andenken von einer Auseinandersetzung mit einem englischen Höfling, der einst über die Größe Englands und den Mangel an Größe seiner Gesandten zu spotten gewagt hatte. Der Mann lebte jetzt auf seinem Familiensitz in Gloucester, falls man eine Existenz in einem knarrenden, quietschenden, mit Rädern versehenen Stuhl leben nennen konnte.
    Diese charakteristische Nase und die lange Narbe, die von seinem Auge bis zu seinem Kinn verlief, die Erinnerung an einen französischen Schwerthieb aus der Schlacht von Vernuil, verliehen Cunningham ein wildes, raubeiniges Aussehen. Das von den vollen, zumeist spöttisch verzogenen Lippen ein wenig gemildert wurde. Doch wer in die schwarzen Augen dieses Mannes blickte, wusste, dass nichts an Peter von Cunningham mild war.
    Trotz oder gerade wegen seines verruchten Aussehens konnte sich Lord Peter, wie ihn seine engsten Vertrauten nennen durften, nicht über den Mangel an weiblicher Gesellschaft beklagen. Frauen waren ihm auch lieber als männliche Freunde, wie er stets bekundete, denn bei ihnen liefe man seinen Worten nach nicht Gefahr, hinterrücks niedergestochen zu werden, weil man etwa den Fehler gemacht hätte, ihnen zu vertrauen.
    Oh nein, Lord Peter Cunningham vertraute nichts und niemandem; diesen Luxus konnte er sich nicht leisten. Aber er wurde, was seinen Geschmack anging, mehr als reichhaltig dafür entlohnt. Er nahm sich, was und wen er wollte, und sowohl sein gesellschaftlicher Erfolg als auch der bei Frauen beruhte nicht zuletzt auf seiner scharfen

Weitere Kostenlose Bücher