Beziehungsglueck
Unabhängigkeit. Beide Partner resignieren und beginnen, sich mit dem nötigen Abstand auf entgegengesetzten Positionen einzurichten. Der eine wird jetzt möglichst cool und unabhängig, und der andere will ständig mehr Nähe und klammert.
Aber auch hier Vorsicht mit vorschnellen Urteilen: Wenn Sie derjenige sind, der klammert, sind Sie nicht einfach nur der Arme. Auf eine gewisse Weise rangeln auch Sie um eine gute Position. Äußerlich sieht es zwar so aus, als ob Sie immer nur das Beste wollen und alles zusammenhalten. Sie können immer sagen: Schau! Ich bin der Gute von uns, der sich so sehr um die Beziehung bemüht.
Aber in Wahrheit sind Sie genauso frustriert und enttäuscht wie der coole Cowboy. Der natürlich gar nicht so unabhängig und cool ist, wie es scheint. Er sitzt in unerreichbarer Ferne – und zwar aus Angst, weiter verletzt zu werden. Die meisten Cowboys sind empfindliche Seelchen. Und die bemühten und aufopfernden Klammeraffen sind unterschwellig oft voller Ablehnung und Urteile und nicht bereit, konsequent für Ihre Gefühle einzustehen. Sie halten mit aller Kraft daran fest, dass der andere die Quelle ihrer Befriedigung sein muss: Wenn er nur käme … Wenn er sich nur um mich kümmern würde … Wenn er nur Zeit hätte …
Von welcher Seite man es auch anschaut – das zähe, oft nur leise, manchmal endlos lange Spiel von Abhängigkeit und Unabhängigkeit kann keiner gewinnen. Beide Partner leben mit latenter Eifersucht und Misstrauen und fühlen sich wie aneinandergekettet. Es herrscht ein Gefühl von: Es geht nicht mit, aber auch nicht ohne.
»Liebe dich selbst« ganz praktisch
Als Erstes müssen Sie in dieser Phase verstehen lernen, worum es hier geht: Nämlich dass im Gerangel um Abhängigkeit und Freiheit einer immer die Verletzungen von beiden zeigt. Beim einen sind sie verdeckt, während der andere sie auslebt.
Dazu gibt es eine sehr konkrete und wirksame Übung: Wenn Sie der Abhängige sind, dann fragen Sie sich: Wie stark ist meine unterschwellige Eifersucht und Unsicherheit? Und jetzt stellen Sie sich vor, dass beides doppelt so stark bei Ihrem Partner ist. Unvorstellbar? Ist aber so. Spüren Sie dem mal tiefer nach, Sie werden es herausfinden.
Zweiter Schritt in dieser Übung: Gestehen Sie sich ein, dass Sie schon lange keine Lust mehr darauf haben, immer um Nähe zu bitten und fürs Gefühlsleben zu sorgen. Gestehen Sie sich ein, dass Sie wütend sind.
Und dass Sie es unendlich leid sind, um die Liebe zu betteln. Dass Sie massive Urteile gegen Ihren Partner haben, vielleicht sogar ständig bei Ihren Freunden über ihn meckern. Und dass Sie eigentlich nur ohnmächtig aushalten.
Sie ahnen schon, in welche Richtung Ihre Reise jetzt gehen muss: Seien Sie nicht länger Sklave Ihrer Angst. Stehen Sie endlich auf und folgen Sie Ihren unterschwelligen Gefühlen. Sie brauchen mehr eigenen Raum. Sie brauchen den Abstand äußerlich, den Sie auch innerlich haben – was Ihnen bislang nur nicht bewusst war.
Wenn Sie dabei wirklich konsequent sind, wird jetzt in Ihrer Beziehung endlich etwas sichtbar. Wenn Sie Ihren echten Platz einnehmen, sehen Sie, dass Ihr Klammern lange etwas verdeckt hat. Dass in der Mitte Ihrer Partnerschaft die ganze Zeit schon ein Platz unbesetzt war: nämlich der einer echten verletzlichen und wahrhaftigen Begegnung.
Der wichtigste Satz einer Annäherung lautet für Sie beide jetzt: Ich weiß eigentlich gar nicht, wie es geht. Vielleicht können wir es ja zusammen herausfinden?
Phasen einer Beziehung IV: Eiszeit
B
isher sind wir mit unseren Phasen von Beziehungen aus dem romantischen Rausch der Verliebtheit direkt in den Machtkampf marschiert und von da aus in den zähen Sumpf von Abhängigkeit und Unabhängigkeit. Wenn Sie sich bis jetzt noch nicht getrennt haben, aber auch noch nicht die tiefere Dynamik verstanden und zur Umwandlung Ihrer Beziehung genutzt haben, dann bleibt nur noch eines: innere Einsamkeit.
Irgendwann erwischen Sie sich bei Gedanken wie: Soll das wirklich alles gewesen sein? Eigentlich sind wir doch nur noch zusammen aus Gewohnheit … wegen der Kinder … des Hauses … Unser Beziehungsleben ist nur noch Routine. In dieser Phase gibt es gemeinsame offizielle Anlässe, getrennte Schlafzimmer, Parallelleben und vorgespielte Orgasmen. Wenn eine Beziehung in solch einer Eiszeit lebt, dann ist das immer das Ergebnis von innerem, emotionalem Rückzug. Irgendwann in unserem Leben oder im Laufe der Beziehung hat uns etwas wehgetan, aber
Weitere Kostenlose Bücher